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4 Dissertationen und Habilita- tionen / Dissertations and Habilitations

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REZENSIONEN BOOK REVIEW<br />

mit „Araber“ identisch sein sollen, ist nicht nachvollziehbar,<br />

der „übergeordnete Diskurs“ bleibt eine These.<br />

Offensichtlich bezeichnet die von ihr zitierte nationalsozialistische<br />

Propag<strong>and</strong>a die Nordafrikaner <strong>und</strong><br />

somit auch die Kolonialsoldaten nicht als „Araber“<br />

(vgl. S. 44 u. 59). Eine schlüssige Antwort auf die<br />

sich aufdrängende Frage, warum sie es dennoch tut<br />

<strong>und</strong> auf über 30 Seiten diskutiert, bleibt aus.<br />

Eine weitere f<strong>und</strong>amentale Schwäche ist der <strong>und</strong>ifferenzierte<br />

Blick auf das „nationalsozialistische<br />

Deutschl<strong>and</strong>“. So nebulös wie das Forschungsobjekt<br />

„die Araber“ bleiben auch diejenigen, denen „Inszenierung<br />

<strong>und</strong> Instrumentalisierung des Araberbildes“<br />

unterstellt wird. Es ist erstaunlich, wie unkritisch homogen<br />

Wagenhofer die damalige Gesellschaft sieht.<br />

Wagenhofer klärt nicht, welche Gruppe wann welche<br />

Aussagen mit welchem Interesse macht. Für Wagenhofer<br />

gibt es keine widerstreitenden oder gar um die<br />

Macht kämpfenden Posi<strong>tionen</strong> weder im nationalsozialistischen<br />

Machtapparat noch in der deutschen Gesellschaft.<br />

Eine weitere zentrale Schwäche ist die Gleichstellung<br />

von „Araber“ <strong>und</strong> „Muslime“. Ist die islamische<br />

Welt für die Nazis mit der arabischen identisch, sodass<br />

jeder Araber Muslim ist oder jeder Muslim Araber,<br />

wie es Wagenhofer nahelegt? Den Bau einer Moschee<br />

im Kriegsgefangenenlager Großbeeren bei Berlin<br />

wohl zwischen 1940 <strong>und</strong> 1941 <strong>und</strong> die Vermutung,<br />

dass sie sogar „für deutsche Anwohner geöffnet“ war,<br />

diskutiert Wagenhofer leider nicht ausführlich <strong>und</strong><br />

stellt nur fest, dass „diese Aussage höchst erstaunlich<br />

<strong>und</strong> fragwürdig“ ist.<br />

Ähnlich oberflächlich sind die Ausführungen über<br />

Rassismus. Hier finden sich immer wieder wertende<br />

Einlassungen der Autorin, die den historischen Blick<br />

noch mehr verstellen.<br />

Wissenschaftliche neue Ergebnisse sind nicht auszumachen.<br />

Wagenhofers Fazit liest sich wie eine Einleitung<br />

zur Arbeit, die aber nahelegt, dass ihr Thema,<br />

weil nicht klar, wissenschaftlich (noch) nicht beh<strong>and</strong>elt<br />

werden kann.<br />

Georg Philipp Melloni, Altenstadt<br />

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Warde, Ibrahim (2010): Islamic Finance in the<br />

