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Wissenschaftsphilosophie der Sozialwissenschaften - Open ...

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Wahrheitsgarantie tritt die Bewährung. Sie erlaubt nur das vorläufige Fürwahrhalten.<br />

Beachten Sie auch, dass Fehlbarkeit nicht bedeutet, dass man die Aussagen <strong>der</strong><br />

Wissenschaft als eher zweifelhaft ansehen soll. Manche Theorien sind in höchstem<br />

Grade bewährt, also alles an<strong>der</strong>e als „zweifelhaft” im üblichen Sinne des Wortes.<br />

Wenn dennoch darauf bestanden wird, dass sie fehlbar sind, so ist gemeint, dass<br />

man sich trotz dieser hohen Bewährung davor hüten sollte, sie als für alle Zeiten<br />

gesichert und unhinterfragbar zu erklären.<br />

Dieses Bild von <strong>der</strong> Wissenschaft weicht von dem üblichen ab. Es ist ein altes und<br />

noch heute verbreitetes Vorurteil, dass die Wissenschaften ihre Aussagen „beweisen”<br />

könnten, wobei unter Beweis hierbei eine Art <strong>der</strong> Begründung verstanden wird, die<br />

es ausschließt, dass etwas „Bewiesenes” später falsifiziert werden könnte. In<br />

Wirklichkeit kann die Wissenschaft aber nur Bewährung erreichen, und diese kann<br />

nicht vor eventuellen späteren Falsifikationen bewahren.<br />

Im Hinblick auf den Erkenntnisfortschritt sind Falsifikationen von großer Bedeutung:<br />

Sie weisen den Weg, wie es in <strong>der</strong> Forschung weiter gehen soll. Die durch<br />

Falsifikation ausgeschalteten Theorien markieren sozusagen die Irrwege bei dem<br />

Versuch, neue, bessere Theorien zu entwerfen. Erinnern Sie sich, wie Semmelweis<br />

eine Hypothese nach <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en ausschaltete, bis er schließlich eine fand, die sich<br />

bewährte.<br />

Die vorgestellte Lehre von <strong>der</strong> hypothetisch-deduktiven Vorgehensweise umfasst<br />

mehrere Annahmen und Regeln. Fassen wir sie zusammen:<br />

1) An eine empirisch-wissenschaftliche Hypothese (bzw. Theorie) wird die<br />

Anfor<strong>der</strong>ung gestellt, dass sie anhand von Beobachtungen falsifizierbar ist.<br />

2) An ein empirisch-wissenschaftliches Vorgehen wird die Anfor<strong>der</strong>ung gestellt,<br />

dass die vorgeschlagenen Hypothesen (Theorien) ernstgemeinten Prüfversuchen<br />

ausgesetzt werden.<br />

3) Wird als Ergebnis eines Prüfversuchs die aus H abgeleitete Prüfvorhersage P<br />

verworfen, und hält dieses Resultat <strong>der</strong> Kontrolle auf Beobachtungsfehler stand,<br />

dann gilt H als falsifiziert.<br />

4) Wenn eine Hypothese einen Prüfversuch besteht, gilt sie als bewährt. Der Grad<br />

<strong>der</strong> Bewährung steigt mit <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> bestandenen Prüfversuche, wobei<br />

neuartige Prüfversuche einen größeren Zuwachs an Bewährung erbringen als<br />

Wie<strong>der</strong>holungen alter.<br />

5) Je höher <strong>der</strong> Grad <strong>der</strong> Bewährung einer Hypothese ist, desto gerechtfertigter ist<br />

es, sie vorläufig für wahr zu halten.<br />

6) Es gibt keine Möglichkeit, für wissenschaftliche Aussagen eine Wahrheitsgarantie<br />

zu erreichen. Auch bei hoher Bewährung bleiben sie fehlbar und revidierbar.

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