4 Dissertationen und Habilita- tionen / Dissertations and Habilitations
4 Dissertationen und Habilita- tionen / Dissertations and Habilitations
4 Dissertationen und Habilita- tionen / Dissertations and Habilitations
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
VORTRÄGE 18. DAVO-KONGRESS PAPERS DAVO CONGRESS 2011<br />
lih, der mit seiner Vorgehendsweise tribale Kämpfe<br />
im L<strong>and</strong> hervorgerufen hat, eingegangen.<br />
Obgleich Muammar al-Qadhdhafi <strong>und</strong> Ali Abd Allah<br />
Salih seit Herbst 2011 nicht mehr die Geschicke<br />
Libyens bzw. des Jemens bestimmen, haben beide<br />
Staaten – wie auch <strong>and</strong>ere Länder dieser Region –<br />
noch einen schwierigen Weg vor sich.<br />
Heiko Schuss (Erlangen): Die Rentierstaatstheorie<br />
im Lichte der arabischen Revolu<strong>tionen</strong><br />
Die Rentierstaatstheorie impliziert einige Mustervorhersagen.<br />
Aus dem Vorh<strong>and</strong>ensein reichlicher Renteneinkommen<br />
eines Staates folgt die Allokation dieser<br />
Renten nach politischen Kriterien in die Kooptation<br />
<strong>und</strong>/oder Repression wichtiger Interessengruppen,<br />
was ökonomische Ineffizienz bewirkt, jedoch das<br />
herrschende Regime stabilisiert. Hingegen werden bei<br />
einem Sinken der Renteneinkommen ökonomische<br />
<strong>und</strong> politische Anpassungsmaßnahmen <strong>und</strong> eine tendenzielle<br />
Destabilisierung des Systems prognostiziert.<br />
Die gerade stattfindenden politischen Umwälzungen<br />
im arabischen Raum finden in Zeiten eines hohen Ölpreises<br />
<strong>und</strong> hoher Renteneinnahmen statt. In einer<br />
solchen Zeit würde man gerade eine Stabilisierung der<br />
Rentierstaaten erwarten. Der Autor geht daher auf<br />
einzelnen Fälle <strong>und</strong> Faktoren des Umbruchs näher<br />
ein.<br />
Während ein L<strong>and</strong> wie Tunesien kaum unter die<br />
Rentierstaaten gezählt werden kann, die Entwicklungen<br />
dort der Rentierstaatstheorie also nicht widersprechen,<br />
ist Libyen ohne Zweifel ein primärer Rentierstaat,<br />
dessen Scheitern Fragen aufwirft. Für deren Beantwortung<br />
ist es notwendig, sich mit den Voraussetzungen<br />
der Theorie ausein<strong>and</strong>er zu setzen. Gehen die<br />
Mustervorhersagen der Rentierstaatstheorie zumindest<br />
implizit von rationalen <strong>und</strong> gut informierten staatlichen<br />
Akteuren aus, welche die Allokation der Renten<br />
mit Blick auf die Sicherung ihrer Macht vornehmen,<br />
legen die jüngsten Erfahrungen nahe, dass diese Entscheidungen<br />
unter Bedingungen beschränkter Rationalität<br />
<strong>und</strong> unvollständiger, wenn nicht sogar verzerrter<br />
Information stattfinden. Die mit dem Rentierstaatssystem<br />
einhergehende Repression <strong>und</strong> vertikale<br />
klientelistische Beziehungen haben dazu geführt, dass<br />
die Machthaber nicht mehr über die Interessen im<br />
Volk informiert waren <strong>und</strong> die Organisations- <strong>und</strong><br />
Durchsetzungsfähigkeit unzufriedener Gruppen unterschätzten<br />
<strong>und</strong> von der Schnelligkeit <strong>und</strong> dem Ausmaß<br />
der Proteste überrascht wurden. Dieser Überraschungseffekt<br />
trug entscheidend zum Erfolg der Proteste<br />
<strong>und</strong> dem Fall der Regime bei.<br />
Maria Josua (Tübingen): Jordan is Beautiful: The<br />
King’s Advantage in Zeiten des Protests<br />
Die regionale Dynamik zu Beginn des Jahres 2011<br />
verlieh auch bis dato sporadischen Protesten im verhältnismäßig<br />
ruhigen Jordanien Auftrieb. Immer weiter<br />
reichende Forderungen setzten das Königshaus unter<br />
Druck <strong>und</strong> zwangen es bereits vor dem Sturz<br />
