06.01.2013 Aufrufe

4 Dissertationen und Habilita- tionen / Dissertations and Habilitations

4 Dissertationen und Habilita- tionen / Dissertations and Habilitations

4 Dissertationen und Habilita- tionen / Dissertations and Habilitations

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

REZENSIONEN BOOK REVIEW<br />

Der institutionelle Rahmen des GKR ist nur in wenigen<br />

Fällen der Ort, an dem regionale Kooperation koordiniert<br />

wird. Die Einzelstaaten unterlaufen die Kooperation<br />

stets, wenn sie auf Kosten der <strong>and</strong>eren „zusätzliche<br />

interne Legitimation als ‚Reformer‘ <strong>und</strong> in<br />

Abgrenzung zu den weiteren GKR-Führungen zu erwerben“<br />

versuchen (S. 71).<br />

Die vorliegende Monographie liefert viele interessante<br />

Hypothesen über die Zusammenhänge von Legitimität<br />

auf verschiedenen Analyseebenen <strong>und</strong> regionale<br />

Kooperation. Es wäre sehr lohnend, in diesem<br />

originellen Forschungsfeld tiefer gehende Untersuchungen<br />

anzustellen, die etwa empirische Auswirkungen<br />

genauer nachzeichnen oder Möglichkeiten der<br />

Messung konzeptionalisieren. Mit ihrer Arbeit leistet<br />

Holthaus einen innovativen <strong>und</strong> wertvollen Beitrag<br />

zur Verknüpfung von politikwissenschaftlicher Beschäftigung<br />

mit Herrschaft auf nationalstaatlicher <strong>und</strong><br />

regionaler Ebene mit den internationalen Beziehungen,<br />

der nicht nur für den GKR relevant ist.<br />

Maria Josua, Tübingen<br />

� � �<br />

Javaher-Haghighi, Peyman (2011): Sehnsucht<br />

nach Freiheit. Aufstieg der Demokratiebewegung<br />

im Iran. – Unrast: Münster, 200 S.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der politischen Veränderungen in mehreren<br />

arabischen Staaten steht die Situation in Iran derzeit<br />

nicht mehr im gleichen Maß im Mittelpunkt öffentlichen<br />

Interesses wie noch in den Jahren 2009 <strong>und</strong><br />

2010. Für den an der Universität Hildesheim lehrenden<br />

Politikwissenschaftler Peyman Javaher-Haghighi<br />

bedeutet dies ein ernsthaftes Versäumnis, da das Potential<br />

für einen „demokratischen W<strong>and</strong>el“ dort in den<br />

vergangenen zwei Jahren weiter gewachsen sei <strong>und</strong><br />

die iranische Bevölkerung nun durch den Sturz der<br />

autoritären Herrscher in Nordafrika dazu ermutigt<br />

werde, ihre Proteste fortzuführen. Nicht allein die sich<br />

zuspitzende soziale Lage <strong>und</strong> die wachsende Kluft<br />

zwischen dem „staatlichen System“ <strong>und</strong> der Bevölkerung,<br />

sondern auch die zunehmenden Spannungen<br />

zwischen den verschiedenen Machtzentren innerhalb<br />

des Systems, wie dem Präsidenten <strong>und</strong> dem Revoluti-<br />

onsführer zeigten, dass Iran vor tiefgreifenden Veränderungen<br />

stehe.<br />

Zu Beginn von Javaher-Haghighis Arbeit steht ein<br />

kurzer Überblick über die wirtschaftliche, politische<br />

<strong>und</strong> gesellschaftliche Entwicklung des Iran. Daran anschließend<br />

erfolgt im zweiten Teil eine Schilderung<br />

der Präsidentschaftswahlen des Jahres 2009 sowie der<br />

Proteste gegen die offenk<strong>und</strong>ige Fälschung der Wahlergebnisse.<br />

