4 Dissertationen und Habilita- tionen / Dissertations and Habilitations
4 Dissertationen und Habilita- tionen / Dissertations and Habilitations
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DISSERTATIONEN DISSERTATIONS<br />
worden ist. Eine sehr große schiitische Scharia-<br />
Enzyklopädie ist im Entstehen begriffen.<br />
Das vorliegende Buch stellt den Gegenst<strong>and</strong>sbereich<br />
der Nasser-Enzyklopädie vor, verortet sie im arabischen<br />
Schrifttum <strong>und</strong> befasst sich mit den Hintergründen<br />
ihrer Entstehung. Dabei wird als federführende<br />
Institution der Oberste Rat für die islamischen Angelegenheiten<br />
innerhalb des ägyptischen Islam-<br />
Ministeriums <strong>und</strong> ihr Aufgabenspektrum dargestellt.<br />
Formuliert wurde das Ziel eines alphabetisch angeordneten<br />
Schlüsselwerkes zur Schariawissenschaft<br />
zuerst auf einer von der Rechtsvergleichung initiierten<br />
Konferenz in Paris, an der syrische Gelehrte teilnahmen.<br />
Die Arbeit wurde zunächst an der neu eingerichteten<br />
Scharia-Fakultät der Universität in Damaskus<br />
aufgenommen <strong>und</strong> während der Zeit der Vereinigten<br />
Arabischen Republik in Kairo mit Azhar-Gelehrten<br />
fortgesetzt.<br />
Der Autor der gehaltvollen Einleitung der Nasser-<br />
Enzyklopädie, deren Ausführungen zur islamischen<br />
Rechtsgeschichte mit den westlichen Forschungen<br />
verglichen werden, konnte identifiziert <strong>und</strong> der Beitrag,<br />
den sie insbesondere zur Frage der Schließung<br />
des Tores zur eigenständigen Auslegungsbemühung<br />
leistet, analysiert werden. Dieses Problem gehört zu<br />
den umstrittensten in der islamischen Geistesgeschichte<br />
überhaupt <strong>und</strong> hat politische Implika<strong>tionen</strong>. Es geht<br />
dabei um die Frage, wie frei oder textgeb<strong>und</strong>en die<br />
Ermittlung schariatischer Normen erfolgen soll. Auch<br />
in der Islamwissenschaft hat es einen Streit darüber<br />
gegeben, ob es zu einem bestimmten Zeitpunkt ein<br />
binnenmuslimisches Einverständnis dahingehend<br />
gegeben habe, dass alle wesentlichen Fragen ein für<br />
alle Mal von den vorangegangenen Gelehrten beantwortet<br />
<strong>und</strong> neue Zugänge unzulässig seien.<br />
In der Einleitung zur Nasser-Enzyklopädie wird eine<br />
Ambivalenz-Theorie hierzu vertreten, die auf ihre<br />
Quellen zurückgeführt wird. Danach sind die schariatischen<br />
Bewertungen im Gr<strong>und</strong>e alle bereits hergeleitet.<br />
Offen <strong>und</strong> der eigenständigen Auslegungsbemühung<br />
zugänglich ist aber jeweils der genaue Anwendungsbereich<br />
jeder einzelnen schariatischen Regelung,<br />
mit <strong>and</strong>eren Worten die Anpassung der Rechtssätze an<br />
die Sachverhalte.<br />
Diese Theorie unterstreicht die Bedeutung, die das<br />
über die Jahrh<strong>und</strong>erte gewachsene Schrifttum der<br />
Schariawissenschaft für die Lösung aktueller Fragen<br />
des Alltagslebens haben soll <strong>und</strong> bedeutet in gewisser<br />
Weise eine Bekräftigung des Gedankens vom geschlossenen<br />
Tor einer genuinen Neuauslegung. Auf<br />
welchen Wegen dieses Schrifttum mit seinem Reichtum<br />
an Meinungsverschiedenheiten auch für ein modernes<br />
staatliches Recht eine gewisse Relevanz erlangen<br />
kann, eruiert der Autor der Einleitung zur Nasser-<br />
Enzyklopädie in einem Vortrag im Rahmen der Azhar-Akademie<br />
für die islamischen Forschungen, der<br />
ebenfalls untersucht wird.<br />
Die gekürzte Dissertation erscheint als B<strong>and</strong> 6 in der<br />
Reihe „Nur al-hikma – Licht der Weisheit. Interdisziplinäre<br />
Schriftenreihe zur Islamwissenschaft“ im Ver-<br />
114<br />
lag Dr. Kovač, Hamburg 2012, http://www.verlag<br />
drkovac.de/3-8300-5142-5.htm. Kontakt: <strong>and</strong>reas.<br />
neumann@jura.uni-erlangen.de.<br />
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Laila Prager: Die ‚Gemeinschaft des Hauses‘:<br />
Religion, Heiratsstrategien <strong>und</strong> transnationale<br />
Identität türkischer Alawi/Nusairi-Migranten in<br />
Deutschl<strong>and</strong>. – Abgeschlossene Dissertation am<br />
Institut für Ethnologie, Westfälische Wilhelms-<br />
Universität Münster. Erstbetreuer Prof. Dr. J.D.M<br />
Platenkamp.<br />
Unter den sogenannten „islamisch-heterodoxen“<br />
Gruppen des Nahen <strong>und</strong> Mittleren Ostens stellen die<br />
Alawiten/Nusairier zweifelsohne eine der enigmatischsten<br />
Gemeinschaften dar, da ihre Glaubensvorstellungen<br />
<strong>und</strong> religiösen Praktiken seit Jahrh<strong>und</strong>erten<br />
dem Gebot der Geheimhaltung (taqiyya) gegenüber<br />
Außenstehenden unterliegen, das von der Mehrzahl<br />
der Alawiten bis heute beherzigt wird. Genera<strong>tionen</strong><br />
von Reisenden <strong>und</strong> Islamwissenschaftlern haben zwischen<br />
dem 19. <strong>und</strong> 21. Jh. kontinuierlich den Versuch<br />
unternommen, das „geheime Wissen“ dieser Gemeinschaft<br />
zu ergründen <strong>und</strong> die religiösen Lehren zu<br />
dechiffrieren, waren aber bei ihren diesbezüglichen<br />
Anstrengungen stets auf einen mehr oder weniger<br />
begrenzten Korpus von historischen Texten (d.h.<br />
alawitischen religiösen Manuskripten) angewiesen.<br />
Auch wenn die immer gleichen Texte im Laufe der<br />
Forschungsgeschichte einer fortwährenden Exegese<br />
unterzogen wurden, so fehlte es doch stets an gr<strong>und</strong>legenden<br />
empirischen Daten, um überhaupt einschätzen<br />
zu können, ob <strong>und</strong> inwieweit die in den Manuskripten<br />
aufscheinenden religiösen Vorstellungen <strong>und</strong> Lehren<br />
mit der gelebten Praxis des Alawitentums korrespondieren.<br />
Mit der vorliegenden Dissertation werden erstmals<br />
in der Forschungsgeschichte empirisch f<strong>und</strong>ierte ethnologische<br />
Daten zu den Alawiten vorgelegt. Die<br />
Daten beziehen sich vorrangig auf die in der Türkei<br />
lebenden Alawiten der Çukorova- <strong>und</strong> Hatay-Region<br />
(das ehemalige Sanjak von Alex<strong>and</strong>retta), die neben<br />
Syrien die zentralen Siedlungsgebiete der Alawiten