Wissenschaftsphilosophie der Sozialwissenschaften - Open ...
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Billardkugeln anschaulich dargestellt worden. In <strong>der</strong> Kognitionswissenschaft ist das<br />
sogenannte Computermodell des Geistes einflussreich: Geistige Vorgänge werden<br />
mit den Prozessen in einem Computer verglichen. – Anschauliche Modelle können<br />
hilfreich sein, es ist aber stets wichtig, klarzustellen, welche Aspekte des Modells<br />
dazu dienen sollen, die von <strong>der</strong> Theorie gemeinte Sache darzustellen. Sonst kann es<br />
zu Missverständnissen kommen.<br />
8.3 Gütekriterien: logische Konsistenz, Gehalt, Einfachheit<br />
Gute Theorien sollen bestimmte Eigenschaften haben. Sie sollen zum einen möglichst<br />
gut mit den Tatsachen übereinstimmen, sie sollen die Wirklichkeit möglichst zufreffend<br />
darstellen. Theorien sollen zum an<strong>der</strong>en eine Reihe von Eigenschaften haben, die man<br />
bereits beurteilen kann, noch bevor man die Übereinstimmung mit den Tatsachen<br />
überprüft: logische Konsistenz, Informationsgehalt, Einfachheit.<br />
Jede rationale Argumentation setzt das Prinzip voraus, Wi<strong>der</strong>sprüche zwischen<br />
Aussagen zu vermeiden. Eine Menge von Aussagen ist logisch inkonsistent, wenn<br />
aus ihr irgendeine Aussage A und zugleich auch ihre Negation ¬A logisch ableitbar<br />
ist; ist dies nicht <strong>der</strong> Fall, gilt die Aussagenmenge als logisch konsistent. Die<br />
For<strong>der</strong>ung nach Wi<strong>der</strong>spruchsfreiheit o<strong>der</strong> logischer Konsistenz steht im Dienste <strong>der</strong><br />
Wahrheit einer Theorie. Zwar ist logische Konsistenz keine Garantie für die Wahrheit<br />
einer Theorie. Umgekehrt ist aber logische Inkonsistenz eine Garantie dafür, dass die<br />
Theorie falsch ist: Entwe<strong>der</strong> A, o<strong>der</strong> aber ¬A muss falsch sein. Daher enthält eine<br />
Theorie, in <strong>der</strong> sowohl A als auch Non-A vorkommt, auf jeden Fall eine falsche<br />
Aussage und ist somit als Ganzes falsch.<br />
Der Informationsgehalt (kurz Gehalt) einer Theorie T gibt den Reichtum an<br />
Information an, den T beinhaltet. Gehalt wird definiert als Menge aller potentiellen<br />
Beobachtungsaussagen, die durch T logisch ausgeschlossen werden. Dies macht man<br />
sich am besten zunächst an einer einzelnen allgemeinen Hypothese H klar. Der Gehalt<br />
<strong>der</strong> Aussage H „Alle Raben sind schwarz” besteht aus <strong>der</strong> Menge aller Aussagen<br />
<strong>der</strong> Form: „Dieses x ist ein Rabe, und x ist nicht schwarz”. Allgemein: Der Gehalt <strong>der</strong><br />
Hypothese „Alle A sind B” ist die Menge aller Aussagen <strong>der</strong> Form „x ist A und x ist<br />
nicht B”. Warum ist die Menge dieser Aussagen bestimmend für den Gehalt von H?<br />
Weil eine Hypothese, die mit vielen potentiellen Beobachtungen in Wi<strong>der</strong>spruch<br />
geraten kann, über alle diese Fälle (positiv) etwas aussagt, nämlich jeweils: „Wenn<br />
dieses x ein A ist, dann ist es auch ein B”. Immer wenn eine solche positive Aussage<br />
aus H folgt, gibt es auch den potentiellen Fall, dass dieses x ein A, aber kein B ist.<br />
Eine Hypothese, <strong>der</strong> keine Beobachtung wi<strong>der</strong>sprechen kann, sagt auch nichts aus,<br />
z.B.: Es wird regnen o<strong>der</strong> nicht regnen. Daher ist die Menge <strong>der</strong> von einer Hypothese<br />
ausgeschlossenen („verbotenen”) Beobachtungsaussagen ein Maß für den Gehalt.