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4 Dissertationen und Habilita- tionen / Dissertations and Habilitations

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DISSERTATIONEN DISSERTATIONS<br />

Migrationsforschung geführt, darunter die Frage nach<br />

der Relevanz transnationaler Ehen als Indikator der<br />

zivilgesellschaftlichen Integration sowie die von<br />

Kelek <strong>und</strong> <strong>and</strong>eren Autoren angestoßene Debatte über<br />

„Zwangsehen“. Durch die präzise Analyse der ethnographischen<br />

Daten über die alawitischen Migranten in<br />

Deutschl<strong>and</strong> lassen sich viele der in den öffentlichen<br />

Medien verbreiteten Thesen zur Migration relativieren,<br />

wenn nicht gar ad absurdum führen.<br />

In diesem Zusammenhang werden auch die vielfältigen<br />

Integrationsleistungen diskutiert, welche die alawitischen<br />

Migranten gegenüber der deutschen Mehrheitsgesellschaft<br />

erbracht haben. Ebenso werden die<br />

Krisenerscheinungen <strong>und</strong> sozialen Konfliktpotentiale<br />

beschrieben, die sich aus den transnationalen Verflechtungen<br />

zwischen den Herkunftsregionen <strong>und</strong> den<br />

Migrationsräumen gerade während der letzten Jahre<br />

ergeben <strong>und</strong> eine zusätzliche Dynamik in Gang gesetzt<br />

haben, welche die Zukunft der alawitischen Gemeinschaft<br />

maßgeblich beeinflussen wird.<br />

Diese Arbeit wurde von der Frobenius-Gesellschaft<br />

mit dem Forschungsförderungspreis für herausragende<br />

ethnologische <strong>Disserta<strong>tionen</strong></strong> ausgezeichnet. Die Dissertation<br />

wurde 2010 im LIT Verlag in der Reihe<br />

„Comparative Anthropological Studies in Society,<br />

Cosmology <strong>and</strong> Politics“ veröffentlicht (273 S.).<br />

116<br />

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Carola Richter: Medienstrategien ägyptischer<br />

Islamisten im Kontext von Demokratisierung. –<br />

Abgeschlossene Dissertation eingereicht an der Universität<br />

Erfurt. Gutachter: Prof. Dr. Kai Hafez (Universität<br />

Erfurt) <strong>und</strong> Prof. Dr. Gudrun Krämer (FU<br />

Berlin).<br />

Das Forschungsinteresse der Dissertation gilt der<br />

Frage, ob Islamisten in Ägypten mittels spezifischer<br />

Kommunikationsstrategien einen Beitrag zur Demokratisierung<br />

in ihrem L<strong>and</strong> leisten können. Dieser<br />

Fragestellung liegt die Annahme zugr<strong>und</strong>e, dass Medien<br />

in Transformationsprozessen eine konstruktive<br />

Rolle spielen können, sowie die Annahme, dass Islamisten<br />

zumindest als „funktionale Demokraten“<br />

dabei helfen können, die für eine Demokratisierung<br />

nötige Pluralisierung der politischen L<strong>and</strong>schaft <strong>und</strong><br />

die Etablierung einer partizipativen politischen Kultur<br />

zu fördern.<br />

In einem theoretischen Teil wird zunächst erörtert,<br />

unter welchen systemischen Bedingungen Islamisten<br />

bis zum Umbruch 2011 in Ägypten überhaupt agieren<br />

konnten. Dabei wird den Fragen nachgegangen, welche<br />

Spielräume sie im politischen System <strong>und</strong> im<br />

Mediensystem haben <strong>und</strong> wie unter den autoritären<br />

Gegebenheiten Medien überhaupt Einfluss auf Gesellschaft<br />

<strong>und</strong> Politik nehmen <strong>und</strong> gegebenenfalls zu einer<br />

Demokratisierung beitragen können. Die Autorin<br />

entwickelt hierzu einen interdisziplinären Ansatz mit<br />

Rückgriffen auf die politikwissenschaftliche Transformationsforschung,<br />

Theorien der Forschung zu<br />

sozialen Bewegungen <strong>und</strong> kommunikationswissenschaftlichen<br />

Theorien.<br />

Mittels dieser theoretischen Verortung wird herausgearbeitet,<br />

dass Demokratisierungsforschung in der<br />

arabischen Welt als Untersuchung von Akteurspotential<br />

aufgefasst werden sollte, in spezifischen systemischen<br />

Kontexten aktiv zur Delegitimation von autoritären<br />

Regimes beizutragen. Es muss also darum gehen,<br />

das herrschende autoritäre System dahingehend<br />

aufzubrechen, dass seine Problemlagen <strong>und</strong> Fehlleistungen<br />

offenbar <strong>und</strong> Alternativen zu dieser Herrschaftsform<br />

sichtbar <strong>und</strong> wünschenswert werden. Die<br />

Arbeit argumentiert weiter, dass dazu konfliktfähige<br />

Akteure notwendig sind, die über ein hohes Maß an<br />

autonomen H<strong>and</strong>lungskapazitäten verfügen <strong>und</strong> entsprechende<br />

strukturelle Liberalisierung zu nutzen in<br />

der Lage sein müssen, um die Delegitimierung voranzutreiben.<br />

Im kommunikationswissenschaftlichen theoretischen<br />

Teil wird argumentiert, dass insbesondere die Resonanz<br />

der politischen Herausforderung in den Massenmedien<br />

durch einen solchen Akteur der Delegitimierung<br />

der herrschenden Politik <strong>und</strong> Strukturen dient. Es<br />

ist die öffentliche Thematisierung <strong>und</strong> die mediale<br />

Debatte, die breiten Schichten in der Gesellschaft zum<br />

einen die Legitimität der Delegitimierung von autoritären<br />

Eliten verdeutlichen <strong>und</strong> zum <strong>and</strong>eren H<strong>and</strong>lungsop<strong>tionen</strong><br />

für eine Änderung dieses Zust<strong>and</strong>s<br />

aufzeigen können. Die Berichterstattung über diese<br />

politischen Akteure <strong>und</strong> ihre Themen zwingt die autoritären<br />

Machthaber zur Ausein<strong>and</strong>ersetzung mit ihnen.<br />

Allerdings haben die Kontroll-, Einbindungs- <strong>und</strong><br />

Repressionsstrategien der autoritären Herrschaftselite<br />

im Medienbereich in Ägypten diese Resonanzerzeugung<br />

stark behindert. In den meisten arabischen Staaten<br />

hat sich gezeigt, dass eine flexible Anwendung<br />

von Liberalisierungs- <strong>und</strong> Deliberalisierungsmaßnahmen<br />

dazu beigetragen hat, die autoritären Strukturen<br />

beizubehalten <strong>und</strong> an die neuen Umstände anzupassen.<br />

Auch die Beschreibung der Entwicklungen im<br />

Mediensystem Ägyptens macht deutlich, dass ein<br />

Mehr an Fernsehkanälen <strong>und</strong> Printorganen die autoritären<br />

Strukturen nicht unmittelbar gefährden musste.<br />

Die aus den theoretischen Ansätzen <strong>und</strong> der Beschreibung<br />

der systemischen Bedingungen in Ägypten<br />

abgeleitete Operationalisierung des Demokratisie-

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