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II.<br />
Gimpel, Dickkopf der alten Fabel<br />
Plarrt sein Lied mit gclehrgem Sinn.<br />
Aus des W('Itgevvirres Schlinjen<br />
Flieht ein Sangcr in Waldesstille,<br />
Dort das Lob des Hcirn zii singcn<br />
Zu dcr ZilliiT Saifinspiele.<br />
Seine Licder liisst er flulhen<br />
In dfn tauscndslininigcn Reigen<br />
Von der Morgensonnc Glulhen<br />
Bis sie sank in Damm'iungssclnveigpn.<br />
Doch bald riihrt ihn niclit im Hcrzen<br />
Mchr der Schlag dcr Nachtigall,<br />
Und der Waldessiinger Scherzen<br />
Im einlon'gen Wiederhall.<br />
Mit des nachsten Lenzes Schreiten<br />
Zahmt er Voglein, jung und zart,<br />
I.thrt sie zu dem Klang der Saiten<br />
Lieder mannigfalfger Art.<br />
Amsel, ein Kind von harlem Sclinabel<br />
Singl: O lieber Augusfin;<br />
Doch fortan singt Philomele<br />
Lieder von Liebesseligkeif,<br />
Siisse Melodie der Seele —<br />
Sanger klagt zu Gott sein Leid:<br />
„Siehe, selbst Gimpel, der Dickkopf vvieder<br />
„Und die hartschnablige Amsel lasscn<br />
,>Ab von den alten fiir neue Lieder,<br />
,jNur die Nachtigall will sie nicht fassen.<br />
Doch nicht der kleinen Philomele,<br />
Nur dem Sanger Gott vervveist:<br />
»Klingen lass mir der Nachtigall Kehle,<br />
„Wie sie erschuf mein gottlicher Geist.<br />
„Aus der Verbannung Sehnsuchtstriebe<br />
„Sang Jeremias den tiefen Schmerz,<br />
„Und sein hohes Lied der Liebe<br />
»Sang des Salomo freudig Herz.<br />
,>\Vem ich die Gabe verlieh zu singen,<br />
„Mit ich ihm auch scine Lieder gab,<br />
„Dass sein Mund keine anderen klingen<br />
„Moge, bis er versturamt im Grab.«<br />
Anincrkung. Vorslehende Uebertragungen mogen als eine den Manen unserer slovenischen Dichter-Dioskuren gebrachte<br />
Huldigung giitige Aufnahnie finden , insoferne die eine Vodnik's Andenken feiert, die andere den Geist Prešern'scher<br />
Poesie charakteristisch auspragt. Mocbte doch jene gefeirte Feder, welcher wir bereits die dichterische Gabe der<br />
„Volkslieder aus Krain" verdanken, dem Schatze der deutschen und damit der VVelt-Literatur, auch unseres Vodnik<br />
gemiithvoUe Lieder und unseres Prešern tiefschvvermiithige ErgUsse, deren BKUhe seine Gaselon und Somiette,<br />
zufiihren, zum Ruhme unseres slovenischen Namens und zur Freude aller fiir das wahrhaft Schdne empfangliclier Herzen.<br />
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