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4 Dissertationen und Habilita- tionen / Dissertations and Habilitations

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REZENSIONEN BOOK REVIEW<br />

schees der Toleranz gegenüber seiner Frau zum Trotz<br />

nicht <strong>and</strong>ers reagiere als sein orientalischer Geschlechtsgenosse,<br />

„belastet von jahrh<strong>und</strong>ertealten<br />

Vorurteilen“ (S. 207). Europäische Männer seien<br />

nicht <strong>and</strong>ers als arabische, lässt Naoum eine der Protagonistinnen<br />

sagen; allerdings variiere die Methode<br />

der Unterdrückung. Bei uns zuhause ist die Rollenverteilung<br />

ganz klar, <strong>und</strong> das seit Genera<strong>tionen</strong>. Da<br />

denkt kaum einer oder eine darüber nach. In Deutschl<strong>and</strong>,<br />

in Europa ist das <strong>and</strong>ers. Hier spricht man von<br />

Gleichberechtigung der Geschlechter, aber wenn man<br />

einmal hinter die Fassade schaut, ist die deutsche Frau<br />

schlimmer dran als die arabische. Die deutsche Frau<br />

ist doppelt beschäftigt – Beruf <strong>und</strong> Familie. Keiner<br />

stört sich daran. Deutsche Männer schlagen nicht offen<br />

zu, wie arabische Männer es tun (S. 148, zitiert<br />

bei Hodaie, S. 234).<br />

Nach all ihrer Kritik an dem voreingenommenen<br />

Bild der Orientalen, wie es in den Romanen Karl Mays<br />

– <strong>und</strong> <strong>and</strong>erer Autoren – dargeboten wird, kritisiert<br />

Hodaie gleichermaßen das “pauschalisierende Bild<br />

des unterdrückenden Tyrannen”, wie der Deutsche in<br />

diesem Roman dargestellt werde. Mit seinem Bild der<br />

Deutschen mag Naoum zwar das Klischee der perfekten<br />

Deutschen in Frage stellen, im selben Atemzug, so<br />

hält sie ihm vor, ersetze er dieses Klischee jedoch<br />

durch ein äußerst klischeehaft-negatives Bild der<br />

deutschen Männer. Auf diese Weise rehabilitiere er<br />

das Bild des orientalischen Patriarchats, indem er es<br />

dem noch negativeren Bild der Deutschen entgegensetze.<br />

“So schlecht unser orientalisches Patriarchat<br />

auch sein mag – was wir Orientalen doch nicht leugnen<br />

–, ist es im Vergleich zu seiner deutschen Version<br />

– die von den Deutschen geleugnet wird – zu bevorzugen.”<br />

Dies ist nach Hodaies Bef<strong>und</strong> die latente Botschaft<br />

des Romans (S. 243f.).<br />

Wolfgang Köhler, London<br />

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Hollis, Rosemary (2010): Britain <strong>and</strong> the Middle<br />

East in the 9/11 Era, XII. – Wiley-Blackwell:<br />

Chichester, West Sussex <strong>and</strong> Chatham House, London,<br />

218 p.<br />

Levey, Zach, Elie Podeh (eds., 2008): Britain <strong>and</strong><br />

the Middle East: From Imperial Power to Junior<br />

Partner, IX. – Sussex Academic Press: Eastbourne<br />

<strong>and</strong> Portl<strong>and</strong>, Oregon, 355 p.<br />

Der Nahe Osten beherrschte zunächst nicht die Politik<br />

der Labour-Regierung unter Tony Blair, die durch einen<br />

überwältigenden Wahlsieg 1997 zur Macht gekommen<br />

war. Erst nach den Anschlägen vom 11. September<br />

2001 übernahm Blair persönlich die Führung<br />

einer Politik, die durch den “Krieg gegen den Terror”<br />

bestimmt war <strong>und</strong> sich auf den Nahen Osten konzentrierte.<br />

Britanniens Beteiligung an der amerikanischen<br />

Invasion des Irak im März 2003 <strong>und</strong> die Auswirkungen<br />

der Besatzung wurden zu einem<br />

“schmerzhaften Epilog” von Britanniens “Augenblick”<br />

(moment) im Nahen Osten, eine Anspielung<br />

auf Elizabeth Monroe’s Klassiker “Britain’s Moment<br />

in the Middle East, 1914-71” (1963), als dessen Fortsetzung<br />

Rosemary Hollis, langjährige Nahost-<br />

Referentin des Londoner Instituts für internationale<br />

Angelegenheiten (Chatham House), ihre Studie versteht.<br />

Sie konzentriert sich auf die Dekade der Blair-<br />

Regierung <strong>und</strong> widerspricht schon zu Beginn der verbreiteten<br />

Auffassung, der Premierminister sei<br />

Washingtons ergebener Gefolgsmann (unquestioning<br />

lieutenant) gewesen. Das oft verwendete Wort vom<br />

Pudel Bushs vermeidet sie, verspricht vielmehr dem<br />

Leser, Beweise (evidence) dafür beizubringen, dass<br />

Blair durchaus sein eigener Mann gewesen sei, der<br />

sich von einem leutseligen Verfechter (effable champion)<br />

guter Anliegen zu einem Überzeugungspolitiker<br />

entwickelt habe <strong>und</strong> dem Übel entgegentrat. Gleichwohl<br />

räumt sie schon auf der ersten Seite ihres Anfangskapitels<br />

über die historischen Hintergründe ein,<br />

Britanniens Beziehungen zum Nahen Osten hätten<br />

sich im Verlauf der vergangenen 150 Jahre von einer<br />

imperialen Macht unvergleichlicher globaler Ausdehnung<br />

zu einer stark reduzierten, doch noch immer bedeutenden<br />

Macht entwickelt, deren anhaltender Wohlst<strong>and</strong><br />

<strong>und</strong> Einfluss im wesentlichen von den Beziehungen<br />

zu den Vereinigten Staaten abhänge (S. 4f.).<br />

In ihrem historischen Rückblick bietet auch Hollis<br />

keine definitive Antwort auf die umstrittene Frage,<br />

wann das Britische Reich seinen Höhepunkt erreicht<br />

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