Global Economy. – Second Edition, revised <strong>and</strong> updated.<br />

Edinburgh University Press: Edinburgh, 288 S.<br />

Ibrahim Warde hält eine außerplanmäßige Professur<br />

für Internationale Betriebswirtschaft an der Fletcher<br />

School für Internationale Beziehungen der Tufts Universität<br />

in Medford (Massachusetts) <strong>und</strong> leitet am<br />

dortigen Fares-Center auch Programme für Ost-<br />

Mittelmeer-Studien. Er absolvierte sein Graduiertenstudium<br />

an der Saint Joseph Universität in Beirut,<br />

studierte dann an der Ecole des Hautes Etudes Commerciales<br />

in Paris <strong>und</strong> erwarb seine Promotion<br />

schließlich in Politikwissenschaft an der University of<br />

California in Berkeley. Neben dem vorliegenden<br />

Buch hat er The Price oft the Fear: The Truth Behind<br />

the Financial War on Terror (2007) geschrieben <strong>und</strong><br />

ist regelmäßig mit Beiträgen zu Politik <strong>und</strong> Finanzwe-<br />

sen in der englischen Ausgabe von Le Monde Diplomatique<br />

vertreten.<br />

Die Erstausgabe von Islamic Finance in the Global<br />

Economy erschien im Jahr 2000 mit einem ersten<br />

Nachdruck in 2001 <strong>und</strong> zwei weiteren in 2005 <strong>und</strong><br />

2006. Die Aktualisierung der jetzigen zweiten Ausgabe<br />

gegenüber dem letzten Nachdruck ist zwar gegeben,<br />

da das Passiv-Aktiv-Management des Kuwait Finance<br />

House (p. 166) auf Daten von 2007 beruht. Allerdings<br />

wären hier jüngere Daten aus 2008 / 2009<br />

wünschenswert gewesen, die für eine Ausgabe des<br />

Jahres 2010 leicht verfügbar sein sollten. Die übliche<br />

Diskrepanz zwischen Bezugsdaten <strong>und</strong> Veröffentlichungsjahr,<br />

die sich unvermeidlich durch die Fachliteratur<br />

der Wirtschaft zieht, wäre dann geringer gewesen.<br />

Das Referenzjahr für Marktvolumina (p.1) wird<br />

nicht genannt, an <strong>and</strong>eren Stellen erscheinen Daten<br />

aus den 90er Jahren, die für den heutigen Diskussionsst<strong>and</strong><br />

nicht mehr von Interesse sind.<br />

Warde gibt einen wertvollen <strong>und</strong> aufschlussreichen<br />

Überblick über die Entwicklung des Islamischen Finanzwesens<br />

(IF), wobei so manche Forschungslücke<br />

deutlich wird. Ein globaler <strong>und</strong> transdisziplinärer Ansatz<br />

(p. 25) ist dem Autor gelungen, an einigen Stellen<br />

schwappt aber die historische Deskriptivität – eine üblicher<br />

Ansatz französisch gebildeter Akademiker, geradezu<br />

über. Tiefere Analysen <strong>und</strong> Fragestellungen<br />

mit Problemlösungen sucht man vergeblich.<br />

Das Buch kann zwar als St<strong>and</strong>ardwerk für den<br />

Fachbereich gelten, ist aber als Einführung weniger<br />

geeignet, da man den zwölf Kapiteln eine bessere<br />

Struktur wünscht. Das Glossar (p. 234) ist in Umfang<br />

<strong>und</strong> Erläuterungen relativ sparsam ausgefallen. In der<br />

Einleitung beurteilt Warde (p. 8) die existierende Literatur<br />

mit Recht sehr kritisch <strong>und</strong> moniert zu einseitige<br />

akademische St<strong>and</strong>punkte neben zu engen geographischen<br />

Brennpunkten, fehlende komparative Studien<br />

sowie kaum vorh<strong>and</strong>ene transdisziplinäre Ansätze, die<br />

sich oft mit falschen Annahmen zum Verhältnis von<br />

Theorie <strong>und</strong> Praxis paaren. Die monolithische westliche<br />

Wahrnehmung des Islam im Allgemeinen schlägt<br />

sich auch in den Abh<strong>and</strong>lungen zur IF nieder (p. 12).<br />

Ein Blick in die Quellenverzeichnisse der einzelnen<br />

Kapitel zeigt, dass Warde vor allem auf englischsprachige<br />

Quellen, darunter auch zahlreiche Presseartikel,<br />

zurückgreift, seltener auch auf französischsprachige.<br />

Es finden sich kaum arabischsprachige Quellen darunter,<br />

deren Nutzung ein <strong>and</strong>eres Bild ergeben hätte,<br />

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