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4 Dissertationen und Habilita- tionen / Dissertations and Habilitations

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REZENSIONEN BOOK REVIEW<br />

nigen (insane) Angriff auf die unbewaffneten Schiffe.<br />

Mit patriotischem Stolz habe er von 1964 bis 1966 in<br />

der israelischen Armee gedient, die in jenen Tagen zu<br />

recht Israelische Verteidigungsstreitmacht genannt<br />

worden sei. In den vergangenen vier Jahrzehnten sei<br />

“meine Armee” jedoch zu einer brutalen Polizei einer<br />

wilden Kolonialmacht heruntergekommen. Die derzeitige<br />

israelische Regierung nannte er die am meisten<br />

rechts gerichtete <strong>und</strong> rassistischste in der Geschichte<br />

des L<strong>and</strong>es. Ihr Verhalten sei zunehmend irrational,<br />

<strong>und</strong> mit dem Befehl zu dem völlig unprovozierten<br />

Angriff auf unschuldige Zivilisten habe sie eine weitere<br />

“rote Linie” überschritten. “Die Komm<strong>and</strong>os<br />

verübten ein kaltblütiges Massaker.”<br />

Wolfgang Köhler, London<br />

� � �<br />

Tamcke, Martin, Arthur Manukyan (Hrsg.): Kulturbegegnungen<br />

zwischen Imagination <strong>und</strong> Realität.<br />

– Ergon Verlag: Würzburg, 2010, 195 S.<br />

Im zweiten B<strong>and</strong> der Reihe „Orthodoxie, Orient <strong>und</strong><br />

Europa“ versammeln die Herausgeber Martin Tamcke<br />

(Göttingen) <strong>und</strong> Arthur Manukyan (Göttingen) acht<br />

Beiträge, in denen aus den verschiedensten Perspektiven<br />

das komplexe Spannungsfeld zwischen Kulturbegegnungen,<br />

Erwartungen <strong>und</strong> Vorstellungen sowie<br />

tatsächlichen Realitäten aufgezeigt wird. Die dem<br />

Reisen innewohnende Problematik vorh<strong>and</strong>ener, oft<br />

unbewusster Erwartungen beim Reisenden, die in<br />

Verbindung mit dem vor Ort Erlebten <strong>und</strong> Gesehenen<br />

oftmals ein verzerrtes Bild erzeugen <strong>und</strong> Stereotypen<br />

festigen können, wurde insbesondere in Bezug auf<br />

Reisen in „den Orient“ ausführlich in der entsprechenden<br />

Literatur erörtert. Schon Edward Said widmete<br />

sich bei der Darlegung seines Orientalismus-<br />

Begriffes den (v.a. französischen <strong>und</strong> englischen)<br />

Reiseberichten des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts. Nicht nur auf die<br />

orientalische Welt, sondern auf das moderne Reisen<br />

allgemein bezog sich auch Hans-Magnus Enzensberger<br />

mit seinem vielzitierten Satz „Der Tourist zerstört,<br />

was er sucht, indem er es findet“.<br />

Im vorliegenden Sammelb<strong>and</strong> werden nun unter Berücksichtigung<br />

dieser möglichen Prägungen <strong>und</strong> Erwartungen<br />

die Wahrnehmung <strong>und</strong> die Darstellung des<br />

Wahrgenommenen von Akteuren untersucht, deren<br />

Perspektive bisher weitgehend unberücksichtigt blieb:<br />

So ist der erste Teil des B<strong>and</strong>es („Imagination <strong>und</strong><br />

