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Trainingshandbuch Recherche : Informationsbeschaffung

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Die Affäre Telekom<br />

109<br />

Vorrecherche<br />

Im Februar 2001 wertete die Telekom ihr Immobilienvermögen um rund zwei<br />

Milliarden Euro ab. Diese Tatsache wurde durch Presseagenturen und Zeitungen<br />

verbreitet und weckte auch meine Neugier, zumal sich der Börsenkurs der T-<br />

Aktie zu dieser Zeit schon im Sinkflug befand.<br />

In der Report Mainz-Redaktion dachten wir zunächst an ein Filmporträt des<br />

Krisenmanagers Ron Sommer. Zur Vorbereitung dieser Idee traf ich mich einige<br />

Tage später in Bonn mit einem Telekom-Pressesprecher. Wir sprachen auch über<br />

die Immobilien. Er versuchte mir die Abwertung in der Bilanz zu erklären, es<br />

blieb aber beim Versuch.<br />

Nach dem Gespräch hatte ich viel mehr Fragen als vorher. Denn es war schon<br />

seltsam, was sich in der Neujahrsnacht 1995 in der Bilanz der neu gegründeten<br />

Telekom AG ereignete. Die wundersame Geldvermehrung um fast 13 Milliarden<br />

Mark. In einer Sekunde, Schlag 0 Uhr, stieg das Immobilienvermögen von 22,9<br />

Milliarden auf sage und schreibe 35,7 Milliarden Mark an. Warum? Diese Frage<br />

war die Initialzündung für die <strong>Recherche</strong>.<br />

Es begann wie immer: Archivmaterial lesen, Zeitungsveröffentlichungen,<br />

Agenturen, jede Zeile, die man bekommen kann. Es ging darum, sich sachkundig<br />

zu machen. Nur gut informiert kann der <strong>Recherche</strong>ur mit Experten auf derselben<br />

Augenhöhe diskutieren, nur dann können die richtigen Fragen gestellt werden,<br />

nur dann kommen interessante Interviews zustande.<br />

Der nächste Schritt aber war langwierig und schwierig: Wie bekommt man<br />

Insiderinformationen aus einem Konzern, in dem man niemanden kennt?<br />

Zunächst diskutierte ich mit mir bekannten Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern<br />

und Börsenexperten. Die Gespräche brachten einen Hinweis auf eine erste wichtige<br />

Person in dieser Geschichte. Aktionärsschützer Ekkehard Wenger von der<br />

Universität Würzburg hatte Strafanzeige gegen die Verantwortlichen der Immobilienaffäre<br />

gestellt. Wenger hat sich einen Namen gemacht, als ihm der damalige<br />

Daimler-Benz-Aufsichtsratschef Hilmar Kopper wegen seiner kritischen Haltung<br />

1993 zunächst das Mikrofon abstellen und ihn, als das noch nicht reichte,<br />

von Ordnern aus der Hauptversammlung tragen ließ. Wir wollten Wenger als<br />

Gesprächspartner gewinnen.<br />

Die Interessenlagen waren klar. Wenger wollte wegen seiner Strafanzeige<br />

weitere Details zur Telekom-Immobilienaffäre erfahren. Wir suchten einen Fachmann,<br />

der für uns schwierige Details mit professoralem Sachverstand beurteilen<br />

konnte. Unsere <strong>Recherche</strong> begann mit den drei Dokumenten, auf die Wenger<br />

seine Strafanzeige aufbaute. Zugespielt wurden sie uns aber aus einer anderen<br />

Quelle.

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