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Wissenschaftsphilosophie der Sozialwissenschaften - Open ...

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Wie steht es in dieser Hinsicht mit Werten? Wie kann man argumentieren, wenn jemand<br />

ein Werturteil nicht akzeptiert? Angenommen, jemand akzeptiert nicht, dass<br />

Wissenschaftler für die Verwendung ihrer angewandten Forschungsergebnisse mitverantwortlich<br />

sind. Hier besteht nicht, wie bei empirischen Fragen, die Möglichkeit<br />

zu sagen: Sieh nochmals genau hin. Sind Werturteile also willkürliche Festsetzungen,<br />

über die es eine rationale Diskussion nicht geben kann?<br />

Sie können nicht in gleicher Weise wie Tatsachenaussagen geprüft werden. Es ist<br />

aber dennoch möglich, sie zum Gegenstand <strong>der</strong> Argumentation zu machen, und insofern<br />

sind auch sie einer rationalen Diskussion zugänglich. Drei Möglichkeiten einer<br />

solchen Diskussion seien genannt:<br />

1) Manche Werturteile setzen Tatsachen voraus. Sie können daher kritisiert werden,<br />

indem man das implizite Tatsachenurteil in Frage stellt. Nehmen wir das Werturteil:<br />

Cyril Burt hat gegen eine Norm <strong>der</strong> Wissenschaft verstoßen, als er Daten zur<br />

Vererbung <strong>der</strong> Intelligenz fälschte. Sollte es sich einst herausstellen (<strong>der</strong>zeit sieht es<br />

nicht so aus), dass Burt gar keine Datenfälschungen begangen hat, so wäre dem<br />

Werturteil <strong>der</strong> Boden entzogen.<br />

2) Eine zweite Möglichkeit, gegen ein Werturteil zu argumentieren, besteht darin,<br />

einen Wi<strong>der</strong>spruch zu an<strong>der</strong>en Annahmen aufzuzeigen, die <strong>der</strong> Betreffende akzeptiert.<br />

Nehmen wir z.B. an, dass wir es mit einem überzeugten Pazifisten zu tun haben<br />

und dass es um die Frage geht, ob im Land X ein Militäreinsatz stattfinden soll. Er ist<br />

prinzipiell dagegen, darin besteht sein Werturteil, von dem wir fragen, wie man es<br />

kritisieren könnte. Wir argumentieren, dass aus bestimmten Annahmen, die kaum<br />

abgelehnt werden können, eine Konklusion folgt, die dem zur Diskussion stehenden<br />

Werturteil wi<strong>der</strong>spricht:<br />

Der Völkermord an einer sozialen Min<strong>der</strong>heit, <strong>der</strong> zur Zeit im Land x<br />

stattfindet, soll unterbunden werden.<br />

Dieser Völkermord kann nur durch ein militärisches Eingreifen von außen<br />

unterbunden werden.<br />

----------------------------------------------------------------------------------------------------------<br />

Es soll von außen militärisch eingegriffen werden.<br />

Es ist natürlich die Frage, ob <strong>der</strong> Gesprächspartner die zweite Prämisse, die Tatsachenaussage,<br />

akzeptieren wird. Vielleicht wird er es nicht. Dann ist dies <strong>der</strong> Ausgangspunkt<br />

für eine weitere Diskussion über eine Sachfrage. Wie diese ausgeht, ist<br />

nicht unser Thema. Unser Thema ist, ob über Werturteile eine rationale Argumentation<br />

stattfinden kann, und dies ist offenbar <strong>der</strong> Fall.

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