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4 Dissertationen und Habilita- tionen / Dissertations and Habilitations

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DISSERTATIONEN DISSERTATIONS<br />

schichtsbildern entwickelt Kapitel 8, „Geschichte <strong>und</strong><br />

Identität“ (S. 382-415), darüber hinaus als Ergänzung<br />

zu den jeweils gruppentypischen Geschichtsbildern<br />

für jede untersuchungsrelevante Konfession ein holzschnittartiges<br />

konfessionstypisches Identitätskonstrukt<br />

(bzw. im Fall der sunnitischen Gruppe zwei), das auf<br />

den gruppenperspektivisch formulierten historischen<br />

Narrativen, Argumentationslinien <strong>und</strong> H<strong>and</strong>lungslogiken<br />

beruht, die in Kapitel 6 als gruppenverbindlich<br />

herausgefiltert <strong>und</strong> in allgemeiner Form formuliert<br />

werden konnten.<br />

Dabei wird es dem Leser bewusst überlassen, dem<br />

Autor in seinen Auffassungen <strong>und</strong> von ihm formulierten<br />

Identitätskonstrukten zu folgen, oder, aufgr<strong>und</strong> der<br />

transparenten Darstellung in Kapitel 6, zu eigenen<br />

abweichenden oder ergänzenden Schlüssen zu gelangen.<br />

Das Fazit der Dissertation (Kap. 9, S. 416-439) stellt<br />

jeweils die einzelnen Geschichts- <strong>und</strong> Identitätskonstrukte<br />

– wiederum analog zu den sechs Interviewfragen<br />

– tabellarisch gegenüber <strong>und</strong> zeigt auf, inwieweit<br />

die Geschichten <strong>und</strong> Identitäten der verschiedenen<br />

Gruppen kompatibel oder inkompatibel, sich gegenseitig<br />

ergänzend oder widersprechend, <strong>und</strong> schließlich<br />

der friedlichen Koexistenz der libanesischen Konfessionen<br />

förderlich oder hinderlich sind. Hierbei fällt<br />

besonders auf, dass die jeweiligen Geschichtsbilder<br />

allzu oft erstaunlich wenig vonein<strong>and</strong>er abweichen,<br />

<strong>und</strong> dass selbst die Motiva<strong>tionen</strong>, H<strong>and</strong>lungszwänge<br />

oder Interessen der jeweiligen historischen „Gegner“<br />

mit großem Verständnis – ja teilweise mit Anteilnahme<br />

– wahrgenommen <strong>und</strong> wiedergegeben werden. Die<br />

aus diesen relativ ähnlichen Geschichtsbildern jedoch<br />

gezogenen Schlüsse auf die eigenen Gruppenidentitäten<br />

unterscheiden sich umso mehr – teilweise in frappierender<br />

Weise – vonein<strong>and</strong>er. Eine Erkenntnis, die<br />

für das Verständnis der konfliktträchtigen libanesischen<br />

Geschichte <strong>und</strong> Gegenwart von durchaus großem<br />

Nutzen sein kann.<br />

102<br />

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Behrouz Alikhani: Institutionelle Ent-Demokratisierungsprozesse<br />

als Folge eines Nachhinkeffekts<br />

des sozialen Habitus am Beispiel der französischen,<br />

deutschen <strong>und</strong> iranischen Gesellschaft. – Abgeschlossene<br />

Dissertation am Institut für Soziologie der<br />

Leibniz Universität Hannover. Betreuer Prof. Dr.<br />

Dawud Gholamasad <strong>und</strong> Prof. Dr. Ingolf Ahlers.<br />

Bei der Dissertation h<strong>and</strong>elt es sich um eine empirisch-theoretisch<br />

vergleichende Untersuchung der<br />

Sozio- <strong>und</strong> Psychogenese des Scheiterns der „Zweiten<br />

Republik“ in Frankreich (1848-1852), der „Weimarer<br />

Republik“ in Deutschl<strong>and</strong> (1918-1933) <strong>und</strong> der „Konstitutionellen<br />

Monarchie“ im Iran (1906-1925). Die<br />

Strukturähnlichkeiten dieser Prozesse jenseits ihrer<br />

Gestaltunterschiede wurden begrifflich als „Institutionelle<br />

Ent-Demokratisierungsprozesse“ als Folge eines<br />

„Nachhinkeffekts des sozialen Habitus“ erfasst.<br />

Der Untersuchung lag ein prozesssoziologisches<br />

Demokratiemodell zugr<strong>und</strong>e. Die Stärke dieses Modells<br />

besteht darin, dass dabei nicht nur die „institutionelle“<br />

Dimension von Demokratisierungs- <strong>und</strong> Ent-<br />

Demokratisierungsprozessen berücksichtigt werden,<br />

sondern auch ihre „funktionalen“ <strong>und</strong> „habituellen“.<br />

Der Schwerpunkt liegt insbesondere auf der Untersuchung<br />

der Struktur der letzteren beiden Dimensionen,<br />

die von den dominanten Demokratietheorien derzeit<br />

relativ vernachlässigt werden, sowie auf dem Problem<br />

der Ungleichzeitigkeiten der Entwicklungen dieser<br />

drei Dimensionen.<br />

Bei allen drei Fallbeispielen ist aus einer prozesssoziologischen<br />

Perspektive zeitgleich mit einem vollzogenen<br />

Demokratisierungsschub auf der institutionellen<br />

Ebene ein „Nachhinkeffekt des sozialen Habitus“ der<br />

beteiligten Menschen zu verzeichnen. Insofern sind<br />

die anschließenden „institutionellen Ent-Demokratisierungsprozesse“<br />

als Funktion bestimmter „Habituszwänge“<br />

der in diese Prozesse involvierten Menschen<br />

zurückzuführen, die auf eine Wiederherstellung<br />

der vertrauten Funktionszusammenhänge auf „institutioneller“<br />

<strong>und</strong> „funktionaler“ Ebene hindrängen.<br />

Ausgangspunkt der Untersuchung ist eine kritische<br />

Würdigung der vor allem im Iran dominierenden Theorieansätze<br />

zur Erklärung der institutionellen Ent-<br />

Demokratisierung während der „konstitutionellen<br />

Monarchie“ als Folge einer erfolgreichen Revolution.<br />

Im ersten Kapitel wird exemplarisch auf den ideengeschichtlichen<br />

Theorieansatz von Javad Tabatabai, den<br />

historiographischen Ansatz von Mansoureh Ettehadieh<br />

<strong>und</strong> den soziologischen Ansatz von Homa Katouzian<br />

als bekannte VertreterInnen verschiedener humanwissenschaftlicher<br />

Disziplinen im Iran eingegangen.<br />

Durch eine kritische Einordnung <strong>und</strong> Interpretation<br />

dieser Ansätze wird der Leser einführend auf das<br />

zweite Kapitel vorbereitet, das die Darstellung des<br />

prozesssoziologischen Demokratiemodells <strong>und</strong> dessen<br />

theoretische Implika<strong>tionen</strong> umfasst.<br />

In der Untersuchung werden nicht nur vergleichend<br />

die raum-zeitlichen Dimensionen der institutionellen<br />

Ent-Demokratisierungsprozesse berücksichtigt, sondern<br />

auch ihre fünfte Dimension, also ihre symbolische,<br />

die sich auf Orientierungs-, Kommunikations-<br />

<strong>und</strong> Kontrollmittel sowohl der involvierten Menschen<br />

als Träger dieser Prozesse als auch deren Forscher

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