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4 Dissertationen und Habilita- tionen / Dissertations and Habilitations

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REZENSIONEN BOOK REVIEW<br />

<strong>tionen</strong> auf die wirtschaftliche Liberalisierung unter<br />

Rafsanjani <strong>und</strong> Khatami reagierte, <strong>und</strong> sich, wie am<br />

Beispiel der Arbeiter des Teheraner Wahed Busgesellschaft<br />

deutlich wird, auch in Selbstorganisation<br />

gegen Privatisierungen, Massenentlassungen, unsichere<br />

Beschäftigungsverhältnisse sowie für ein Streikrecht<br />

<strong>und</strong> gewerkschaftliche Vereinigungsfreiheit einsetzt.<br />

Insgesamt zeichnet der Autor das Bild einer sehr<br />

vielfältigen Bewegung, von der sich nur ein Teil<br />

Musawi oder Karrubi unterordnet, während <strong>and</strong>ere<br />

Kräfte immer radikalere Forderungen bis hin zu einem<br />

Systemwechsel stellen. Die auf Teheran <strong>und</strong> einige<br />

<strong>and</strong>ere Großstädte beschränkte Bewegung hat es<br />

jedoch nach Ansicht des Autors versäumt, ihr eigentliches<br />

Potential auszuschöpfen. Die Indifferenz der<br />

sogenannten Reformer <strong>und</strong> Teile ihrer Anhängerschaft<br />

gegenüber den Forderungen der Arbeiter <strong>und</strong><br />

die Dominanz politischer gegenüber sozialen Forderungen<br />

hätten dazu geführt, dass sich vor allem die<br />

Mittelschichten an den Protesten beteiligten, während<br />

die Unterschichten <strong>und</strong> die organisierten Arbeiter weder<br />

in nennenswerter Zahl an den Demonstra<strong>tionen</strong><br />

der „grünen Bewegung“ teilnahmen, noch zu Streiks<br />

aufriefen.<br />

Florian Bernhardt, Berlin<br />

188<br />

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Jafari, Peyman (2010): Der <strong>and</strong>ere Iran. Geschichte<br />

<strong>und</strong> Kultur von 1900 bis zur Gegenwart. – Aus<br />

dem Niederländischen von Waltraud Hüsmert. – C.H.<br />

Beck: München, 223 S.<br />

Peyman Jafari ist im Iran geboren. Er lebt im niederländischen<br />

Exil <strong>und</strong> arbeitet dort als Politikwissenschaftler<br />

beim „International Institute for Social History“<br />

in Amsterdam.<br />

In seinem aus dem Holländischen ins Deutsche<br />

übersetzten Werk „Der <strong>and</strong>ere Iran“ stellt er zunächst<br />

in den ersten beiden Kapiteln mehrere Tausend Jahre<br />

Geschichte, Kultur, Wirtschaft <strong>und</strong> Region des heutigen<br />

Iran zusammenfassend dar. (Kapitel 1: Vom Zoroastrismus<br />

zum Islam, Kapitel 2: Orient trifft Okzident)<br />

Sodann beginnt er die Geschichte des Irans in<br />

nahezu Jahres-Schritten darzustellen (Kapitel 3: Die<br />

Konstitutionelle Revolution (1905-1909), Kapitel 4:<br />

Autoritäre Modernisierung zwischen den Revolu<strong>tionen</strong><br />

(1909-1979), Kapitel 5: Die unerwartete Revolution<br />

(1979)). Danach geht er in den darauffolgenden<br />

vier Kapiteln auf die führenden Persönlichkeiten des<br />

Iran ein (Kapitel 6: Chomeini, Kapitel 7: Rafs<strong>and</strong>schani,<br />

Kapitel 8: Chatami, Kapitel 9: Ahmadinedschad)<br />

<strong>und</strong> beendet den letzten Kapitel (Kapitel 10)<br />

mit der Überschrift: „Der Anfang vom Ende“.<br />

Die Gliederung <strong>und</strong> die letzte Überschrift allein<br />

weisen noch nicht darauf hin, was am Iran aus seiner<br />

Sicht <strong>and</strong>ers ist bzw. von welchem <strong>and</strong>eren Iran er<br />

