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Trainingshandbuch Recherche : Informationsbeschaffung

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Interview: Mehr <strong>Recherche</strong>-Kultur im Journalismus<br />

weil das anstrengend und unbequem ist. <strong>Recherche</strong>-Kultur muss erst wieder neu<br />

erfunden werden.<br />

Haben die Redakteure und Journalisten das Recherchieren verlernt?<br />

Der Nachwuchs, den die Boomjahre in den Journalismus spülten, fand es einfach<br />

nur sexy, Journalist zu sein. Es gibt zu viele, die sich gerne selbst sehen und sich<br />

nicht verpflichtet fühlen, eine Dienstleistung für die Gesellschaft zu erbringen.<br />

Jetzt ist der Boom zu Ende und nun wird neu sortiert.<br />

Aber wir sehen auch die Veränderungen in etablierten Magazinen. Journalismus<br />

entwickelt sich weg von kritischem Journalismus hin zu Abbildungen des<br />

Oberflächenreizes und zu suggestiven Hypes.<br />

Es gibt aber erste Zeichen für einen turn-around. Wir haben herausgefunden,<br />

dass vor allem leitende Mitarbeiter, die Stücke abnehmen, die Themen einkaufen<br />

und Aufträge erteilen, wieder das Recherchieren lernen sollten. <strong>Recherche</strong> ist in<br />

Deutschland nicht nur ein Basis, – sondern auch ein Führungsproblem.<br />

Inwiefern sind die von Ihnen kritisierten Missstände ein hausgemachtes Ausbildungsproblem?<br />

Traurig, aber wahr ist: Wie selbstverständlich gehen Medienunternehmen davon<br />

aus, dass Journalisten recherchieren können. Die Älteren glauben, sie können<br />

recherchieren, die Jüngeren fangen bei Null an. Es gibt keine systematische<br />

<strong>Recherche</strong>-Ausbildung, keinen einzigen Sender, keine einzige Redaktion, die<br />

training on the job macht. Volontariate im öffentlich-rechtlichen Rundfunk bieten<br />

oft keinen einzigen <strong>Recherche</strong>kurs.<br />

Kein Licht am Horizont?<br />

Gut, der Holtzbrinck-Verlag hat u.a. für die Saarbrücker Zeitung <strong>Recherche</strong>-<br />

Kurse veranstaltet. Außerdem wurden bei einigen Regionalzeitungen Chefreporter<br />

eingestellt, die das Privileg haben, länger an einem Thema zu arbeiten.<br />

In den USA sind die <strong>Recherche</strong>-Journalisten die Helden und arbeiten im Teams.<br />

Wie ist das bei uns?<br />

Vieles, was über den fantastischen <strong>Recherche</strong>-Journalismus in den USA gesagt<br />

wird, stimmt nicht. Für Deutschland gilt: Wenn Sie länger an einem Thema<br />

arbeiten, unterscheiden Sie sich allein schon in ihrer Arbeitsweise. Sie müssen<br />

Ihr Thema exklusiv unter Verschluss halten. Sie stehen unter einem gewissen<br />

Individualisierungsdruck. Eigentlich hätten die alten Haudegen den informellen<br />

Auftrag, den Jungen das Geschäft zu zeigen. Aber der Jugendkult in den Medien<br />

vertreibt jede Motivation in dieser Richtung.<br />

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