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4 Dissertationen und Habilita- tionen / Dissertations and Habilitations

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REZENSIONEN BOOK REVIEW<br />

Taliban <strong>und</strong> der weltumfassende Dschihad. In diesem<br />

Zusammenhang spielte Osama bin Laden, bis zu seinem<br />

Tod 2011 der international meistgesuchte Terrorist,<br />

mit seiner Organisation eine große Rolle. Unterstützt<br />

von seinem wohlhabenden Vater, hatte er sich<br />

bereits 1980 für den afghanischen Dschihad im<br />

Kampf um eine neue islamische Ummah rekrutieren<br />

lassen.<br />

„Das neue große Spiel“ beh<strong>and</strong>elt die Machtverhältnisse<br />

zwischen Diktaturen <strong>und</strong> Ölbaronen. F<strong>und</strong>iert<br />

wird die politische Entwicklung in Zentralasien, Russl<strong>and</strong>,<br />

Türkei <strong>und</strong> Israel erklärt. Weitere brisante Themen<br />

sind der internationale Kampf um Öl <strong>und</strong> die Rivalität<br />

zwischen Schiiten <strong>und</strong> Sunniten am Beispiel<br />

Iran <strong>und</strong> Saudi-Arabien. Ahmed Rashid wagt als Fazit<br />

einen Ausblick auf Afghanistans Zukunft. Er befürchtet<br />

das Schlimmste <strong>und</strong> prognostiziert, dass das Nachbarl<strong>and</strong><br />

Pakistan vor einer islamischen Revolution<br />

stehen <strong>und</strong> damit die gesamte Region weiter destabilisieren<br />

könnte.<br />

In der aktualisierten Ergänzung „Teil 4 – Der 11.<br />

September <strong>und</strong> die Taliban“ beschreibt der Autor Afghanistan<br />

am Vorabend der Terroranschläge. Ohne<br />

Afghanistan als Trainingslager <strong>und</strong> sicheres Rückzugsgebiet<br />

hätte Al-Qaida ihre Anschläge nicht über<br />

Jahre hinweg planen können. Das damalige Desinteresse<br />

des Westens an diesem L<strong>and</strong> hatte es den Taliban<br />

leicht gemacht, in Afghanistan ein solches Refugium<br />

für bis zu 3000 Gotteskrieger zu schaffen. Sie<br />

kämpften auf Seiten der Taliban, während sie gleichzeitig<br />

in ihren Heimatländern eigene politische Ziele<br />

verfolgten. Es ist keine Frage, die Anschläge des 11.<br />

September trafen den Westen mitten ins Herz, die Zeit<br />

der Unschuld seit dem Ende des Kalten Kriegs war<br />

mit einem Schlag vorbei: „Der Glaube, wir alle könnten<br />

unbehelligt von globalen politischen Bedrohungen<br />

leben, war zerstört.“ Präsident George W. Bush rief<br />

den nationalen Notst<strong>and</strong> aus, Amerika befände sich<br />

jetzt im Krieg gegen internationale Terroristen.<br />

Des weiteren analysiert Ahmed Rashid den steten<br />

Wiederaufstieg der Taliban. Er beendet seine Ausführungen<br />

mit aufrüttelnden Worten: „Die Taliban werden<br />

eine weltweite Bedrohung bleiben, solange die<br />

muslimischen Regierungen <strong>und</strong> der Westen den Extremismus<br />

nicht entschlossen bekämpfen <strong>und</strong> die Lösung<br />

der dringenden Probleme dieser Region – Armut,<br />

wirtschaftliche Misere, mangelnde Schulbildung<br />

<strong>und</strong> Arbeitslosigkeit – nur halbherzig oder gar nicht<br />

angehen. Ein umfassendes neues soziales <strong>und</strong> wirtschaftliches<br />

Entwicklungsprogramm ist nicht nur für<br />

Afghanistan, sondern auch für Pakistan <strong>und</strong> Zentralasien<br />

dringend nötig, wenn es eine langfristige Antwort<br />

auf die Bedrohung durch Taliban <strong>und</strong> Al-Qaida in der<br />

Region geben soll“.<br />

Ein inhaltsreicher Anhang von fast einh<strong>und</strong>ert Seiten<br />

bietet eine politische L<strong>and</strong>karte <strong>und</strong> eine Karte mit<br />

bestehenden <strong>und</strong> geplanten Öl- <strong>und</strong> Gas-Pipelines in<br />

