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4 Dissertationen und Habilita- tionen / Dissertations and Habilitations

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REZENSIONEN BOOK REVIEW<br />

leumdung einer bestimmten Gruppe wehren, über dieses<br />

Thema informieren wollen.<br />

Luay Radhan, Heidelberg<br />

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Schneiders, Thorsten (Hrsg. 2010): Islamverherrlichung<br />

– Wenn die Kritik zum Tabu wird. – VS<br />

Verlag für Sozialwissenschaften: Wiesbaden, 401 S.<br />

„In den Dialog treten heißt, eingestehen, dass auch<br />

der Andere Recht haben kann“ (Hans Georg Gadamer)<br />

mit diesem Zitat endet Haci-Halil Uslucan seinen<br />

Beitrag innerhalb des umfangreichen Sammelb<strong>and</strong>es<br />

von Gerald Schneiders. Auch in diesem B<strong>and</strong><br />

liest sich das „Who is Who“ der Islam- <strong>und</strong> Integrations-Gallionsfiguren<br />

Deutschl<strong>and</strong>s, wie etwa Katajun<br />

Amirpur, Hartmut Bobzin, Kemal Bozay, Rainer<br />

Brunner, Rabeya Müller u.a.<br />

Der gesamte B<strong>and</strong> ist aufgeteilt in drei große Kapitel:<br />

� Gr<strong>und</strong>lagen des theoretischen Diskurses,<br />

� Gegenwärtiger Umgang mit dem islamischen Erbe<br />

in Europa,<br />

� Verhalten <strong>und</strong> Eigendarstellung von Muslimen in<br />

Deutschl<strong>and</strong>.<br />

Ein Vierh<strong>und</strong>ertseitenwerk zu rezensieren stellt eine<br />

besondere Herausforderung dar, wenn die wissenschaftlich<br />

besonders wertvollen Erkenntnisse kurz<br />

<strong>und</strong> knapp dargestellt werden sollen. An dieser Stelle<br />

kann lediglich eine Auswahl aus den vielfältigen Erkenntnissen<br />

wiedergegeben werden.<br />

Wussten Sie, dass es drei Hauptansätze zur Interpretation<br />

der frühen Quellen zum Islam gibt? David Kiltz<br />

verdeutlicht dies mittels des traditionalistischen, des<br />

revisionistischen <strong>und</strong> des integrativen Ansatzes. (Vgl.<br />

S. 19 ff.) In seinem Beitrag „Schatten über den Anfängen<br />

– Was sagen frühe Quellen zum Islam über<br />

das aus, was wirklich war?“ geht er – vereinfacht ausgedrückt<br />

– drei Erklärungsansätzen früherer Quellen<br />

nach. Hierbei unterscheidet er innerislamische literarische<br />

Quellen, außerislamische literarische Quellen<br />

<strong>und</strong> Realien bzw. Inschriften <strong>und</strong> bildliche Darstellungen.<br />

Die „Traditionalisten“ in der islamischen Welt folgen<br />

nach Kiltz im Wesentlichen der innerislamischen<br />

Überlieferung, d.h. der Tradition. Dabei wird diese als<br />

weitgehend historisch korrekt angesehen. In der tradi-<br />

tionellen westlichen Islamwissenschaft werden nach<br />

Kiltz die klassischen islamischen Werke nach kritischer<br />

Sichtung ebenfalls als wesentliche Basis für die<br />

frühislamische Geschichte verwendet (vgl. S. 20). Zu<br />

den Vertretern der „klassischen Schule“ werden bspw.<br />

William Montgomery Watt <strong>und</strong> Rudi Paret gezählt.<br />

Im revisionistischen Ansatz werden die islamischen<br />

Prophetenbiographien <strong>und</strong> Erzählungen zu historischen<br />

Ereignissen als „heilsgeschichtliche“ Konstrukte<br />

abgelehnt. John Wansbrough, Patricia Crone <strong>und</strong><br />

Michael Cook werden hierbei zu den bekannten Vertretern<br />

dieser Richtung gezählt. Crone habe sogar versucht,<br />

ganz ohne traditionelle islamische Quellen eine<br />

Rekonstruktion der frühislamischen Geschichte vorzunehmen<br />

<strong>und</strong> sich dabei nur mit außerislamischen<br />

Quellen befasst (vgl. S. 21). Der vor allem bekannteste<br />

Vertreter der revisionistischen Richtung ist der Islamwissenschaftler<br />

Muhammad Sven Kalisch, der die<br />

Existenz des Propheten „Muhammad“ gemäß dieser<br />

Richtung negiert. Seiner Ansicht nach hat es den Propheten<br />

nicht gegeben (vgl. S. 21).<br />

Der dritte als „integrative“ Schule bezeichnete Ansatz<br />

erachtet die Herkunft des Propheten Muhammed<br />

aus Mekka als wahrscheinlich <strong>und</strong> versucht die verschiedenen<br />

Quellen zu harmonisieren. Hierbei soll der<br />

Blick „von außen“ helfen, den Koran nicht als historisch<br />

unmittelbar auswertbare Quelle zu sehen, sondern<br />

als literarisch-kodierte Aussage über seine Zeit<br />

<strong>und</strong> über seine Genese. Zu den Vertretern dieses Ansatzes<br />

werden u.a. Angelika Neuwirth, Gabriel Said<br />

Reynolds, Michael Cuypers etc. gezählt (vgl. S. 26).<br />

Im Beitrag von Felix Körner „Der Koran ist mehr<br />

als die Aufforderung, anständig zu sein. Hermeneutische<br />

Neuansätze zur historisch-kritischen Auslegung<br />

in der Türkei“ werden türkische Theologen <strong>und</strong> ihre<br />

historisch-kritische Schriftauslegung näher betrachtet<br />

(vgl. S. 29 ff.). Er versucht dies am Beispiel der Neuansätze<br />

von zwei türkischen Wissenschaftlern namens<br />

Mehmet Pacaci <strong>und</strong> Ömer Özsoy darzustellen. Beide<br />

haben beachtliche akademisch-theologische Karrieren.<br />

Mehmet Pacaci arbeitet im türkischen Staatsdienst<br />

als Religionsattaché in Washington D.C. <strong>und</strong><br />

Ömer Özsoy als Professor für Islamische Religion an<br />

der Universität Frankfurt. Körner konstatiert den beiden<br />

„ein hohes Maß an historisch-kritischem Denken“:<br />

Sie berücksichtigen u.a.<br />

� das Bezogenheitskriterium, d.h. der Koran ist kontextbezogen<br />

zu verstehen, auszulegen <strong>und</strong> zu rekonstruieren;<br />

� das Beschränktheitskriterium, d.h. der Koran kann<br />

hinsichtlich seiner Botschaft <strong>und</strong> Formulierung unterschiedlich<br />

verst<strong>and</strong>en werden. Damit ist ein Verständnis<br />

für die Beschränktheit von Formulierungen<br />

zu zeigen;<br />

� das Abst<strong>and</strong>s-Kriterium, d. h. Skepsis gegenüber der<br />

Verschriftlichung des Koran dahingehend zu zeigen,<br />

dass der Leser den Appell im Koran, die angestrebte<br />

Suggestion wie auch den Unterscheid zwischen<br />

zeitgenössischem <strong>und</strong> dem koranischen Arabisch<br />

bewusst <strong>und</strong> mit geschichtlichem Abst<strong>and</strong> versteht.<br />

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