Trainingshandbuch Recherche : Informationsbeschaffung
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2.9 Das <strong>Recherche</strong>-Protokoll – mehr als eine lästige Pflicht<br />
Arbeitsinstrument für Informationsbeschaffer<br />
und Bestandteil fundierter <strong>Recherche</strong>ausbildung<br />
von Lars Rinsdorf und Falk Wellmann<br />
Wer in <strong>Recherche</strong>-Seminaren auf <strong>Recherche</strong>-Protokolle zu sprechen kommt,<br />
erntet in der Regel skeptische Blicke. „Wozu braucht man das in der Praxis? In<br />
meiner Redaktion hab ich so was noch nie gesehen!“ Das sind typische Reaktionen<br />
von Volontären und Studierenden. Denn sie werden in einem Umfeld beruflich<br />
sozialisiert, in dem systematisches Arbeiten nach wie vor oft als der natürliche<br />
Feind der Kreativität gilt. Man ist gern ein hartnäckiger muckraker oder ein<br />
genialer Schreiber – aber eben kein schnöder Pedant, der seine Informationen<br />
sorgsam sammelt und ordnet.<br />
Vielleicht ist der Name schuld daran, dass das <strong>Recherche</strong>-Protokoll in der<br />
Diskussion um die <strong>Recherche</strong> eher ein Mauerblümchendasein fristet. Protokoll<br />
erinnert an verrauchte Hinterzimmer und trockene, nichtssagende Vereinsbeschlüsse,<br />
die später niemanden mehr interessieren. Selbst in der Fachliteratur<br />
wird das <strong>Recherche</strong>-Protokoll wenig berücksichtigt. Wohl geht man selbstverständlich<br />
davon aus, dass die Ergebnisse einer <strong>Recherche</strong> in einen journalistischen<br />
Beitrag münden. Diese Veröffentlichung – so könnte man meinen – macht<br />
das Protokoll überflüssig.<br />
Wer so denkt, unterschätzt es. Als Instrument zur Dokumentation und Strukturierung<br />
der eigenen Arbeit spielt es eine Schlüsselrolle in der <strong>Recherche</strong>. Es zeigt<br />
Widersprüche und Lücken in den eigenen Informationen auf und hält Zwischenund<br />
Schlussergebnisse fest, die sich aus der Gesamtheit der recherchierten Informationen<br />
ergeben. Allein deshalb ist es wichtig angehenden <strong>Recherche</strong>uren zu<br />
vermitteln, worauf es bei einem Protokoll ankommt.<br />
Es ist aber noch aus einem anderen Grund zentraler Bestandteil eines methodisch-systematisch<br />
angelegten <strong>Recherche</strong>trainings. Am seinem Beispiel lässt sich<br />
besonders gut deutlich machen, was eine journalistische <strong>Recherche</strong> ausmacht:<br />
Das systematische, zielgerichtete Sammeln und Einordnen von Informationen zu<br />
einem Thema von öffentlichem Interesse. Im journalistischen Alltag mag<br />
manchmal die Zeit, die Motivation oder auch die dringende Notwendigkeit fehlen,<br />
die eigene Arbeit zu dokumentieren. In der Ausbildung aber sollte man