4 Dissertationen und Habilita- tionen / Dissertations and Habilitations
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VORTRÄGE 18. DAVO-KONGRESS PAPERS DAVO CONGRESS 2011<br />
olent stabilizer, the narcissism of Western nationbuilding,<br />
the disregard for Iraqi actors, <strong>and</strong> the failure<br />
to create a liberal <strong>and</strong> representative state. Differences<br />
are also noteworthy, like the legitimacy, the<br />
cost, <strong>and</strong> the violence of war, the different intentions<br />
of conquest <strong>and</strong> liberation, <strong>and</strong> the vision of state<br />
control.<br />
Mieste Hotopp-Riecke (Berlin): Der gute „homo<br />
sovieticus“ versus „reitender Barbar“. Zum W<strong>and</strong>el<br />
des Tatarenbildes nach dem Ende der Blockkonfrontation<br />
Die Repräsentation von stereotypen negativen Tatarenbildern<br />
in der deutschen Literatur kann als Indiz<br />
für den Umgang mit dem Fremden, ethnischreligiösen<br />
Anderen gelten. Insbesondere sind diese<br />
Tatarenstereotypen auch als ein Teil des Fremdbildes<br />
des Islam in Deutschl<strong>and</strong> ein interessantes <strong>und</strong> aussagekräftiges<br />
Forschungsfeld.<br />
Im Beitrag wird als erstes die Genese <strong>und</strong> unterschiedlichen<br />
Ausprägungen von Tatarenimages seit<br />
ihrem Aufkommen im 13. Jahrh<strong>und</strong>ert vorgestellt.<br />
Die negativen Stereotype von Tataren sind demnach<br />
als Fortsetzung der Ikonografie der Angst früherer<br />
Jahrh<strong>und</strong>erte zu begreifen. Diese Fremdenangst kann<br />
als Deutungsversuch nach ersten Kulturkontakten<br />
zwischen Sesshaften <strong>und</strong> Nichtsesshaften gelesen<br />
werden (Griechen/Römer Barbaren/Skythen/V<strong>and</strong>alen)<br />
<strong>und</strong> bekam nicht zuletzt durch spätmittelalterliche<br />
Eschatologie auch eine starke islamophobe Nuance.<br />
So betitelte Martin Luther etwa in vielen seiner<br />
Schriften die „Tattern“ als „räubisch Volk“ <strong>und</strong> „flagella<br />
et virga Dei" – Peitsche <strong>und</strong> Geißel Gottes.<br />
Die unterschiedlichen Tatarenbilder des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
in der DDR- <strong>und</strong> der BRD-Literatur wurden<br />
dann vor diesem historischen Hintergr<strong>und</strong> vorgestellt<br />
(DDR-Lyrik, Belletristik, Dissidenten-Literatur;<br />
BRD-Comics, GULAG-Literatur, Emigranten-,<br />
Heimkehrer- <strong>und</strong> Vertriebenenliteratur) <strong>und</strong> deren<br />
ideologische Instrumentalisierungen beleuchtet. Während<br />
diese Bilder zum größten Teil alte Rassismen,<br />
Vorurteile <strong>und</strong> xenophobe Imagina<strong>tionen</strong> der letzten<br />
Jahrh<strong>und</strong>erte reproduzieren <strong>und</strong> durch verschiedene<br />
ideologische Strömungen instrumentalisiert wurden,<br />
zeichnet sich in der deutschsprachigen Literatur seit<br />
dem Zusammenbruch der ´realsozialistischen` Regime<br />
Osteuropas ein W<strong>and</strong>el ab.<br />
Inwiefern <strong>und</strong> in welchen Medien negative Stereotype<br />
zu Tataren weiterhin tradiert werden <strong>und</strong> wie<br />
sich postsowjetische Migration auf das Bild des osteuropäischen<br />
Islam im Allgemeinen <strong>und</strong> der Tataren im<br />
Besonderen auswirkt, wird im zweiten Teil des Vortrages<br />
diskutiert.<br />
Marianus H<strong>und</strong>hammer (Bamberg): Transforma<strong>tionen</strong><br />
religiöser Tradi<strong>tionen</strong>: Die Musik der marokkanischen<br />
Gnāwa-Bruderschaft<br />
Fällt heutzutage der Begriff Gnāwa, werden damit<br />
meist marokkanische Musiker identifiziert, die einen<br />
wichtigen Beitrag zur World Music leisten. Gleichzeitig<br />
nimmt die Assoziation mit dem religiösen Feld,<br />
