Trainingshandbuch Recherche : Informationsbeschaffung
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Die mit Datenbanken und Webangeboten überfütterten Journalisten müssen<br />
den Status von Informationen kennen und nutzen lernen: Was sind Sachverhalte,<br />
was Behauptungen, was Kolportage? Was unterscheidet aggregierte von hypothetischen,<br />
was spekulative und deutenden Aussagen? Was alles gehört zur Sachebene,<br />
was zur Deutungsebene? Wie unterscheide ich belegte von nur behaupteten,<br />
diese von evidenten oder konsensgestützten Aussagen? Diese Unterschiede<br />
sollten anhand verschiedener Szenarien und Fallbeispiele immer wieder durchgespielt<br />
werden wie das „Kleine Einmaleins“ in der Grundschule.<br />
Der Umstieg vom Alltagsdenken in professionelles Denken lässt sich am<br />
Umgang mit Vorurteilen schulen, z.B. kann man mit suggestiv formulierten<br />
Testfragen („Finden Sie nicht auch...?“) die Leute verunsichern und aus ihren<br />
Schablonen kippen, sie gegen ihr eigenes Vorurteil recherchieren lassen. So<br />
lernen sie das Neue, noch nicht Gedachte zu denken - und nebenbei auch, wie<br />
eine ‘echte’ Thesenrecherche funktioniert.<br />
Zum Denken gehört auch der zutreffende sprachliche Ausdruck. Der Dozent<br />
kann über seine Sinnbilder und Metaphern zeigen, dass es immer auch um eine<br />
spezifische Denk- und Herangehensweise geht: unter die Lupe nehmen, hinter<br />
die Kulisse, hinter die Fassade blicken, den Knäuel entwirren, am Faden ziehen,<br />
auspacken, entblättern, nachlegen, den Boden entziehen.<br />
Vom Beliebigen zum Wichtigen: Viele angehende Journalisten sind mit RTL,<br />
ProSieben und Sat.1, mit Focus, Bild und Bunte aufgewachsen – und haben kein<br />
Bewusstsein für das, was das Bundesverfassungsgericht einst die „öffentliche<br />
Aufgabe“ nannte. Warum überhaupt recherchieren? Man muss ihnen zeigen, was<br />
aus der Orientierungsfunktion des Journalismus würde, wenn nur noch PR-<br />
Produktionen und Kurzweilgeschichten publiziert würden. Anhand vieler Beispiele<br />
und der Szenariotechnik lässt sich zeigen, was „Relevanz“ bedeutet und<br />
was gemeint ist, wenn die Landespressegesetze dem Journalismus die Aufgabe,<br />
Kritik und Kontrolle zu üben, explizit zuweisen.<br />
„Helden der <strong>Recherche</strong>“: und immer wieder exzellente <strong>Recherche</strong>ure als Beispiele<br />
und auch Vorbilder anführen - nicht nur Wallraff, die Neue Heimat, die<br />
Barschel-Affäre und Leyendeckers Spendenskandal, sondern auch Unbekannte<br />
vor allem aus der Welt des Lokaljournalismus, vorausgesetzt, sie sind wirklich<br />
lehrreich.<br />
Problemfeld: Der Frust mit der Weiterbildungsform<br />
Recherchieren als Seminar<br />
Erst diese taxierenden Blicke, dann die Vorstellungsrunde, dazwischen die Hinweise<br />
des Kursleiters, dass die schmutzigen Tassen bitteschön in die Spülmaschi-