Wissenschaftsphilosophie der Sozialwissenschaften - Open ...
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Messung <strong>der</strong> Einstellung gegenüber Japanern und Mexikanern. Eine solches Messinstrument<br />
umfasst Aufgaben <strong>der</strong> folgenden Art: Die zu testende Person liest eine<br />
Feststellung, etwa „In <strong>der</strong> Schule neben einem japanischen Jungen zu sitzen wäre für<br />
mich ...” Nun folgt eine Liste mit 5 Kategorien, von denen eine angekreuzt werden<br />
muss, etwa: 1) sehr unangenehm, 2) unangenehm, 3) we<strong>der</strong> angenehm noch<br />
unangenehm, 4) angenehm, 5) sehr angenehm. – Die Hälfte <strong>der</strong> untersuchten Jungen<br />
erhielten die Skalen zur Einstellung gegenüber Japanern am Anfang und die Skalen<br />
zur Einstellung gegenüber Mexikanern am Ende; bei <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Hälfte war es<br />
umgekehrt. Etwa in <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> Testsitzung wurde jedem klar, dass <strong>der</strong><br />
Theaterbesuch ausfallen würde, und die entsprechende Frustration stellte sich ein.<br />
Nach <strong>der</strong> Datenanalyse (einschließlich statistischem Signifikanztest) zeigte sich, dass<br />
die Jungen am Ende <strong>der</strong> frustrierenden Testsitzung eine negativere Einstellung<br />
gegenüber Japanern und Mexikanern äußerten als am Anfang. Die Theorie T wurde<br />
daher als bewährt angesehen. Die Ausgangsfrage wurde dahingehend beantwortet,<br />
dass es den vermuteten Mechanismus <strong>der</strong> Verschiebung von Aggression tatsächlich<br />
gibt.<br />
7.2 Operationalisierung und Hintergrundwissen<br />
Analysieren wir nun dieses Vorgehen mit den oben eingeführten Begriffen. Aus T<br />
wurde eine Prüfvorhersage P abgeleitet. P wurde als Ergebnis <strong>der</strong> Untersuchung<br />
akzeptiert. Damit hatte sich T bewährt. Wäre ¬P akzeptiert worden, hätte dies eine<br />
Falsifikation von T bedeutet.<br />
Schauen wir uns nun folgenden Punkt genauer an: Aus T wurde eine Prüfvorhersage<br />
P abgeleitet. Dies scheint eine unproblematische deduktiv-logische Angelegenheit zu<br />
sein. Aus „Alle Schwäne sind weiß” folgt eindeutig „Der nächste untersuchte<br />
Schwan ist weiß”. Aber wie ist es in Bezug auf die geschil<strong>der</strong>te Untersuchung? T<br />
besteht aus den beiden oben genannten Hypothesen, die von Frustration, Aggression<br />
und <strong>der</strong> Verschiebung von Aggression handeln. Was besagt P? Nun, wenn man es<br />
ganz genau nimmt, dann besagt P, dass am Ende <strong>der</strong> Testsitzung die angekreuzten<br />
Skalenwerte, die sich auf Mexikaner und Japaner bezogen, im Durchschnitt negativer<br />
ausfallen als am Anfang <strong>der</strong> Sitzung.<br />
Aber wie ist es dann möglich, dass P aus T deduktiv-logisch folgt? In T ist überhaupt<br />
keine Rede von einer Testsitzung und von Skalenwerten, und in P ist keine Rede von<br />
Frustration und Aggression. Unter diesen Umständen kann zwischen T und P allein<br />
kein logischer Zusammenhang bestehen. Und es besteht auch keiner. In Wirklichkeit<br />
kommt ein solcher Zusammenhang erst dadurch zustande, dass gewisse<br />
Hilfsannahmen stillschweigend hinzugenommen werden.