4 Dissertationen und Habilita- tionen / Dissertations and Habilitations
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REZENSIONEN BOOK REVIEW<br />
was sich im Fall von Tripp (2007) Islam <strong>and</strong> the Moral<br />
Economy deutlich zeigt.<br />
Im 1. Kapitel Islamic Finance in Theory <strong>and</strong> Practice<br />
gibt Warde einen Literaturüberblick <strong>und</strong> streift<br />
einige Aspekte des Images <strong>und</strong> der Wahrnehmung des<br />
IF. Dabei zeigt er, wie schwierig eine konzise Definition<br />
ist (p. 7). Er unterstreicht zwar, dass das IF ein<br />
junges Phänomen ist, das sich seit den 70ern des letzten<br />
Jahrh<strong>und</strong>erts entwickelt hat. Es fehlt aber der<br />
deutliche Hinweis auf die historische Wissenslücke,<br />
vor der wir stehen: zwischen den Angangszeiten des<br />
Islam <strong>und</strong> dem Kolonialismus, der einen deutlichen<br />
Einschnitt im Wirtschaftsleben mit sich brachte, ist<br />
der Grad der Islamizität der Wirtschaftspraxis kaum<br />
bekannt. Im 2. Kapitel Islam, Economics, Finance<br />
werden die Entwicklungen des IF erläutert, wobei viele<br />
westliche Referenzen genannt werden. In der Praxis<br />
der islamischen Welt stechen die detaillierten vertragsrechtlichen<br />
Schriften hervor (p. 36), während in<br />
der Theoriebildung Ibn Khaldun als einziger prominenter<br />
Vertreter dargestellt wird (p. 37).<br />
Im 3. Kapitel Ribā, Gharar <strong>and</strong> the Moral Economy<br />
werden die Verbote von Ribā, „Wucher“ <strong>und</strong> Ġarar<br />
„Risiko“ erläutert. Dabei erscheinen Koranstellen<br />
falsch nummeriert, so findet sich ein Ribā-Verbot im<br />
Koran in 4:161, nicht aber in 4:16 (p. 52). Im 4. Kapitel<br />
Evolution of the Modern Islamic Finance teilt<br />
Warde die Entwicklung des IF in drei Phasen ein, die<br />
durchaus plausible Schnitte haben <strong>und</strong> damit ein sinnvolle<br />
Arbeitsgr<strong>und</strong>lage darstellen: frühe Jahre von<br />
1975 bis zum Ende des Kalten Krieges 1991, in denen<br />
islamische Banken durch den Ölpreisboom entst<strong>and</strong>en<br />
sind, Globalisierung (1991-2001), die neue Produkte<br />
<strong>und</strong> islamische Filialen konventioneller Banken hervorbrachte<br />
sowie Post-September-2001, wobei durch<br />
die Hinwendung zum Islam, die durch den Antiterrorkrieg<br />
ausgelöst wird, das IF mehr Interesse in der islamischen<br />
Welt findet.<br />
Im 5. Kapitel Islamic Finance <strong>and</strong> the Global Political<br />
Economy werden pan-islamische <strong>und</strong> internationale<br />
Entwicklungen der Zeitgeschichte aufgezeigt,<br />
wobei Warde von westlichen St<strong>and</strong>punkten ausgeht.<br />
Es verw<strong>und</strong>ert daher nicht, dass Öl <strong>und</strong> Neoliberalismus<br />
als besondere Triebfedern des IF erscheinen. Im<br />
6. Kapitel Country Differences werden die politischen<br />
<strong>und</strong> islamwirtschaftlichen Entwicklungen in Pakistan,<br />
im Iran, im Sudan als Beispielländer einer „vollständigen<br />
Islamisierung“ (p. 114), in Malaysia als Sonderfall<br />
aufgr<strong>und</strong> seines dualen Bankwesens (p. 125) sowie<br />
in Bahrain, Singapore, Großbritannien <strong>und</strong> Hong<br />
Kong als „aufsteigende Drehscheiben des islamischen<br />
Finanzwesens“ (p. 131) dargelegt. Die globalen<br />
Brennpunkte sind damit sicherlich erfasst, aber ein<br />
regionaler Vergleich (Golfstaaten, Südostasien, Iran,<br />
Pakistan, Nordafrika, Türkei, westliche Welt) ist an<br />
dieser Stelle vorzuziehen.<br />
Im 7. Kapitel werden die häufigsten Instrumente<br />
<strong>und</strong> Transaktionsformen des IF sehr kompetent erläutert.<br />
