Trainingshandbuch Recherche : Informationsbeschaffung
Trainingshandbuch Recherche : Informationsbeschaffung
Trainingshandbuch Recherche : Informationsbeschaffung
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
68<br />
Eine-Quelle-Geschichten und andere Übel<br />
Hilfe, dass der Staatsanwalt selbst Zweifel an dem Bericht äußert und eine<br />
Einschätzung gibt, wie stichhaltig diese Quelle ist („zu summarisch“). Das ist ein<br />
Glücksfall für einen Autor, der einem freilich nicht immer begegnet. Der Abschiedsbrief<br />
und die Informationen über ein Telefonat mit einem Bekannten sind<br />
ebenfalls Quellen aus zweiter Hand. Die Berichte in Stern TV, in der tz und der<br />
Bild am Sonntag sind ebenfalls Quellen aus zweiter Hand. Die Wirte sind zwar<br />
Quellen aus erster Hand, aber ihnen fehlt die Nähe zum Ereignis. Sie können<br />
lediglich über vergangene Zeiten sprechen. Der Autor hat sie mit Recht erst<br />
weiter hinten in seinem Bericht erwähnt. Ihre Erkenntnisse sind bescheiden.<br />
Zudem sind sie nicht namentlich zitiert. Falls der Kontakt zu dem Oberstaatsanwalt<br />
sehr gut ist, hätte der Autor versuchen können, Einblick in das eine oder<br />
andere Dokument zu erhalten, etwa in den Abschiedsbrief oder in den Obduktionsbericht.<br />
Vielleicht finden sich in den Papieren weitere Spuren.<br />
Für einen aktuellen Bericht im Lokalteil ist die Quellenlage hier gut genutzt.<br />
Keine Frage: Der SZ-Bericht ist dem Porträt in der Berliner Zeitung in dieser<br />
Hinsicht weit überlegen. Der Bericht über die Schauspielerin Daniela Hoffmann<br />
dagegen beruht nur auf Angaben, die die Künsterlin selbst gemacht hat. Möglich,<br />
dass der Autor Informationen aus dem Archiv oder eines Nachschlagewerks<br />
verwendet hat. Aus dem Bericht geht das jedoch nicht hervor.<br />
Von Widersprüchen und Quellentransparenz<br />
Ein Journalist kommt der – manchmal auch widerspruchsvollen – Realität näher,<br />
wenn er mehrere Quellen befragt. Aber er sollte auch bestrebt sein dem Leser<br />
oder Zuhörer mitzuteilen, welche Quellen er nutzt. Es genügt nicht, die Quellen<br />
befragt zu haben. Soweit möglich, sollte man sie auch offen legen und nennen.<br />
Manche investigativen Journalisten neigen dazu, in ihren Texten ‘gottähnliche’<br />
Behauptungen aufzustellen. Der Leser wird alleine gelassen mit dem Anspruch,<br />
dem Autor hundertprozentig zu vertrauen. Das kann man von keinem Leser<br />
verlangen und dazu wird er auf Dauer auch nicht bereit sein. Nicht einmal ein<br />
Kolumnist kann sich das leisten. Daher ist es mit dem Verwenden mehrerer<br />
Quellen von allen Seiten nicht getan - man muss ihre Herkunft transparent<br />
machen.<br />
Methodik des Recherchierens<br />
Kommen wir zum nächsten Ziel: Der Methodik des Recherchierens. Wie lehrt<br />
man die Bedeutung des methodischen Vorgehens? Die Teilnehmer erhalten Aufgaben,<br />
die scheinbar ganz leicht zu lösen sind. Bei der Auflösung stellt sich