Realität“) dem Blick auf die orientalische Welt <strong>und</strong><br />

die islamische Religion sowie deren Darstellung gewidmet.<br />

Martin Tamcke stellt im ersten Beitrag die<br />

Berichte deutscher Militärmediziner vor, die im Ersten<br />

Weltkrieg in Aleppo stationiert waren. Während<br />

in einem Reisebericht Aleppo als „Märchen“ bezeichnet<br />

wird, wird die Stadt im nächsten Bericht als<br />

„Bratpfanne des Teufels“ beschrieben, um nur zwei<br />

der zitierten Reiseberichte zu erwähnen. Tamcke<br />

kommt zu dem Schluss, dass in den vorliegenden Berichten<br />

ein „unauflösliches Gewebe von Imagination<br />

<strong>und</strong> Realität“ vorzufinden sei, das eben aufgr<strong>und</strong> der<br />

unterschiedlichen Vorbildung <strong>und</strong> der jeweiligen eigenen<br />

Verortung in der Welt zu sehr unterschiedlichen<br />

Darstellungen ein <strong>und</strong> desselben Ortes, in diesem<br />

Falle Aleppo, führen könnten.<br />

Der bei Tamcke erwähnte Aspekt der eigenen Verortung<br />

ist auch in den folgenden zwei Beiträgen von<br />

maßgeblicher Bedeutung, wenn – zunächst von<br />

Arthur Manukyan, dann von Christian Mauder (Göttingen)<br />

die Sicht der Herrenhuter Brüdergemeinde aus<br />

dem späten 18. Jahrh<strong>und</strong>ert auf den Islam rekonstruiert<br />

wird. Manukyan setzt sich ausführlich mit Konzepten<br />

von Heimat, Fremde <strong>und</strong> Grenzüberschreitungen<br />

ausein<strong>and</strong>er, bevor er u.a. die Kontakte der Herrenhuter<br />

mit den ägyptischen Kopten skizziert <strong>und</strong><br />

konstatiert, dass die zahlreichen Begegnungen dieser<br />

Glaubensgemeinschaft mit „den Anderen“ <strong>und</strong> deren<br />

Beschreibung auch dem Zweck diente, „sich in der<br />

Fremde beheimatet zu fühlen“. Gleichzeitig dienten<br />

die beschriebenen Mechanismen auch der Vorbereitung<br />

weiterer missionarischer Reisen in die Fremde.<br />

Der folgende Beitrag vertieft Manukyans Analyse<br />

durch eine eingehende Darstellung der Briefwechsel<br />

zwischen den Herrenhutern <strong>und</strong> den ägyptischen Kopten<br />

im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert, in dem Christian Mauder ein<br />

Überlegenheitsgefühl auf Seiten der Herrenhuter beobachtet.<br />

Der zweite Teil („Dialog“) eröffnet Einblicke in einen<br />

weiteren Blickwinkel, jenen der Orthodoxie. Zunächst<br />

widmet sich Wolfgang Reiss (Wien) in seinem<br />

hochinteressanten Beitrag mit aktuellem Bezug dem<br />

interreligiösen Dialog aus griechisch-orthodoxer Perspektive<br />

<strong>und</strong> stellt anfangs klar, dass es bis heute keine<br />

offizielle Stellungnahme von orthodoxer Seite hinsichtlich<br />

des eigenen Verhältnisses zu den nichtchristlichen<br />

Religionen gebe, was u.a. darauf zurückzuführen<br />

sei, dass es bisher kein panorthodoxes Konzil gegeben<br />

habe. Nach der Vorstellung zweier theologischer<br />

Ansätze zu einem solchen interreligiösen Dialog<br />

geht Reiss auf das Verhältnis der griechischorthodoxen<br />

Kirche zum Judentum ein, bevor er das<br />

Verhältnis zum Islam erörtert. Bezüglich des Judentums<br />

konstatiert Reiss u. a., dass die griechischorthodoxe<br />

Kirche nicht jene Notwendigkeit eines Dialogs<br />

bzw. einer Erneuerung des Verhältnisses zum<br />

Judentum sieht, wie es bei den westlichen Kirchen der<br />

Fall sei, während der Dialog mit dem Islam, dem sich<br />

die griechisch-orthodoxe Kirche in soziokultureller<br />

Hinsicht mitunter näher fühle als mit dem Westen,<br />

eher dem pragmatischen Ziel diene, das Zusammenle-<br />

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