Mubaraks zu ersten Zugeständnissen.<br />
Dieser Beitrag betrachtet die politischen Geschehnisse<br />
im Jahr 2011 als Legitimitätskrise <strong>und</strong> analysiert<br />
die Forderungen der verschiedenen Protestgruppierungen<br />
sowie die Reak<strong>tionen</strong> der herrschenden Eliten<br />
aus der Perspektive eines Konzeptes von Legitimität,<br />
das sich innerhalb der Neueren Autoritarismusforschung<br />
verorten lässt. Die angewendeten Herrschaftsstrategien<br />
sind einerseits in den generellen Kontext<br />
jordanischer Politik eingebettet als auch in Strategien<br />
des Krisenmanagements, die auch in <strong>and</strong>eren Ländern<br />
der Region eingesetzt werden.<br />
Die arabische Bezeichnung der neuen Tourismuskampagne<br />
„Jordan is Beautiful“ (al-Urdunn ahla) reproduziert<br />
das auch in der Politik gängige Argumentationsmuster,<br />
demzufolge Jordanien vornehmlich aufgr<strong>und</strong><br />
seiner Stabilität <strong>und</strong> geringerem Repressionsgrad<br />
zahlreiche Vorzüge gegenüber den Nachbarstaaten<br />
aufweise.<br />
Das Argument des „King’s Advantage“ besagt, dass<br />
Monarchien im Vorderen Orient über mehr <strong>und</strong> bessere<br />
Legitimierungsmöglichkeiten verfügen als <strong>and</strong>ere<br />
Herrschaftsformen. Dies zeigt sich in Jordanien daran,<br />
dass bei Protesten stets Reformen des Status quo anstelle<br />
eines Regimesturzes gefordert werden. Die Monarchie<br />
selbst steht nie in Frage, auch wenn die Kompetenzfülle<br />
des Königs inzwischen diskutiert wird. Interessant<br />
ist dabei zu beobachten, dass der König sogar<br />
auf Kosten <strong>and</strong>erer staatlicher Institu<strong>tionen</strong> für<br />
sich Legitimität zu generieren sucht, etwa durch althergebrachte<br />
Muster wie die Selbstinszenierung als<br />
Reformer. Doch auch derartige Manöver dienen letztlich<br />
der Regimestabilisierung.<br />
Dieser Beitrag stützt sich auf Feldforschung, die im<br />
Frühjahr 2011 in Jordanien durchgeführt wurde.<br />
6. Locating the Popular in Arab Countries<br />
Chairs: Hatsuki Aishima (Osaka) <strong>and</strong> Bettina<br />
Gräf (Berlin)<br />
This panel seeks to locate the “popular” in contemporary<br />
Arab societies by looking at the creative ways in<br />
which the producers of cultural commodities strategize<br />
to grab the heart, the mind <strong>and</strong> the wallet of their<br />
target consumers. The panelists approach cultural<br />
commodities for popular audiences as the fruit of intellectual<br />
inspirations, socio-cultural dem<strong>and</strong>s <strong>and</strong><br />
technological possibilities in which the “popular” is<br />
imagined, negotiated <strong>and</strong> materialised. The inquiries<br />
of the authors are rooted to two reasons:<br />
First is to explore how the term popular or sha‘bi is<br />
used in various social <strong>and</strong> historical contexts. Even<br />
before the sha‘b (people) became the centre of attention<br />
in the popular uprisings in the Arab Spring, studies<br />
on popular culture have exp<strong>and</strong>ed in recent years<br />
with an attempt to <strong>und</strong>erst<strong>and</strong> the everyday lives of an<br />
ordinary people. However, there still remains the necessity<br />
to examine who are the “popular” of the popular<br />
culture.<br />
Second is the interest of the authors in exploring the<br />
backstage of how the popular audiences are imagined<br />
during the making of cultural commodities such as<br />
public intellectuals, video games or television serials.<br />
Production of cultural commodities for popular audiences<br />
involves extensive process of trials <strong>and</strong> errors in<br />
17