Den Schwerpunkt der Darstellung bildet<br />

jedoch der dritte Teil mit seiner Untersuchung der sozialen<br />

<strong>und</strong> politischen Träger der Protestbewegung<br />

von 2009, zu deren wichtigsten Säulen der Autor die<br />

Studentenbewegung <strong>und</strong> die Frauenbewegung zählt.<br />

Das politische System Irans hätte in seiner Komplexität<br />

<strong>und</strong> Widersprüchlichkeit detaillierter <strong>und</strong> systematischer<br />

dargestellt werden können, vor allem da die<br />

vom Autor verwendeten Begriffe „Gottesstat“ <strong>und</strong><br />

„Theokratie“ nicht unumstritten sind. Der insgesamt<br />

überzeugende zweite Teil wird nur an einigen Stellen<br />

durch Polemiken getrübt, die offensichtlich der Sympathie<br />

des Autors für die Oppositionsbewegung geschuldet,<br />

jedoch einer wissenschaftlichen Darstellung<br />

nicht förderlich sind. So wird Ahmadinejad charakterisiert<br />

als „Konzentrat aller menschenverachtenden<br />

Eigenschaften, die unter jahrh<strong>und</strong>erterlanger Diktatur<br />

entstehen: kritikunfähig, lügnerisch, Doppelmoral<br />

pflegend, demagogisch, prinzipienlos, opportunistisch,<br />

brutal“.<br />

Die Gründe für Ahmadinejads Wahlsieg im Jahr<br />

2005, der viele ausländische Beobachter überraschte,<br />

werden jedoch nicht näher erläutert. Stattdessen wird<br />

auf die Manipulation auch dieser Wahlen verwiesen.<br />

Ausführlich geht Javaher-Haghighi dagegen auf die<br />

zunehmende Zensur <strong>und</strong> Repression während der ersten<br />

Amtszeit Ahmadinejads ein <strong>und</strong> thematisiert die<br />

verheerende Wirtschaftspolitik, die auf der Vergabe<br />

von Almosen beruhende Sozialpolitik sowie den in<br />

jenen Jahren zunehmenden Einfluss der Pasdaran in<br />

Politik <strong>und</strong> Wirtschaft, die diese immer mehr zu einem<br />

„Staat im Staat“ werden ließen. Mit Blick auf die<br />

Entwicklung seit den Wahlen im Jahr 2009 konstatiert<br />

der Autor eine tiefe Legitimationskrise des Systems,<br />

die die „altbewährten Spielregeln“ zwischen den verschiedenen<br />

Machtzentren der Islamischen Republik<br />

außer Kraft gesetzt habe, zu denen er Revolutionsführer<br />

Khamene’i, Präsident Ahmadinejad, aber auch die<br />

unterlegenen K<strong>and</strong>iaten Musawi <strong>und</strong> Karrubi zählt.<br />

Der dritte <strong>und</strong> ausführlichste Teil des Buches widmet<br />

sich der sozialen <strong>und</strong> politischen Basis der heterogenen<br />

Bewegung, die im Jahr 2009 versuchte, eine<br />

zweite Amtszeit Ahmadinejads zu verhindern, <strong>und</strong> die<br />

ihren Protest zum Teil bis heute fortsetzt. Er untersucht<br />

die unterschiedlichen Ansätze der Organisierung<br />

von Frauen im Kampf um ihre Teilhabe am öffentlichen<br />

Leben <strong>und</strong> die Verbesserung ihrer rechtlichen<br />

Situation sowie die vielfältigen Organisations-<br />

<strong>und</strong> Protestformen der Studentenbewegung, die allein<br />

aufgr<strong>und</strong> der großen Anzahl von Studierenden (gegenwärtig<br />

über 3,5 Millionen) eine gesellschaftlich relevante<br />

Kraft darstellt. Besondere Aufmerksamkeit<br />

widmet der Autor der Arbeiterbewegung, die seit dem<br />

Beginn der 1990er Jahre mit Streiks <strong>und</strong> <strong>and</strong>eren Ak-<br />

187

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!