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Wissenschaftsphilosophie der Sozialwissenschaften - Open ...

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4. Die Ziele <strong>der</strong> Wissenschaft und das menschliche<br />

Erkenntnisvermögen<br />

4.1 Die Ziele <strong>der</strong> Wissenschaft<br />

Was über Erklärung, Vorhersage und Gestaltung gesagt wurde, eignet sich auch, um<br />

die Ziele <strong>der</strong> Grundlagenforschung, <strong>der</strong> angewandten Forschung und <strong>der</strong> beruflichen<br />

Praxis zu erläutern. Im Idealfall ist es so: Die Grundlagenforschung ist auf <strong>der</strong> Suche<br />

nach Gesetzen. Diese Suche ist zum einen Selbstzweck. Sie entspringt dem<br />

menschlichen Erkenntnisinteresse. Vieles, was die Wissenschaften herausgefunden<br />

haben, dient nicht zur Lösung praktischer Probleme, son<strong>der</strong>n hat seinen Wert nur<br />

darin, dass uns ermöglicht, die Welt zu verstehen. Zum an<strong>der</strong>en gibt es aber auch<br />

viele Entdeckungen <strong>der</strong> Grundlagenforschung, die sich bald o<strong>der</strong> nach einiger Zeit<br />

als praktisch nützlich erwiesen haben, obwohl niemand dies vorhersehen konnte.<br />

In Bezug auf die berufliche Praxis verhält es sich so: Wenn sie in einer Wissenschaft<br />

verankert ist, dann verfügt sie über einen Bestand an praktischem Wissen <strong>der</strong> oben<br />

dargelegten Form, das wie<strong>der</strong>um auf Gesetzen beruht. Diese Gesetze kommen zum<br />

Teil aus <strong>der</strong> Grundlagenforschung. Die menschliche Praxis auf verschiedenen<br />

Gebieten hat aber auch selbst Gesetze entdeckt, die dann später die<br />

Grundlagenforschung angeregt haben. Denken Sie z.B. daran, dass die Menschen,<br />

lange bevor es Wissenschaft im heutigen Sinne gab, ein Wissen darüber hatten, wie<br />

man Werkzeuge herstellt o<strong>der</strong> Pflanzen zur Heilung verwendet. Machen Sie sich hier<br />

nochmals klar, dass ein solches Wissen stets ein Wissen über Gesetze sein muss. Wenn<br />

man eine Handlung A ausführt, um dadurch ein Ziel B zu erreichen, so ergibt dies<br />

nur dann einen Sinn, wenn man Gründe für die Annahme hat, dass A zu B führt<br />

o<strong>der</strong> wenigstens etwas dazu beiträgt, dass es zu B kommt (z.B. die<br />

Wahrscheinlichkeit für B erhöht). Hat man keine Gründe dafür, einen gesetzmäßigen<br />

Zusammenhang (wenigstens einen probabilistischen) zwischen A und B<br />

anzunehmen, dann kann man die Ausführung <strong>der</strong> Handlung A ebenso gut lassen<br />

bzw. A wäre dann lediglich ein Ausprobieren ohne jegliche Sachkenntnis. Was man<br />

„Sachkenntnis” nennt, ist eben in erster Linie eine Kenntnis gesetzmäßiger<br />

Zusammenhänge.<br />

Die angewandten Wissenschaften stehen zwischen Grundlagenforschung und<br />

beruflicher Praxis. Die Gesetze, mit denen sich die Grundlagenforschung befasst,<br />

sind oft von den praktischen Problemen so weit entfernt, dass zunächst niemand zu<br />

sagen vermag, wie man sie zur Lösung dieser Probleme nutzen könnte. Die<br />

angewandten Wissenschaften suchen nach solchen Gesetzen, die den praktischen<br />

Problemen näher stehen. Bei dieser Suche nutzen sie das, was die<br />

Grundlagenforschung bereits entdeckt hat.

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