Trainingshandbuch Recherche : Informationsbeschaffung
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Die Affäre Telekom<br />
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ten, beteiligt war. Im Ergebnis lieferte das Papier Indizien für eine Überbewertung<br />
des Immobilienvermögens und damit äußerst peinliche Zahlen für den<br />
Telekom-Vorstand. Im Klartext heißt das: Der Wert, den die Telekom bei einem<br />
Verkauf der Immobilien hätte erzielen können, lag weit unter dem Wert, der in<br />
den Büchern stand.<br />
Der damalige Finanzvorstand Joachim Kröske soll nach Bekanntwerden des<br />
Gutachtens wütend geworden sein, so unser Informant. Kröskes Zorn habe sich<br />
gegen den damaligen Chef der Telekom Tochter DeTe-Immobilien Frerich Görts<br />
gerichtet, der dieses Gutachten in Auftrag gegeben habe. Das Verhältnis dieser<br />
beiden Manager sei seit längerem zerrüttet. Görts, der für das Immobilienvermögen<br />
zuständig war, sollte, so der Insider, große Teile der Telekom-Liegenschaften<br />
verkaufen. Doch das Meiste konnte er nicht an den Mann bringen, weil es<br />
überbewertet gewesen sei. Deshalb habe Görts das Gutachten in Auftrag gegeben.<br />
Der Informant benannte weitere Schlüsselfiguren in der Immobilienaffäre.<br />
Einige davon trafen wir in den kommenden Tagen zu Hintergrundgesprächen.<br />
In diesem Zusammenhang möchte ich eines dieser Treffen schildern. Es soll<br />
die Angst einiger Insider illustrieren, die abhängig von der Telekom waren.<br />
Treffpunkt war ein Hotel in Nordrhein-Westfalen. Der Informant war übervorsichtig.<br />
Wir unterhielten uns nur im Flüsterton und mit vielen Abkürzungen. So<br />
bekam das Gespräch schnell absurde Züge. Wenn wir über Ron Sommer sprachen,<br />
durfte nur ein leises „Herr S.“ geflüstert werden, Kröske war „Herr K.“ und<br />
Görts „Herr G.“.<br />
Nach zahlreichen Hintergrundgesprächen wurde schnell klar – jeder weiß<br />
etwas, aber niemand weiß alles. Wir haben alle Informationen wie ein Puzzle<br />
zusammengesetzt, die Interessenlagen geprüft und genauestens analysiert. Die<br />
potenziellen Informanten mussten wir im Gegenzug von unserer Seriosität und<br />
Glaubwürdigkeit überzeugen. Auch das Thema Informantenschutz wurde häufig<br />
kontrovers diskutiert. Jeder Gesprächspartner hätte mit erheblichen Repressionen<br />
rechnen müssen, wenn er aufgeflogen wäre.<br />
Genauer darf und will ich diesen <strong>Recherche</strong>-Weg nicht beschreiben, die Informanten<br />
haben mich darum gebeten. So aber kamen wir an weitere brisante Dokumente,<br />
die den Verdacht der Überbewertung erhärteten. Sie belasten die Verantwortlichen<br />
schwer. Die Staatsanwaltschaft ermittelt bis heute. Wir hatten jetzt<br />
genügend Materialen für eine Report-Story gesammelt. Auch die sogenannte Belegsicherung<br />
war erfolgreich. Wir ließen all unsere Dokumente von mindestens<br />
zwei unabhängigen Quellen bestätigen, zum Teil hatten wir sogar drei.<br />
Es ging jetzt vordringlich darum, mit der Schlüsselfigur, Frerich Görts, Kontakt<br />
aufzunehmen. Ein Informant stellte uns den Kontakt her. Görts war ehemaliger<br />
Staatssekretär im Bundespostministerium, Telekom-Vorstandsmitglied und