Im 8. Kapitel Strategic, Managerial <strong>and</strong> Cultural<br />
Issues werden Rentabilität, soziale Verantwortung<br />
<strong>und</strong> Marketingaspekte besprochen, plötzlich erscheint<br />
das Bilanzblatt des Kuwait Finance House zu Ver-<br />
214<br />
gleichszwecken mit jenen konventioneller Banken,<br />
kulturelle Fragstellungen werden nur an der Oberfläche<br />
<strong>und</strong> anekdotenhaft beh<strong>and</strong>elt (p. 169), ohne dass<br />
hier eine Kulturtheorie bemüht wird. Im Fachbereich<br />
der Anthropological Economy hat sich sehr viel getan<br />
<strong>und</strong> damit ist eine geeignete Schnittstelle für dieses<br />
Kapitel vorh<strong>and</strong>en. Die aktuelle Finanzkrise, die sich<br />
2008 auftat, wird in einigen Zeilen sehr oberflächlich<br />
aufgegriffen (p. 173). Die Frage, ob in einer Wirtschaft,<br />
die islamischen Vorschriften folgt, derartige<br />
Krisen gar nicht erst auftreten können, wird nicht<br />
einmal aufgeworfen.<br />
Im 9. Kapitel Economic Issues: Islamic Finance <strong>and</strong><br />
Development werden Rolle <strong>und</strong> Funktion von Geld,<br />
die Mobilisierung von Ersparnissen, Islamische Kapitalmärkte,<br />
Projektfinanzierungen, Zakah <strong>und</strong> Mikrofinanzierungen<br />
angesprochen. Diese Themenbereiche<br />
bieten ein Forum für tiefergehende Diskussionen über<br />
die Leistungsfähigkeit des IF im Vergleich zum konventionellen<br />
System. Warde versäumt dies allerdings<br />
<strong>und</strong> übertrifft sich hier in seiner historischen Deskriptivität.<br />
Interessanter ist Kapitel 10 Regulatory Issues <strong>and</strong><br />
Challenges: Global Norms <strong>and</strong> Religious Constraints,<br />
das die Auswirkungen von Regulierungsmaßnahmen<br />
auf das IF zeigt. Kapitel 11 Islamic Finance <strong>and</strong> Politics:<br />
Guilt by Association überrascht mit der Anfangsfragestellung,<br />
ob Islamische Banken eine politische<br />
Agenda haben <strong>und</strong> den internationalen Terrorismus<br />
fördern. Beleuchtet werden dabei die Situa<strong>tionen</strong> in<br />
Saudi Arabien, in der Türkei, in Ägypten, im Sudan<br />
<strong>und</strong> in Indonesien. Der eigentlichen Fragestellung<br />
wird erst später nachgegangen, wobei die Entstehung<br />
des Feindbildes Islam auf westlicher Seite nachgezeichnet<br />
wird (p. 224). Der Zusammenhang mit den<br />
nationalen islamischen Ökonomien wird aber bis zum<br />
Schluss nicht deutlich. Besser wäre es gewesen, hier<br />
nach dem Zusammenhang von IF <strong>und</strong> Zielsetzungen<br />
nationaler Wirtschaftspolitiken zu fragen, was sich an<br />
dem Fallbeispiel Malaysia sehr gut zeigen lässt.<br />
Kapitel 12 Religious Issues <strong>and</strong> Challenges: Defining<br />
Islam <strong>and</strong> Interperting the Shariah zeigt die Rolle<br />
der Šari c ah Boards innerhalb der Finanzinstitu<strong>tionen</strong><br />
<strong>und</strong> Banken <strong>und</strong> verweist dabei auf die fehlende<br />
zentrale Autorität, was Raum für Interpreta<strong>tionen</strong> lässt<br />
<strong>und</strong> eine gewisse Vielfalt der Ansichten <strong>und</strong> Praktiken<br />
über die verschiedenen Länder hinweg garantiert.<br />
Hieran als auch an der mittlerweile umfangreichen<br />
Produktpalette wird deutlich, dass das IF keine monolithische<br />
Erscheinung ist, was Warde allerdings nur<br />
auf die Vielfalt der finanziellen Institu<strong>tionen</strong> (p. 1)<br />
bezieht.<br />
Isabel Knoerrich Aldabo, Malaysia<br />
� � �<br />
Yıldız, Kerim, Susan Breau (2010): The Kurdish<br />
Conflict. International Humanitarian Law <strong>and</strong><br />
Post-Conflict Mechanisms. – Routledge: London,<br />
New York, 354 S.