ausgeht.<br />

Peyman Jafari ist in seinem Werk bemüht zu verdeutlichen,<br />

dass „dem Islam“ im Iran nicht umfassend<br />

die erklärende „Rolle“ zukommt, welche ihm „im<br />

Westen“ zugewiesen wird. D.h. die Entwicklung im<br />

Iran ist aus seiner Sicht mehr als die Entwicklung aus<br />

dem Islam heraus geschuldet. Er versucht zur Erklärung<br />

der Komplexität des iranischen Gesellschafts-<br />

<strong>und</strong> Staatswesens weitere Faktoren als die Religion<br />

anzuführen. Sein Bemühen wird aus der Zielsetzung<br />

seines Buches verständlich, worin er seinen Beitrag<br />

zum „kleinen Ausschnitt aus dem universalen Erzählen<br />

vom Kampf der Menschen um Selbstbestimmung“<br />

einordnet (vgl. S. 13).<br />

Ausdrücklich aus politisch linker Perspektive versucht<br />

Jafari die Ereignisse des Staates, der Gesellschaft<br />

<strong>und</strong> Wirtschaft des Iran einem publizistisch interessierten<br />

Publikum nahe zu bringen.<br />

Sein Rückgriff auf Karl Marx verselbständigt den<br />

Kapitalismus („der Kapitalismus war … ein internationales<br />

System“) als ein System mit militärischer <strong>und</strong><br />

ökonomischer Gewalt über die ganze Welt. (vgl. S.<br />

35) Sein Ziel ist es darzustellen, dass es innerhalb des<br />

Irans Kräfte gab <strong>und</strong> gibt, die sich gegen den Kapitalismus<br />

<strong>und</strong> Imperialismus gewehrt haben <strong>und</strong> sich<br />

auch weiterhin wehren. Dabei gehört die USA zum<br />

Hauptvertreter des kapitalistischen <strong>und</strong> imperialistischen<br />

Systems. Was das System genau ausmacht, versucht<br />

er durch die Einflussnahme in die Innen-, Außen-<br />

<strong>und</strong> Wirtschaftspolitik des L<strong>and</strong>es zu belegen.<br />

Danach erscheint „der Kampf“ des Iran als ein Kampf<br />

um Selbstbestimmung.<br />

Das Werk ist in vielen Bereichen ungenau. In seinen<br />

Ausführungen fehlen vielerorts Defini<strong>tionen</strong> <strong>und</strong> Erklärungen<br />

wie z.B. wenn er über „die Portugiesen“,<br />

„die Russen“, „die Briten“ schreibt (vgl. u.a. S. 32).<br />

Die konkrete Benennung der Akteure fehlt. Wenn Akteure<br />

genannt werden wie die „Qadscharen“, dann<br />

fehlt eine Erklärung dazu, wie z.B. dahingehend, wer<br />

Qadscharen sind <strong>und</strong> was sie auszeichnet?<br />

Es fehlen Defini<strong>tionen</strong> <strong>und</strong> Erklärungen der einzelnen<br />

Begriffe wie „imperialistisch“ (was ist das?),<br />

„traumatisch“ (warum?), „dramatisch“ (weshalb?) in<br />

der Darstellung.<br />

Er leitet beispielsweise den Absatz „Die wirtschaftliche<br />

Entwicklung“ mit dem Satz ein: „Etwa zwischen<br />

dem Jahr 1000 <strong>und</strong> 1500 best<strong>and</strong> keine nennenswerte<br />

Kluft zwischen Westeuropa, dem Nahen <strong>und</strong> Mittleren<br />

Osten <strong>und</strong> China – drei Regionen, die rege H<strong>and</strong>elsbeziehungen<br />

unterhielten.“ (S. 33) Jafari geht<br />

nicht darauf ein, von welcher „Kluft“ hier die Rede

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