Trainingshandbuch Recherche : Informationsbeschaffung
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Interview: Mehr <strong>Recherche</strong>-Kultur im Journalismus<br />
wird statt als Straftäter als Promi-Figur gesehen und gesendet. Über Dieter Bohlen<br />
laufen während der Buchmesse jede Menge Filme in etablierten Kulturmagazinen.<br />
Wer kritische Geschichten bringt, der landet um 23.30 Uhr auf der Feature-Leiste,<br />
wenn die Leute schlafen. Der Sieg des Seichten auf allen Wellen ist<br />
nicht zu übersehen.<br />
In dem amerikanischen TV-Magazin „60 Minutes“ werden investigative Geschichten<br />
gebracht, die jedes Mal ein Quotenschlager sind. Wollen deutsche<br />
Zuschauer, Leser und Zuhörer keine Enthüllungen?<br />
In den USA wird jeder miserable Mord zur Sensation hoch gepuscht. Es gibt<br />
auch viel nervöse Berichterstattung wie etwa Hass-Radios. USA ist kein Vorbild.<br />
Die USA hat nur einzelne Segmente, die vorbildlich sind. Wir leben in einer<br />
Gesellschaft, die hoch zerklüftet ist. Nicht alle werden ausreichend mit Qualität<br />
bedient. Ich glaube, dass sich Qualität am Ende durchsetzt. Qualität kommt von<br />
Qual und Qual hat etwas mit <strong>Recherche</strong> zu tun.<br />
Welche Segmente in Amerika sind gut und welche schlecht?<br />
Bis auf die Qualitätszeitungen sind die amerikanischen Regionalzeitungen genauso<br />
spießig wie unsere Regionalzeitungen. Da gibt es zwar hier und da schon<br />
mal <strong>Recherche</strong>-Blüten, aber das ist konventioneller Journalismus. Es gibt dann,<br />
wie bei uns auch, sehr gute Magazine oder Zeitschriften, wie die New York Times.<br />
Fernsehen und Hörfunk sind informativ oft vermüllt. Elektronische Medien emotionalisieren<br />
enorm. Stark um sich greift in den USA die Personalisierung. Schauen<br />
Sie an, wie der unabhängige US-Journalismus patriotisch für die Irak-Bombardierung<br />
eingenommen worden ist. Es gab in dem Sinne keine kritische oppositionelle<br />
Berichterstattung, mit wichtigen Gegeninformationen zur militärischen<br />
Logik der Bush-Administration. Seitdem ich einige Journalisten-Kongresse in<br />
USA erlebt habe, bin ich skeptisch geworden. Die Kollegen kochen auch nur mit<br />
Wasser.<br />
Es wird oft beklagt, dass <strong>Recherche</strong>-Journalismus zu teuer ist.<br />
Wir geben Geld für so viel Unsinn aus. Wer Content produzieren will, muss eben<br />
investieren, in Reisekosten und <strong>Recherche</strong>tage. Es ist beispielsweise eine qualitative<br />
Entscheidung in Richtung journalistischem Freiraum, wenn sich in Zeitungen<br />
Pools von Leuten bilden, die sich austauschen können und dafür auch freigestellt<br />
sind. Qualitätsstudien zur Hessen-Nassauischen Allgemeinen in Kassel haben<br />
festgestellt, dass ihre Leser kritische, reflektierte, durchrecherchierte Storys<br />
sehr honorieren. In einem hoch differenzierten Medienmarkt können Sie sich nur<br />
mit publizistischen Sonderleistungen abgrenzen. Nur haben viele Verlagsmana-<br />
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