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4 Dissertationen und Habilita- tionen / Dissertations and Habilitations

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DISSERTATIONEN DISSERTATIONS<br />

strebender feministischer Strömungen geraten jedoch<br />

sowohl ihre Zeitung als auch die Posi<strong>tionen</strong>, für die<br />

Daulatābādī selbst steht, zunehmend ins Abseits. Dennoch<br />

bleibt sie bis an ihr Lebensende eine aktive Protagonistin<br />

der Frauenbewegung <strong>und</strong> ist bis heute eine<br />

Ikone des iranischen Feminismus. Die Bewahrung<br />

ihres Andenkens unter Aktivistinnen heute zeigt sich<br />

etwa daran, dass seit 2005 am Internationalen Frauentag<br />

herausragende Bücher von bzw. über Frauen<br />

mit dem Ṣadīqa Daulatābādī-Buchpreis in Teheran<br />

ausgezeichnet werden.<br />

Die Dissertation begleitet den ereignisreichen Weg<br />

von Ṣadīqa Daulatābādī <strong>und</strong> beleuchtet ihr publizistisches<br />

Werk im Kontext seiner Zeit. Dabei fragt die<br />

Arbeit nach statischen <strong>und</strong> dynamischen Elementen in<br />

ihrer Konstruktion von Gender <strong>und</strong> Weiblichkeit, nach<br />

der (Selbst-)Verortung von Daulatābādī innerhalb der<br />

sich entwickelnden Frauenbewegung <strong>und</strong> dem Verhältnis<br />

zu bestimmten politischen <strong>und</strong> feministischen<br />

Diskursen. Damit einhergehend geht es um Fragen<br />

nach H<strong>and</strong>lungsspielräumen von Aktivistinnen <strong>und</strong><br />

Publizistinnen in jener Epoche sowie nach der Bedeutung<br />

<strong>und</strong> Funktion einer Zeitung wie Zabān-i Zanān<br />

für regionale <strong>und</strong> nationale Netzwerke von Frauen.<br />

Außerdem werden die Folgen von politischen Machtwechseln<br />

für die Lebenswelten von Frauen (<strong>und</strong> Männern)<br />

<strong>und</strong> die iranische Frauenbewegung insbesondere<br />

betrachtet <strong>und</strong> gefragt, ob bzw. wie die Babi-<br />

Affiliation von Ṣadīqa Daulatābādīs prominenter<br />

Gelehrtenfamilie für ihren Weg <strong>und</strong> ihre Arbeit eine<br />

Rolle gespielt hat.<br />

Der biographischen Zusammenschau <strong>und</strong> Analyse<br />

im Hauptteil ist eine umfangreiche historische Einführung<br />

vorangestellt, die anh<strong>and</strong> von Themen wie Arbeit,<br />

Bildung, Ges<strong>und</strong>heit & Sexualität sowie politischem<br />

Engagement & Protestkultur die heterogenen<br />

Lebenswelten qajarischer Frauen aufzeigt, <strong>und</strong> gemeinsam<br />

mit einem anschließenden Teil über das<br />

Verhältnis von Nation <strong>und</strong> Gender sowie die frühe<br />

iranische Frauenpresse die Basis für ein tieferes Verständnis<br />

der historischen Gegebenheiten liefern soll.<br />

Zugleich geht es hier darum, den Blick für die soziopolitischen<br />

Anliegen <strong>und</strong> die H<strong>and</strong>lungsmotiva<strong>tionen</strong><br />

früher Aktivistinnen zu schärfen.<br />

Die Quellengr<strong>und</strong>lage der Dissertation besteht aus<br />

einer Sammlung von Materialien über <strong>und</strong> von Ṣadīqa<br />

Daulatābādī, deren Originale im Amsterdamer International<br />

Institute of Social History archiviert sind.<br />

Eine Edition der Dokumente wurde 1998 von Afsaneh<br />

Najmabadi (Harvard) <strong>und</strong> Mahdokht Sanati, einer<br />

Nichte Daulatābādīs, vorgenommen. Es h<strong>and</strong>elt sich<br />

dabei um Zeitungsartikel, private <strong>und</strong> offizielle Korrespondenz,<br />

