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4 Dissertationen und Habilita- tionen / Dissertations and Habilitations

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DISSERTATIONEN DISSERTATIONS<br />

vermochten, erscheint es in den untersuchten Artikeln<br />

der Zeitungen al-Hayat, Asharq Alawsat sowie al-<br />

Quds al-Arabi zumeist als unfähig, sich aus den postkolonialen<br />

Strukturen zu befreien. Auf diese Weisen<br />

wird eine scheinbar ausweglose Krise der Gegenwart<br />

gezeichnet – die jenseits des Weltbildes vom „Kampf<br />

der Kulturen“ á la Samuel Huntington liegt.<br />

Die hier herausgearbeiteten imaginativen Geographien<br />

liefern <strong>and</strong>ere Lesarten des politischen Geschehens<br />

als Huntington, sie (re)produzieren <strong>and</strong>ere Gesellschaftsverhält-nisse<br />

<strong>und</strong> rütteln damit an den F<strong>und</strong>amenten<br />

des Euro- <strong>und</strong> Westzentrismus, der<br />

Huntingtons Weltbild eingeschrieben ist. Jedoch dürfen<br />

sie nicht als „besser“ verst<strong>and</strong>en werden. Ebenso<br />

wie das Szenario vom „Kampf der Kulturen“ bringen<br />

sie als Konstruk<strong>tionen</strong> massenmedialer Diskurse der<br />

Bereiche Nachrichten, Berichterstattung <strong>und</strong> Meinung<br />

Negativität zum Ausdruck <strong>und</strong> simplifizieren, stereotypisieren<br />

<strong>und</strong> naturalisieren in starkem Maße. Daher<br />

ist es im Sinne eines poststrukturalistischen Ansatzes<br />

nun wichtig, auch diese imaginativen Geographien<br />

wieder aufzubrechen <strong>und</strong> nach Alternativen zu suchen.<br />

Für zukünftige Forschungsarbeiten, die an die vorliegende<br />

Studie anschließen, bedeutet dies v.a. zweierlei:<br />

Da hier der Fokus auf transnationale arabische Printmedien<br />

gelegt <strong>und</strong> ein Zeit-raum zwischen den Jahren<br />

2001 <strong>und</strong> 2006 analysiert wurde, wäre zunächst wichtig<br />

zu fragen, in welchen Öffentlichkeitsdiskursen <strong>und</strong><br />

zu welcher Zeit die krisenhafte <strong>und</strong> ausweglose<br />

(Post)Kolonialität außerdem (re)produziert wird.<br />

In welchen Medien <strong>und</strong> Foren <strong>und</strong> zu welchen Zeitpunkten<br />

erscheint sie als hegemonial? Zum Zweiten –<br />

<strong>und</strong> dies ist sehr viel wesentlicher – muss das Widerst<strong>and</strong>spotenzial<br />

aufgespürt werden, <strong>und</strong> zwar in Form<br />

eines Wider-st<strong>and</strong>s, der dem Eigenen Macht <strong>und</strong><br />

H<strong>and</strong>lungsmöglichkeiten im politischen Geschehen<br />

zuschreibt. Vor dem Hintergr<strong>und</strong> der politischen Umbrüche<br />

in den arabischen Staaten, die Ende des Jahres<br />

2010 einsetzten, gilt dies umso mehr. In welchen<br />

diskursiven Zusammenhängen zeigt sich der Widerst<strong>and</strong>,<br />

bricht aus den scheinbar ausweglosen<br />

(post)kolonialen Strukturen aus <strong>und</strong> sorgt für tiefer<br />

greifende Veränderungen, um nicht auf der Ebene des<br />

Vorwurfs <strong>und</strong> der Schuldzuweisung an die so genannten<br />

(post)kolonialen Aggressoren <strong>und</strong> Regime zu<br />

verweilen?<br />

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Jasmin Khosravie: Zabān-i Zanān – Die Stimme<br />

