4 Dissertationen und Habilita- tionen / Dissertations and Habilitations
4 Dissertationen und Habilita- tionen / Dissertations and Habilitations
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DISSERTATIONEN DISSERTATIONS<br />
wie die „Kriegsvergessenheit“ moniert wird, ein konfliktsoziologischer<br />
Analyserahmen entwickelt (Kapitel<br />
III), der die lokalen Ordnungen im Kontext regionaler<br />
Gewaltkonflikte im Nahen Osten erfassen <strong>und</strong> zugleich<br />
die nachfolgende empirische Untersuchung<br />
strukturieren kann. Zentral sind hierbei die vier Analysedimensionen<br />
lokaler Ordnungen, die aus Erkenntnissen<br />
der Herrschaftssoziologie sowie der soziologisch<br />
inspirierten Konfliktforschung abgeleitet werden:<br />
Während sich die Analysedimension Territorialität<br />
auf die räumlich-soziale Strukturierung der lokalen<br />
Ordnungen konzentriert, richtet die Dimension Sinnstiftung<br />
ihr Hauptaugenmerk auf die jeweils vorherrschenden<br />
Identitäten. Die Analysedimension Gewaltkontrolle<br />
nimmt die Formen der gewaltgestützten<br />
Dominanz der lokalen Ordnungen in den Blick <strong>und</strong><br />
die Dimension materielle Reproduktion konzentriert<br />
sich schließlich auf die spezifische Wirtschaftsstruktur<br />
der lokalen Ordnungen.<br />
Die fallbezogen-komparative Zielsetzung der Dissertation<br />
besteht in der detaillierten Untersuchung<br />
lokaler Ordnungen im Kontext regionaler Gewaltkonflikte<br />
im Nahen Osten – mit einem Schwerpunkt auf<br />
zwei lokalen Ordnungen in Jordanien als dem L<strong>and</strong><br />
zwischen Palästina <strong>und</strong> Irak: Der im Norden gelegenen,<br />
palästinensisch beeinflussten Hauptstadt <strong>und</strong><br />
Wirtschaftszentrum Amman wird als Kontrastfall die<br />
südjordanische, tribal geprägte Provinzstadt Ma’an<br />
gegenübergestellt. Vor dem Hintergr<strong>und</strong> von zwei<br />
Kapiteln zu Kriegs- <strong>und</strong> Konfliktdynamiken im Nahen<br />
Osten allgemein (Kapitel IV) sowie zur Strukturgeschichte<br />
<strong>und</strong> politischen Rahmenbedingungen in Jordanien<br />
(Kapitel V) liegt das Hauptaugenmerk auf den<br />
drei heuristischen Fallstudien zu Amman im Kontext<br />
des Palästinakonflikts (Kapitel VI.1), zu Amman im<br />
Kontext des Irakkriegs (Kapitel VI.2) sowie zu Ma’an<br />
im Kontext des Irakkriegs (Kapitel VI.3), die jeweils<br />
parallel entlang der vier Analysedimensionen lokaler<br />
Ordnungen strukturiert sind. An diese detaillierten<br />
Einzelfallstudien zur Binnendifferenzierung der lokalen<br />
Ordnungen im Kontext von Palästinakonflikt bzw.<br />
Irakkrieg, die auch auf Erkenntnissen aus zwei Feldforschungsaufenthalten<br />
im Mai/Juni 2006 <strong>und</strong> 2007<br />
<strong>und</strong> der Auswertung von 43 Interviews basieren,<br />
schließt sich noch ein Kapitel mit drei systematischen<br />
Vergleichsperspektiven an: zwischen Amman <strong>und</strong><br />
Ma’an, innerhalb Ammans sowie zwischen den Analysedimensionen<br />
(Kapitel VII).<br />
Die Ergebnisse der heuristischen Fallstudien zu<br />
Amman <strong>und</strong> Ma’an sowie zu den drei Vergleichsperspektiven<br />
rechtfertigen die in der Dissertation eingenommene<br />
Perspektivenverschiebung auf lokale Ordnungen<br />
im Kontext regionaler Gewaltkonflikte (Kapitel<br />
VIII). Jenseits neuer Erkenntnisse zu den Einzelfallstudien<br />
– z. B. für Amman im Kontext des Irakkriegs<br />
für die Analysedimensionen Territorialität<br />
(irakische Flüchtlinge), Gewaltkontrolle (gewaltbereite<br />