Zentralasien. Anhang 1 zeigt Beispiele von Taliban-<br />

Verordnungen, Anhang 2 die Struktur der Taliban mit<br />

biografischen Kurzvorstellungen ihrer Befehlshaber.<br />

Eine ausführliche Chronologie der Bewegung als Anhang<br />

3 beginnt im April des Jahres 1992: „Afghanis-<br />

198<br />

tan <strong>und</strong> Kabul fallen an die Mudschaheddin, als Präsident<br />

Nadschibullah Zuflucht im UN-Lager in Kabul<br />

sucht“. Sie schließt mit dem 15. Oktober 2009: „Terroristen<br />

verüben in Lahore gleichzeitig drei Anschläge<br />

auf Mitarbeiter von Polizei <strong>und</strong> Geheimdienst“. – Anhang<br />

4 bringt Tabellen zu vorgeschlagenen Gas-<br />

Pipelines aus Turkmenistan 1996 <strong>und</strong> zur Gasproduktion<br />

in Turkmenistan sowie eine chronologisch geordnete<br />

Beschreibung des Konkurrenzkampfes um die<br />

Afghanistan-Pipeline. Ein Glossar afghanischer Begriffe,<br />

Literaturhinweise, Anmerkungen sowie ein<br />

Register sind die notwendigen Ergänzungen zur Arbeit.<br />

Nicht umsonst wird dieses hochinteressante, sorgfältig<br />

erarbeitete Buch in vielen Medien gerühmt; es ist<br />

heute noch aktuell, kaum ein Tag vergeht ohne Berichte<br />

aus der Region. Dank sei dem Autor <strong>und</strong> dem<br />

Verlag für den prof<strong>und</strong>en Einblick in das Geschehen<br />

<strong>und</strong> die Hintergründe in einem fernen L<strong>and</strong>, das uns<br />

durch den Einsatz deutscher Soldaten so nah geworden<br />

ist.<br />

Helga Walter-Joswig, Sommerach<br />

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Rohde, Achim (2010): State-Society Relations in<br />

Ba’thist Iraq, Facing Dictatorship. – Routledge:<br />

London, 255 p.<br />

Das Interesse am Irak ist mit dem Sturz des Bath-<br />

Regimes im Jahr 2003 sprunghaft angestiegen. Davon<br />

zeugt unter <strong>and</strong>erem eine stetig wachsende Zahl journalistischer<br />

<strong>und</strong> wissenschaftlicher Publika<strong>tionen</strong>.<br />

Viele dieser Arbeiten tendieren dazu, die politische<br />

<strong>und</strong> gesellschaftliche Entwicklung des Irak <strong>und</strong> sämtliche<br />

Konflikte des L<strong>and</strong>es seit den 20er Jahren vor<br />

dem Hintergr<strong>und</strong> einer angeblich immanenten Ausein<strong>and</strong>ersetzung<br />

zwischen Sunniten, Schiiten <strong>und</strong> Kurden<br />

zu erklären.<br />

Die Arbeit von Achim Rohde gehört ausdrücklich<br />

nicht zu dieser Kategorie von Veröffentlichungen.<br />

Ausgehend von der Frage „Welche Macht haben Diktatoren?“,<br />

geht er den Fragen nach, in welchem Ausmaß<br />

die Bath-Partei seit ihrer Machtübernahme im<br />

Jahr 1968 Staat <strong>und</strong> Gesellschaft durchdrungen <strong>und</strong><br />

dominiert hat, welche Position Saddam Hussein innerhalb<br />

des Systems innehatte <strong>und</strong> wie das Regime<br />

auf die zahlreichen Krisen reagierte, mit denen es im<br />

Laufe seiner Herrschaft konfrontiert war.<br />

Der Autor gibt zunächst einen umfassenden Überblick<br />

über die politische, soziale <strong>und</strong> ökonomische<br />

Entwicklung des Irak in den Jahren 1968-2003.<br />

Achim Rohdes Darstellung der ereignisreichen Geschichte<br />

des Irak <strong>und</strong> seine Analyse der ökonomischen,<br />

politischen <strong>und</strong> gesellschaftlichen Zusammenhänge<br />

sind ausgezeichnet recherchiert <strong>und</strong> basieren<br />

auf einer beeindruckenden Materiasammlung. In Abgrenzung<br />

zur weit verbreiteten Vorstellung von Saddam<br />

Husain als einem allmächtigen Diktator, der mit<br />

Hilfe seines Repressionsapparates den Irak bis 2003<br />

im eisernen Griff <strong>und</strong> unter totaler Kontrolle hielt,<br />

zeichnet Rohde die Konturen eines „polykratischen“,<br />

differenzierten <strong>und</strong> zunehmend fragmentierten Herr-

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