dem der ursprüngliche Kult der islamischen Bruder-<br />
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schaft der Gnāwa zuzuordnen ist, kontinuierlich ab.<br />
Diese Entwicklung ist vor allem der Ursache geschuldet,<br />
dass es in der jüngeren Vergangenheit zu mehrfachen<br />
Transforma<strong>tionen</strong> des sozialen <strong>und</strong> religiösen<br />
Status der Gnāwa <strong>und</strong> der Funktion ihrer Musik kam.<br />
Um diese Prozesse analysieren zu können, wird im<br />
Vortrag zunächst ein Überblick zur Geschichte <strong>und</strong><br />
der traditionell therapeutischen Funktion der Gnāwa-<br />
Musik gegeben. Der Hauptteil des Vortrags beschäftigt<br />
sich mit den Transforma<strong>tionen</strong> der Funktion der<br />
Gnāwa-Musik. Eine diachrone Darstellung dieser<br />
Entwicklung beschreibt zunächst die traditionelle<br />
Rolle des Kultes bis zur Phase der Dekolonisation <strong>und</strong><br />
Unabhängigkeit, die zu einer ersten Popularisierung<br />
der Gnāwa-Musik auf nationaler Ebene führte.<br />
Im Anschluss wird der Internationalisierung der<br />
Gnāwa-Musik durch Kontakt zu Jazz- <strong>und</strong> Rockmusik,<br />
aber auch durch den aufkommenden Tourismus<br />
ab den Sechzigerjahren besondere Aufmerksamkeit<br />
gewidmet. Ab diesem Zeitpunkt lässt sich ein Funktionsw<strong>and</strong>el<br />
von therapeutischen Zwecken über das Erreichen<br />
bewusstseinserweiternder Zustände bis zum<br />
Konsum zur reinen Unterhaltung in der Gegenwart<br />
beschreiben. Gleichzeitig wird der Blick auf die religiöse<br />
Tradition der Gnāwa gerichtet, für die diese<br />
Kräfte vor allem Entsakralisierung <strong>und</strong> Entislamisierung<br />
bedeuten.<br />
Den Abschluss des Vortrags bildete eine Betrachtung<br />
der Ware „Gnāwa-Musik“ auf dem globalen<br />
Markt als derzeit dynamischste Kraft in diesen Transformationsprozessen.<br />
Cemal Karakas (Frankfurt/M.): Inwieweit kann<br />
die Türkei ein „Modell“ bzw. „Leitbild“ für <strong>and</strong>ere<br />
muslimische Staaten sein?<br />
Prominente Politiker <strong>und</strong> Wissenschaftler in den<br />
USA, Deutschl<strong>and</strong> <strong>und</strong> der islamischen Welt sehen –<br />
nicht erst seit den jüngsten Umbrüchen in der MENA-<br />
Region – die muslimische, aber laizistische Türkei als<br />
ein „Modell“ bzw. „Leitbild“ für <strong>and</strong>ere muslimische<br />
Staaten an. Gleichwohl ist die Türkei von einem langjährigen<br />
Machtkampf zwischen den alten säkularkemalistischen<br />
Staatseliten <strong>und</strong> den neuen proislamischen<br />
Eliten um die demokratisch gewählte Gerechtigkeits-<br />
<strong>und</strong> Entwicklungspartei (AKP) von Premierminister<br />
Erdogan geprägt. Bei diesem Machtkampf<br />
geht es nicht nur um eine qualitative Vertiefung<br />
der türkischen Demokratie, sondern allgemein<br />
um die intrinsische <strong>und</strong> extrinsische Reformfähigkeit<br />
pro-islamischer Regierungsparteien auf der einen <strong>und</strong><br />
der kemalistischen Staatsideologie (<strong>und</strong> ihrer Sicherungsinstitu<strong>tionen</strong>)<br />
auf der <strong>and</strong>eren Seite.<br />
Die Rigidität der „Kemalistischen Trinität“ aus Republikanismus,<br />
Nationalismus <strong>und</strong> Laizismus ermöglicht<br />
einerseits zwar die intendierte kontrolliert politisch-soziale<br />
Inklusion islamisch bis islamistischer<br />
Parteien in das parlamentarische System der Türkei,<br />
begünstigt aber <strong>and</strong>ererseits auch eine nichtintendierte<br />
sukzessive Autoritarisierung der seit 2002<br />
allein regierende AKP. Im Ergebnis kommt es v.a. zu<br />
einer Perpetuierung der kemalistischen System- bzw.<br />
Demokratiedefekte in der Türkei, weswegen das L<strong>and</strong>