Trainingshandbuch Recherche : Informationsbeschaffung
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Recherchieren als Seminar<br />
Problemfeld: Nöte mit den Seminarteilnehmern<br />
Nur wenige Leute des journalistischen Nachwuchses bringen den „Biss“ gleich<br />
mit. Die meisten haben eine Konsumentenhaltung. Da wird die Trinkflasche<br />
gemächlich ausgepackt und neben das Handy auf den Tisch gestellt, die Arme<br />
verschränkt und abgewartet: Was bringt er uns, der Typ da vorn? Dank Pisa<br />
wissen wir auch, dass Ahnungslosigkeit verbreitet ist. Nur wenige Berufseinsteiger<br />
haben eine genaue Vorstellung, was eine Information, was eine Behauptung<br />
und was nur Geschwätz ist. Es sind diese vier „Volo“-Typen, die wir fürs Recherchieren<br />
erst mal gewinnen müssen:<br />
Die Oberschlauen: Kaum haben sie von einer Begebenheit gehört schon beginnen<br />
sie zu fabulieren: „Na klar, das kam so, weil ... “ oder „Ich hab ‘ne Idee,<br />
wer dahinter stecken könnte!“ Mit anderen Worten: Sie suchen nach Erklärungen,<br />
noch ehe sie wissen, was tatsächlich passiert ist. Ihr Motiv ist Geltung: Sie<br />
wollen vor den anderen als vielwissend und besonders clever erscheinen.<br />
Die Gutgläubigen: Sie halten (fast) alles für wahr nach dem Motto: „Ich will<br />
eine nette Geschichte erzählen, Zweifel stehen mir im Wege.“ Bei einigen ist es<br />
tatsächlich Naivität, bei vielen anderen indessen Bequemlichkeit, warum sie<br />
recherchierfaul sind. Abschreiben macht keinen Stress.<br />
Die Angepassten: Viele junge Leute stellen sich instinktiv auf das ein, was ihre<br />
Chefs wünschen - nicht unverständlich in Zeiten der Krise mit steigender Arbeitslosigkeit.<br />
Ihr Motto: „Infos gibt ‘s in Hülle und Fülle, gefragt ist die griffige<br />
Story. Und entsprechend biege ich die Schose zurecht.“<br />
Die Romantiker: Sie suchen nach der ganz großen Enthüllung, nach dem<br />
Skandal. Alles, was nach alltäglicher Knochenarbeit aussieht, erscheint ihnen<br />
trivial. Sie träumen vom knallharten, investigativen <strong>Recherche</strong>ur, der irgendwann<br />
mit einer großen Enthüllung zu Ruhm gelangen werde wie schon Woodward und<br />
Bernstein.<br />
Ihnen allen gemeinsam ist eine irreführende Einstellung zum Journalismus im<br />
Allgemeinen und zum Recherchieren im Besonderen.<br />
Abhilfe: Seminarteilnehmer fürs Recherchieren gewinnen<br />
Wir müssen diese Leute fürs Recherchieren gewinnen - sie als erstes aufwecken.<br />
Der episodal gewählte Seminareinstieg, die ersten Beispiele, die Methodenhinweise,<br />
sie müssen zum Aha-Erlebnis führen: „Das also heißt Recherchieren!“ Im<br />
Einzelnen sind es folgende Inhalte, die „rüber kommen“ sollten:<br />
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