jihadi) <strong>und</strong> materielle Reproduktion (Investitions-<br />
<strong>und</strong> Bauboom) <strong>und</strong> somit eines eigenständigen Beitrags<br />
zur Jordanienforschung lassen sich aus den Fall-<br />
104<br />
vergleichen der Dissertation auch Hypothesen ableiten,<br />
die zukünftig auf <strong>and</strong>ere Untersuchungen übertragen<br />
werden könnten: Erstens zeigt sich, dass die lokale<br />
Ordnung der Hauptstadt deutlich stärker als diejenige<br />
in der südlichen Provinz von der Wirkungsintensität<br />
des Irakkriegs betroffen ist <strong>und</strong> dass die Ausein<strong>and</strong>erentwicklung<br />
der beiden lokalen Ordnungen<br />
über Zeit voranschreitet. Zukünftig sollte eine räumliche<br />
Differenzierung nach lokalen Ordnungen beibehalten,<br />
aber diese noch auf qualitativ ähnlichere Fallstudien<br />
ausgebreitet werden, um genauere Aussagen<br />
zwischen lokalen Ordnungen im Kontext des gleichen<br />
Gewaltkonflikts gewinnen zu können.<br />
Zweitens besteht die deutlich stärkste Wirkungsintensität<br />
von sowohl Palästinakonflikt als auch Irakkrieg<br />
auf die Analysedimension der Gewaltkontrolle<br />
der lokalen Ordnungen in Amman <strong>und</strong> Ma’an. Die<br />
hier sichtbar werdende Relevanz der Dimension Gewaltkontrolle<br />
unterstreicht eine wichtige Erkenntnis<br />
der Transitions- <strong>und</strong> Autoritarismusforschung: die<br />
Bedeutung der Kontrolle über die Gewaltmittel für die<br />
autoritäre Regimestabilität. Während die regimezentrierte<br />
Forschung bislang diesen Aspekt für die<br />
nationale Ebene nachgewiesen hat, unterstreicht der<br />
Fallstudienvergleich die Bedeutung für die lokalen<br />
Ordnungen im Kontext von Palästina <strong>und</strong> Irak. Zugleich<br />
wird hierdurch deutlich, dass zukünftig komparative<br />
Untersuchungen der national-lokalen Verflechtungszusammenhänge<br />
stärker in den Mittelpunkt der<br />
Forschungsagenda rücken sollten, die bis dato aufgr<strong>und</strong><br />
der in der Dissertation vorgenommenen, neuen<br />
Perspektivenverschiebung so nicht systematisch erfolgen<br />
konnte.<br />
Insgesamt hat die Untersuchung lokaler Ordnungen<br />
im Kontext regionaler Gewaltkonflikte gezeigt, dass<br />
empirische <strong>und</strong> komparative Analysen mit Bezug zum<br />
Nahen Osten auch Regionen übergreifende Debatten<br />
in der politikwissenschaftlichen Herrschaftsanalyse<br />
wie in der Konfliktforschung bereichern können. Diesen<br />
Weg gilt es zukünftig fortzusetzen.<br />
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Samuel M. Behloul: Die Ordnung der Religion.<br />
Religionsgeschichte <strong>und</strong> Religionsgegenwart in<br />
diskurstheoretischer Perspektive. – Abgeschlossene<br />
<strong>Habilita</strong>tion am Religionswissenschaftlichen Seminar,<br />
Kultur- <strong>und</strong> Sozialwissenschaftliche Fakultät, Universität<br />
Luzern. Erstgutachter Prof. Martin Baumann,<br />
Religionswissenschaftliches Seminar, Universität<br />
Luzern. Zweitgutachter: Prof. Antonius Liedhegener,<br />
Zentrum für Religion, Wirtschaft <strong>und</strong> Politik, Universität<br />
Luzern. Externer Gutachter: Prof. Christoph<br />
Bochinger, Lehrstuhl für Religionswissenschaft, Universität<br />
Bayreuth.<br />
Ausgehend vom spezifischen heilsgeschichtlichen<br />
Anspruch großer religiöser Traditionsgeflechte (Weltreligionen)<br />
verfolgte die Schrift zum einen das Ziel, in<br />
diachron-vergleichender Perspektive das Eingeb<strong>und</strong>ensein<br />
von Religion in die sich w<strong>and</strong>elnden religiös-