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Trainingshandbuch Recherche : Informationsbeschaffung

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Die Affäre Telekom<br />

Telekom-Story<br />

Damit hatten wir nicht gerechnet: Ron Sommer höchstpersönlich wollte vor der<br />

Report-Kamera Stellung nehmen. Nicht zu belanglosen Fragen, sondern zu brisanten<br />

Details der Immobilienaffäre. Seine Interviewzusage ging uns sogar per<br />

Fax am 14. März 2001 über seine Pressestelle zu. Zuvor allerdings mussten wir<br />

unsere Fragen in der Telekom-Zentrale in Bonn einreichen.<br />

Zunächst lief alles wie geplant. Der Telekom-Chef empfing uns wie verabredet<br />

in der Hauptstadtrepräsentanz des Kommunikationsriesen in der Berliner<br />

Jägerstraße, begrüßte uns freudig und gestattete einige Filmaufnahmen. Dann<br />

gab er der Wochenzeitung Die Woche ein langes Exklusivinterview. Wir sollten<br />

währenddessen unsere Kamera in der mondänen Haupthalle aufbauen, um den<br />

Vorstandsvorsitzenden später ins rechte Licht rücken zu können.<br />

Nach zwei Stunden Wartezeit klingelte mein Handy. Am anderen Ende der<br />

Leitung meldete sich ein verunsicherter Telekom-Pressesprecher. Ron Sommer<br />

beantworte kritische Fragen zur möglichen Überbewertung des Telekom-Immobilienvermögens<br />

nicht, machte er kurz und unmissverständlich klar.<br />

Diese Unprofessionalität hat uns doch überrascht, denn unsere Fragen lagen<br />

Sommer ja bereits Tage vorher vor und beschäftigten sich ausschließlich mit der<br />

Falschbewertung des Immobilienvermögens und der Erstellung der Telekom-<br />

Eröffnungsbilanz im Jahre 1994/95. Solch ein Kommunikationsfehler im großen<br />

Kommunikationsunternehmen war für uns ein Hinweis auf das Chaos, das zu<br />

dieser Zeit im Konzern herrschen musste. Wie sonst war es zu erklären, dass Ron<br />

Sommer uns ein Interview verweigerte, zur selben Zeit aber mit anderen Medien<br />

bereitwillig zeitintensiv aus dem Nähkästchen plauderte.<br />

Die Telekom präsentierte wenig später zwar einen anderen Gesprächspartner,<br />

den amtierenden Finanzvorstand Karl-Gerhard Eick. Doch der war zur fraglichen<br />

Zeit 1994/95 noch gar nicht im Konzern, war deshalb nicht in die Immobilienaffäre<br />

verwickelt und wurde uns von der Telekom als Saubermann präsentiert.<br />

Die Staatsanwaltschaft Bonn ermittelt bis heute gegen seinen Vorgänger Joachim<br />

Kröske und den Vorstandsvorsitzenden Ron Sommer wegen des Verdachts<br />

der Falschbilanzierung und des Kapitalanlagebetruges. Trotzdem bestätigte Eick<br />

im Interview unerwartet ein wichtiges Detail, den letzten Baustein des <strong>Recherche</strong>-Puzzles<br />

des ersten Films. Doch der Reihe nach.

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