Trainingshandbuch Recherche : Informationsbeschaffung
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Heransgehensweisen für <strong>Recherche</strong>n<br />
wer über die Ziele und Funktionen, deren konkrete Umsetzung und wirtschaftliche<br />
Grundlagen, die genaue Organisation und die Arbeitsabläufe im Einzelnen<br />
Bescheid weiß, kann die dazugehörigen journalistischen Kontrollaufgaben erkennen.<br />
Sie versetzen in die Lage, in einem Soll–Ist–Vergleich relevante Abweichungen<br />
zu entdecken und das Umgehen demokratischer Transparenz zu brandmarken.<br />
Beispiel und Trainingsvorschlag „Tanker-<strong>Recherche</strong>“<br />
Brendel und Brendel 2000: 107-113, 145-148. Lassen Sie die Geschichte<br />
und den <strong>Recherche</strong>-Ablauf erst durcharbeiten und reflektieren Sie: Was<br />
hätte man wie anders machen können?<br />
Die Einsicht in notwendiges Vorwissen zwingt sich geradezu auf. Zum<br />
Thema „Eindenken in Betriebssysteme“ vgl. J. Ludwig 2002: 113-119<br />
Neugier, Misstrauen, Respektlosigkeit und Fantasie<br />
Neugier gegenüber allem, was journalistisch interessant erscheint, und Misstrauen<br />
ergänzen einander. Es gilt auch hier der aus der Sesamstraße bekannte Slogan<br />
„Wer, wie, was, wieso, weshalb, warum – wer nicht fragt, bleibt dumm“. Gleichzeitig<br />
sollte man allen Erklärungen und Begründungen mit einem gesunden Maß<br />
an Misstrauen begegnen. Denn häufig laufen Erklärungen nur nach der bekannten<br />
Regel: „Was nicht sein darf, das nicht sein kann.“ Brauchbarer ist die umgedrehte<br />
Arbeitshypothese: „Vieles ist so, weil es so sein soll oder muss.“ Warum<br />
etwas so sein soll oder muss, genau dies zu hinterfragen und gegebenenfalls<br />
herauszufinden ist Aufgabe des recherchierenden Journalisten.<br />
Viele bekannt gewordenen großen und kleinen Geschichten haben so das<br />
Licht der Öffentlichkeit erblickt. Bekanntester Fall ist die Watergate-Affäre. Sie<br />
ist ein ideales Lehrbeispiel für alle relevanten <strong>Recherche</strong>-Techniken. Die beiden<br />
Lokalreporter begannen ihre Ermittlungen an einem Einbruch. Nur das ständige<br />
Fragenstellen, das regelmäßige Überlegen und Nachdenken sowie die Skepsis<br />
gegenüber vorschnellen und auf den ersten Blick einleuchtenden Erklärungen<br />
hat die beiden Journalisten weitergebracht.<br />
Weitergebracht hat sie aber auch ein gesundes und im Journalismus unverzichtbares<br />
Maß an Respektlosigkeit gegenüber allen Amts-, Funktions- und Würdenträgern<br />
einschließlich der lange unangetasteten Aura des Weißen Hauses. Ein<br />
Schlüsselerlebnisse der beiden Reporter, aber auch der des Chefredakteurs, war<br />
die sich aufdrängende Arbeitshypothese, dass der Präsident sowie einige seiner<br />
Mitarbeiter inklusive sein Justizminister ausgefuchste Lügner und Gauner sein