4 Dissertationen und Habilita- tionen / Dissertations and Habilitations
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REZENSIONEN BOOK REVIEW<br />
Zentrums in Herzliya, verhehlen nicht ihre Nähe zur<br />
politisch Rechten in ihrem L<strong>and</strong>.<br />
Die Europa-Orientierung der britischen Außenpolitik<br />
stellt nach ihrem Bef<strong>und</strong> politischen Dialog <strong>und</strong><br />
wirtschaftliches Engagement sowie ausgesprochene<br />
Zurückhaltung gegenüber dem Einsatz militärischer<br />
Gewalt in der Region voran, während die atlantische<br />
Orientierung gekennzeichnet ist von der Bereitschaft,<br />
Gewalt einzusetzen im Zusammenwirken mit den<br />
Vereinigten Staaten, um regionale Sicherheit zu garantieren<br />
(S. 283). Im Allgemeinen teilten die Vereinigten<br />
Staaten <strong>und</strong> die Europäische Gemeinschaft dieselben<br />
Interesse im Nahen Osten: politische Stabilität,<br />
wirtschaftliche Entwicklung <strong>und</strong> Begrenzung der<br />
Massenvernichtungswaffen; beide wollten Zugang<br />
zum Öl zu einem vernünftigen Preis <strong>und</strong> ein arabischisraelisches<br />
Abkommen (settlement). Beide stimmen<br />
auch in der Notwendigkeit überein, radikale politische<br />
<strong>und</strong> religiöse Kräfte im Zaum zu halten <strong>und</strong> die Bemühungen<br />
zur Abwehr des Terrorismus zu koordinieren.<br />
Sie unterscheiden sich jedoch in ihrem Vorgehen<br />
<strong>und</strong> den Mitteln, diese Ziele zu erreichen. Um diesen<br />
Unterschied zu charakterisieren, wird die Phrase des<br />
amerikanischen Neokonservativen Robert Kagan angeführt:<br />
“Amerikaner sind vom Mars, Europäer von<br />
der Venus.”<br />
Europäer <strong>und</strong> Amerikaner neigten auch zu unterschiedlichen<br />
St<strong>and</strong>punkten in der Frage, wem letzten<br />
Endes die Schuld zu geben sei am arabischisraelischen<br />
Konflikt: Die Vereinigten Staaten bew<strong>und</strong>erten<br />
Israel im allgemeinen als einen robusten<br />
Nationalstaat, der willens <strong>und</strong> fähig sei, Gewalt einzusetzen,<br />
um seine Interessen zu verteidigen, während<br />
eben dies einer der Hauptgründe der europäischen<br />
Animosität gegenüber Israel sei (S. 284). Bemerkenswerterweise<br />
fehlen in der Liste der Ziele beider<br />
Seiten im Nahen Osten erklärte westliche Werte wie<br />
Demokratisierung, Verbesserung der humanitären Lage,<br />
insbesondere der Frauen, <strong>und</strong> des Bildungswesens<br />
sowie Gerechtigkeit <strong>und</strong> rechtliche Gleichstellung aller<br />
Bürger ohne Ansehen religiöser oder ethnischer<br />
Zugehörigkeit. Ein unbeabsichtigtes Versehen der<br />
Verfasser?<br />
Gerade in der Liste fehlender westlicher Werte, die<br />
mit dem Westen zu teilen sich Israel rühmt, weist<br />
auch Israel Defizite auf, die den Verfassern nicht unbekannt<br />
sein dürften, auf die sie jedoch die Aufmerksamkeit<br />
ihres internationalen Publikums <strong>und</strong> ihrer Leser<br />
aus westlichen Ländern lieber nicht lenken wollen.<br />
Dass sie mit den radikalen politischen <strong>und</strong> religiösen<br />
Kräften, die im Zaum zu halten seien, nur diejenigen<br />
in der muslimischen Welt meinen, versteht sich von<br />
selbst. Von Frieden ist in ihrer Auflistung auch keine<br />
Rede, die Massenvernichtungswaffen sollen “begrenzt”,<br />
nicht eliminiert werden – haben die Autoren<br />
die israelischen Atomarsenale im Sinne, die, versteht<br />
sich, nicht auch nur eingeschränkt werden sollen. Der<br />
Nahe Osten als Zone frei von Massenvernichtungswaffen,<br />
wie er seit Jahren diskutiert <strong>und</strong> inzwischen<br />
auch von der amerikanischen Führung öffentlich verlangt<br />
