Trainingshandbuch Recherche : Informationsbeschaffung
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Investigativer Journalismus und Recht<br />
Sinn der Prozessordnungen. Eine bereits woanders publizierte rechtsverletzende<br />
Behauptung ist für die Wahrheitsvermutung unerheblich und deshalb für Journalisten<br />
verfahrensprozessual regelmäßig unbegründet. Nur Einzelpersonen können<br />
sich zur Rechtfertigung ihrer Äußerung darauf berufen, dass von ihnen in die<br />
geistige oder politische Auseinandersetzung eingeführte Tatsachenbehauptungen<br />
zuvor vom Betroffen undementiert in den Medien verbreitet worden sind. IJ steht<br />
eine derartige Beweiserleichterung nicht zu (ebensowenig wie Journalisten im<br />
allgemeinen).<br />
Eidesstattliche Versicherungen, mit denen sich Redaktionen und IJ von Informanten<br />
gelegentlich die zutreffende Darstellung bestätigen lassen, sind nur eingeschränkt<br />
dazu geeignet. Vielleicht ist der Wunsch eines IJ an den Informanten<br />
eine eidesstattliche Versicherung zu erhalten ein Mittel, um dem Informanten vor<br />
Augen zu führen, wie wichtig die Angabe genommen wird. Nur ist die Abgabe<br />
einer falschen eidesstattlichen Versicherung, welche nicht zur Vorlage bei einem<br />
Gericht oder einer Behörde bestimmt ist, weder strafbar noch sonst rechtlich<br />
relevant.<br />
Zwar sieht die Zivilprozessordnung eidesstattliche Versicherungen als Mittel<br />
der Glaubhaftmachung vor, insbesondere für Verfahren der einstweiligen Verfügung.<br />
Doch sind entgegenstehende eidesstattliche Versicherungen ebenso zulässig<br />
und vom Gericht zur Entscheidungsfindung zu berücksichtigen. Folglich ist<br />
ihr Beweiswert eher gering. Außerhalb des Verfahrens der einstweiligen Verfügung<br />
sind eidesstattliche Versicherungen als Beweismittel im Zivilprozessrecht<br />
nicht vorgesehen. Insbesondere ersetzen sie nicht die Notwendigkeit, ihre Verfasser<br />
als Zeugen zu präsentieren.<br />
Wird der Informant als Verfasser der eidesstattlichen Versicherung der falschen<br />
Abgabe überführt, droht ihm die Sanktion des § 156 StGB (Falsche Versicherung<br />
an Eides Statt). Im Zuge der strafrechtlichen „Teilnahme an der Haupttat“<br />
kann auch der IJ bestraft werden, wenn er zu der falschen Abgabe „angestiftet“<br />
oder „Beihilfe“ geleistet hat.<br />
Beispiel 2: Üble Nachrede und Formalbeleidigung<br />
(gemäß § 186 StGB, Strafrecht)<br />
Die Hamburger Morgenpost druckte am 12. Januar 2001 unter dem Titel „Er war<br />
Stammgast und wurde gefilmt: Dieser Politiker ist erpressbar“ einen Artikel über<br />
die angeblichen Bordellbesuche eines namentlich nicht genannten Politikers. Ein<br />
Hamburger Staatsrat fühlte sich angesprochen und zeigte den Reporter an, der<br />
von einem Hamburger Amtsgericht wegen übler Nachrede belangt wurde. Das<br />
Urteil: 16.000 D-Mark Geldstrafe.