Reden, Erinnerungsliteratur von Fre<strong>und</strong>en<br />

<strong>und</strong> Familie, zahlreiche Fotos <strong>und</strong> literarische<br />

Werke von Ṣadīqa Daulatābādī. Vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />

der noch immer recht mageren Quellenlage weiblicher<br />

Zeugnisse aus jener Ära kommt dem Material eine<br />

besondere Bedeutung zu <strong>und</strong> ermöglicht so einen<br />

Beitrag zur Erforschung der frühen iranischen Frauenbewegung<br />

<strong>und</strong> einer ihrer prägenden Akteurinnen.<br />

112<br />

Elham Manea: The Arab State <strong>and</strong> Women’s<br />

Rights: The Trap of the Transitional State. – Abgeschlossene<br />

<strong>Habilita</strong>tion an der Universität Zürich,<br />

Philosophische Fakultät. Mentor: Prof. Dr. Dieter<br />

Roluff.<br />

Wissenschaftler, die Gender-Politik in arabischen<br />

Staaten untersuchen, sind über ein Phänomen verblüfft,<br />

das in allen arabischen Staaten mit Ausnahme<br />

von Tunesien <strong>und</strong> seit kurzem auch Marokko vorkommt:<br />

Die postkolonialen <strong>und</strong> neu entst<strong>and</strong>enen<br />

arabischen Staaten zögerten oft nicht, den Frauen das<br />

Stimm- <strong>und</strong> Wahlrecht zu verleihen, räumten ihnen<br />

aber nur sehr widerwillig Rechte ein, die das Privatleben<br />

der Frauen betreffen. Der moderne arabische Staat<br />

ist schon mehrmals davor zurückgeschreckt, die Gesetze<br />

über das familiäre Umfeld zu modernisieren.<br />

Das Familienrecht wird in arabischen Staaten Personenst<strong>and</strong>srecht<br />

genannt. Es trotzt der Modernisierung<br />

<strong>und</strong> wird immer noch von religiösen Gr<strong>und</strong>sätzen<br />

bestimmt. Warum ist dies so?<br />

Im Allgemeinen erhielten Frauen in arabischen Gesellschaften<br />

ihr Stimm- <strong>und</strong> Wahlrecht oft eher beiläufig.<br />

Die Ausnahmen sind Kuwait, welches das Frauenstimmrecht<br />

erst 2005 einführte, <strong>und</strong> Saudi-Arabien,<br />

das noch kein Frauenstimmrecht kennt. Ansonsten<br />

geschah es normalerweise problemlos. Arabische<br />

Länder benutzten eine von zwei Vorgehensweisen:<br />

a) In einigen arabischen Ländern erhielten die<br />

Frauen diese Rechte automatisch, als der nachkoloniale<br />

arabische Staat gegründet wurde <strong>und</strong> all seinen<br />

Bürgern das Stimm- <strong>und</strong> Wahlrecht zuerkannte.<br />

b) Andere Staaten führten es ein, wenn ihre Gesellschaft<br />

für einen solchen Schritt bereit schien.<br />

In beiden Fällen ist der Staat der Hauptakteur, der<br />

den Frauen das Stimmrecht ermöglicht. In den arabischen<br />

Ländern erhielten Frauen das Stimm- <strong>und</strong> Wahlrecht<br />

nicht infolge eines feministischen Kampfes. Im<br />

Gegenteil, diese Rechte wurden im wahrsten Sinne<br />

des Wortes vom Staat verliehen oder verweigert. Die<br />

Entscheidung erfolgte von oben nach unten.<br />

Andererseits unternahm derselbe arabische Staat,<br />

der den Frauen das Stimm- <strong>und</strong> Wahlrecht verlieh <strong>und</strong><br />

sie dadurch im öffentlichen Bereich wenigstens auf<br />

rechtlicher Ebene freier machte, keinen Versuch,<br />

betreffend des Privatlebens der Frauen gleichzuzie-

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