der Frauen. Leben <strong>und</strong> Werk von Ṣadīqa Daulatābādī<br />

(1882–1961). – Abgeschlossene Dissertation<br />

am Institut für Orient- <strong>und</strong> Asienwissenschaften (Abt.<br />

Islamwissenschaft), Rheinische Friedrich-Wilhelms-<br />

Universität Bonn. Betreuer: Prof. Dr. Birgitt Hoffmann<br />

<strong>und</strong> Prof. Dr. Stephan Conermann.<br />

Die Publizistin, Bildungsaktivistin <strong>und</strong> Feministin<br />

Ṣadīqa Daulatābādī (1882–1961) gilt als eine der<br />

bedeutendsten Figuren der frühen iranischen Frauenbewegung.<br />

Sie wurde Zeitzeugin tiefgreifender politi-<br />

scher <strong>und</strong> gesellschaftlicher Umbrüche, die sie aktiv<br />

verfolgte, mitgestaltete <strong>und</strong> öffentlich kommentierte.<br />

Engagiert arbeitete sie in unterschiedlichen Frauengesellschaften,<br />

gründete Mädchenschulen <strong>und</strong> setzte sich<br />

Zeit ihres Lebens gegen die soziale, rechtliche <strong>und</strong><br />

politische Benachteiligung von Frauen ein. Bekannt<br />

wurde Ṣadīqa Daulatābādī vor allem durch ihre erstmals<br />

1919 in Isfahan publizierte Frauenzeitung<br />

Zabān-i Zanān („Die Stimme der Frauen“), die gesellschaftliche<br />

<strong>und</strong> politische Missstände tabulos thematisierte.<br />

Zabān-i Zanān war nach zwei Teheraner Publika<strong>tionen</strong><br />

die erste Frauenzeitung außerhalb der Hauptstadt<br />

<strong>und</strong> unterschied sich vor allem durch ihre kontroverse<br />

Haltung, die neben lobender Zustimmung<br />

auch heftigen Widerst<strong>and</strong> hervorrief. Die resolute<br />

Daulatābādī ließ sich aber weder von ihren Kritikern<br />

noch von gewaltsamen Attacken <strong>und</strong> einem zwischenzeitlichen<br />

Publikationsverbot einschüchtern, <strong>und</strong> setzte<br />

ihre Arbeit fort.<br />

Erst mit ihrer Reise nach Europa 1923 stellt sie<br />

Zabān-i Zanān vorerst ein. Während ihrer vier Jahre<br />

im Ausl<strong>and</strong> lebt Ṣadīqa Daulatābādī kurzzeitig in der<br />

Schweiz <strong>und</strong> in Deutschl<strong>and</strong>, bevor sie nach Paris geht<br />

<strong>und</strong> ein Studium beginnt. Als dort 1926 der Frauenkongress<br />

der International Woman Suffrage Alliance<br />

stattfindet, nimmt sie als offizielle Repräsentantin<br />

Irans teil, spricht zu den versammelten Feministinnen<br />

<strong>und</strong> etabliert neue Kontakte. Mit einem Pädagogik-<br />

Diplom der Sorbonne im Gepäck kehrt sie ein Jahr<br />

später nach Teheran zurück <strong>und</strong> beginnt unter Riżā<br />

Šāh Pahlavī (reg. 1925-41) eine Karriere im Bildungsministerium<br />

als Verantwortliche für Mädchenschulen.<br />

Mitte der 1930er Jahre wird Ṣadīqa Daulatābādī an<br />

die Spitze der staatsfeministischen Einrichtung<br />

Kānūn-i Bānuvān („Club der Frauen“) berufen <strong>und</strong><br />

trägt mit dieser Organisation durch Bildungsinitiativen<br />

<strong>und</strong> Vorträge dazu bei, die modernistische Vision des<br />

Pahlavi-Regimes zu verbreiten. Kānūn-i Bānuvān<br />

spielte insbesondere in der Vorbereitung auf die<br />

Zwangsentschleierung von 1936 eine maßgebliche<br />

Rolle. Nach der Abdankung des Schahs 1941 publiziert<br />

Ṣadīqa Daulatābādī erneut Zabān-i Zanān in<br />

einem neuen politischen Klima. Angesichts neu auf-<br />

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