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Wissenschaftsphilosophie der Sozialwissenschaften - Open ...

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Die Betonung <strong>der</strong> Falsifikation als Kriterium echter Wissenschaft hat zu dem<br />

Missverständnis geführt, dass es nach dieser Lehre nicht mehr um die Wahrheit von<br />

Gesetzeshypothesen ginge. Tatsächlich geht es aber nach wie vor in erster Linie um<br />

die Wahrheit. Nur wird die Verifikation aufgegeben, <strong>der</strong> sichere Wahrheitsnachweis,<br />

nicht dagegen die Wahrheit selbst als Zielsetzung. Dies ist erläuterungsbedürftig.<br />

Die deduktive Logik erlaubt den folgenden Schluss nicht:<br />

H → P<br />

P<br />

---------<br />

H<br />

Die Beobachtungsaussage P rechtfertigt es nicht, auf die Wahrheit von H zu<br />

schließen. Dies ist das Resultat <strong>der</strong> Kritik an <strong>der</strong> Induktion. Jedoch lässt das<br />

hypothetisch-deduktive Verfahren zu, eine Hypothese vorläufig für wahr zu halten.<br />

Wenn eine Hypothese ihren ersten empirischen Test bestanden hat, gilt sie als<br />

bewährt. Mit jedem weiteren bestandenen Test steigt <strong>der</strong> Grad <strong>der</strong> Bewährung an.<br />

Hierbei ist es so, dass bloße Wie<strong>der</strong>holungen gleichartiger empirischer Prüfversuche<br />

<strong>der</strong> Hypothese einen geringeren Zuwachs an Bewährung erbringen als neuartige<br />

Prüfversuche, d.h. Tests <strong>der</strong> Hypothese in einer bislang noch nicht erprobten<br />

Anwendungssituation.<br />

Wahrheit und Bewährung stehen in folgendem Zusammenhang: Je höher <strong>der</strong> Grad<br />

<strong>der</strong> Bewährung ist, desto gerechtfertigter ist es, die betreffende Hypothese vorläufig für<br />

wahr zu halten.<br />

Allerdings können noch so viele bestandene Tests die Hypothese niemals als sicher<br />

wahr erweisen. Gewissheit gibt es nach dieser Auffassung nicht. Alle Aussagen <strong>der</strong><br />

Wissenschaft (und natürlich auch außerhalb <strong>der</strong> Wissenschaft) gelten als<br />

grundsätzlich fehlbar und revidierbar. Selbst wenn sich eine Annahme bis heute<br />

hochgradig bewährt hat, könnte sie dennoch in einem künftigen Test falsifiziert<br />

werden. Diese Einstellung, die jeden Anspruch auf Gewissheit aufgibt und bei je<strong>der</strong><br />

Aussage in Rechnung stellt, dass sie vielleicht einmal revidiert werden muss,<br />

bezeichnet man als Fallibilismus.<br />

Auch <strong>der</strong> Fallibilismus wird oft missverstanden, z.B. im Sinne <strong>der</strong> Aussage, alle<br />

Theorien <strong>der</strong> Wissenschaft seien falsch. Aber fehlbar heißt nicht falsch. Die Aussagen<br />

<strong>der</strong> Wissenschaft könnten alle wahr sein, aber dies würde an ihrer Fehlbarkeit nichts<br />

än<strong>der</strong>n. Fehlbarkeit drückt aus, dass wir die Wahrheit nicht garantieren können, was<br />

offen lässt, ob eine Aussage tatsächlich wahr o<strong>der</strong> falsch ist. An die Stelle <strong>der</strong>

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