wird, kommt bei Rynolds <strong>und</strong> Spyer nicht vor.<br />
Würden diese Maßstäbe von den westlichen Regie-<br />
184<br />
rungen ernstgenommen <strong>und</strong> an alle nahöstlichen Staaten<br />
gleichermaßen angelegt, müsste auch Israel ins<br />
Kreuzfeuer der Kritik geraten.<br />
Die Autoren bescheinigen Britannien, dass die “besonderen<br />
Beziehungen” zu den Vereinigten Staaten<br />
auch als eine Möglichkeit erschienen, in internationalen<br />
Konflikten “Schläge auszuteilen, die über das eigene<br />
Gewicht hinausgehen” (punch above its weight),<br />
<strong>und</strong> auf diese Weise seinen “intuitiven Geschmack”<br />
an “großer” Außenpolitik zu befriedigen. Versteht<br />
sich, dass im Irak-Krieg <strong>und</strong> in der Besatzung des<br />
L<strong>and</strong>es Britannien sich als der ergebene Verbündete<br />
der Vereinigten Staaten erwies (S. 286). Zugleich bescheinigen<br />
die Autoren Blair, der von einem Beobachter<br />
als Venus-Bewohner in der Kleidung eines<br />
Mars-Bewohners (a Venusian in Martian clothing)<br />
beschrieben worden ist, eine Verpflichtung zu internationalen<br />
Normen. Während er das Ziel verfolgte, Saddam<br />
Hussein von der Macht zu entfernen, habe er zugleich<br />
sicherstellen wollen, dass die Militäraktion unter<br />
Führung der Vereinigten Staaten den Stempel internationaler<br />
Legitimität trug <strong>und</strong> im Auftrag der internationalen<br />
Staatengemeinschaft erfolgte – ein<br />
St<strong>and</strong>punkt, der durch allmählich bekannt gewordene<br />
Regierungsdokumente längst in Frage gestellt wird.<br />
Ebenso wenig zutreffend erscheint der Blair zugeschriebene<br />
Einfluss in Washington, namentlich in der<br />
Frage der Regelung des arabisch-israelischen Konflikts<br />
(S. 288). Im Vorgehen gegen Iran führen die<br />
Verfasser Meinungsverschiedenheiten an: Während in<br />
Washington unter dem Motto von der “Achse des Bösen”<br />
Iran als abscheuliche Diktatur <strong>und</strong> Unruheschürer<br />
in der Region verurteilt wurde <strong>und</strong> der Plan<br />
eines Regimewechsels auch in Teheran “durchführbar”<br />
(feasible) erschien, erklärte Außenminister Straw<br />
Ende April 2003, ein solcher stehe nicht auf der Tagesordnung.<br />
“Ich könnte nicht kategorischer sein.” (S.<br />
289).<br />
Gegenüber dem arabisch-israelischen Konflikt sind<br />
die britischen Politiker gespalten zwischen Sympathie<br />
für Israel <strong>und</strong> für die arabische <strong>und</strong> palästinensische<br />
“Sache” – dass beide St<strong>and</strong>punkte mitein<strong>and</strong>er zu<br />
vereinbaren sind, dieser Gedanke geht den Verfassern<br />
offenbar ab. Blair sei bekannt für seine persönliche<br />
Sympathie für Israel, so schreiben sie, eine Orientierung,<br />
die durch die Tatsache verstärkt werde, dass einige<br />
seiner energischsten Gehilfen (strongest backers)<br />
prozionistische Angehörige der jüdischen Gemeinschaft<br />
seien. Blair habe einen dieser “Gehilfen”, Lord<br />
Levy, mit einer Rolle in Britanniens Beziehungen zu<br />
Israel <strong>und</strong> seinen arabischen Nachbarn betraut. Abneigung<br />
gegenüber Israel sehen die Autoren auf dem<br />
linken Flügel der Labour-Partei, darunter führende<br />
Persönlichkeiten wie die ehemaligen Minister Peter<br />
Hain, Claire Short <strong>und</strong> Robin Cook (S. 292). Die heftigste<br />
Kritik an Israel komme von der “harten Linken”,<br />
die, so beklagen Rynold <strong>und</strong> Spyer, eine “unheilige<br />
Allianz” mit radikalen Elementen der muslimischen<br />
Gemeinschaft in Britannien eingegangen sei.<br />
Der Regierung werfen die Verfasser den Staatsbesuch<br />
des syrischen Präsidenten Baschar al-Asad im<br />
Dezember 2002 vor, obwohl sein Regime palästinen-