Wissenschaftsphilosophie der Sozialwissenschaften - Open ...
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Wissenschaften gewisse Argumente und Urteile finden, die nicht nur mit dem<br />
jeweiligen Bereich, son<strong>der</strong>n mit Erkenntnis bzw. Erkenntnisgewinnung im<br />
Allgemeinen zu tun haben. So nimmt man z.B. sowohl in den Naturwissenschaften<br />
als auch in den <strong>Sozialwissenschaften</strong> Urteile <strong>der</strong> folgenden Art vor. Man sagt etwa,<br />
ein bestimmtes Argument sei gut o<strong>der</strong> schlecht, eine bestimmte Erklärung sei korrekt,<br />
eine bestimmte Theorie sei gut bestätigt. Hierbei wird offenbar davon ausgegangen,<br />
dass allen Beteiligten klar ist, was gute o<strong>der</strong> schlechte Argumente, korrekte Erklärungen,<br />
bestätigte Theorien usw. sind. Wenn man aber einen spezialisierten<br />
Wissenschaftler fragt, was denn unter guten versus schlechten Argumenten,<br />
Erklärungen, Theorien usw. zu verstehen ist, so kann er dies oft nicht genau<br />
angeben. Er kann vielleicht sagen, dass dies hier eine gute Erklärung und dies eine<br />
schlechte Theorie sei, und er kann dafür bestimmte Gründe angeben, aber die<br />
meisten Wissenschaftler haben sich nicht systematisch mit <strong>der</strong> allgemeinen Frage<br />
befasst, was die Gütekriterien einer Erklärung o<strong>der</strong> Theorie sind. Die <strong>Wissenschaftsphilosophie</strong><br />
stellt solche abstrakten Fragen: Welchen Gütekriterien muss eine<br />
wissenschaftliche Erklärung genügen? Wie geht man idealerweise vor, um<br />
herauszufinden, ob eine Theorie wahr o<strong>der</strong> falsch ist?<br />
Was gewinnt man, wenn man solche Fragen aufgeworfen und Antworten darauf<br />
studiert hat? Es wäre vermessen zu behaupten, dass man ohne<br />
<strong>Wissenschaftsphilosophie</strong> keine gute Wissenschaft machen könnte. Gute<br />
Wissenschaftler sind vermutlich auch dann gut, wenn sie keine<br />
<strong>Wissenschaftsphilosophie</strong> studieren. Allerdings kann man feststellen, dass viele<br />
geniale Forscher, wie z.B. Albert Einstein, eingehend über Fragen <strong>der</strong><br />
wissenschaftlichen Erkenntnis nachgedacht haben, in einer Weise, die ganz dem<br />
entspricht, was man heute als <strong>Wissenschaftsphilosophie</strong> bezeichnet.<br />
Man sollte als Wissenschaftsphilosoph nie versuchen, Fachwissenschaftler davon zu<br />
überzeugen, dass sie <strong>Wissenschaftsphilosophie</strong> unbedingt benötigen würden, um<br />
gute Fachwissenschaftler zu sein. Jedoch kann man ein Angebot machen.<br />
Ausgangspunkt ist hierbei, dass Wissenschaft immer irgendwelche Annahmen<br />
philosophischer Natur voraussetzt. Möglicherweise werden dies manche bestreiten<br />
wollen, aber in diesem Falle muss man nachdrücklich darauf bestehen, dass sie sich<br />
täuschen. Wir haben gesehen, dass jede Wissenschaft bestimmte spezielle Methoden<br />
verwendet sowie Kriterien, mit <strong>der</strong>en Hilfe die Ergebnisse bewertet werden (gute<br />
o<strong>der</strong> schlechte Erklärungen, Theorien usw.). Warum gerade diese Methoden und<br />
Kriterien und nicht an<strong>der</strong>e? Warum ist z.B. die Beobachtung in den<br />
Erfahrungswissenschaften überhaupt relevant? Könnten wir nicht das Beobachten ab<br />
sofort sein lassen, das eine Menge an „unliebsamen“ Daten produziert, die es den<br />
mit viel Mühe entwickelten Theorien schwer machen? Man hat nun die Möglichkeit,<br />
zu sagen, dass die Methoden und Kriterien eben Konventionen in <strong>der</strong> betreffenden<br />
Wissenschaft seien und dass man nicht gewillt sei, sie zu reflektieren: Physik,<br />
Psychologie usw. wird heute eben so gemacht; wer dies nicht akzeptiert, bekundet