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Wissenschaftsphilosophie der Sozialwissenschaften - Open ...

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- 30 -<br />

Prüfungsangst stets und ohne Ausnahme die Prüfungsleistung vermin<strong>der</strong>t. Stellen<br />

Sie sich vor, was es bedeuten würde, wenn (2) deterministisch aufgefasst würde.<br />

Dies würde implizieren, dass Inge, die hohe Prüfungsangst hat, in <strong>der</strong> betreffenden<br />

Prüfung garantiert schlechter abschneidet als Hans, <strong>der</strong> mittlere Prüfungsangst hat.<br />

So stimmt es auf keinen Fall. Es könnte zahllose Faktoren geben, die einem solchen<br />

Resultat entgegenwirken. Z.B. könnte Inge viel besser vorbereitet sein als Hans, o<strong>der</strong><br />

Hans könnte am Prüfungstag in beson<strong>der</strong>s schlechter Verfassung sein, Hans könnte<br />

abgelenkt sein, weil er verliebt ist, o<strong>der</strong> er könnte plötzlich asthmatische<br />

Beschwerden bekommen. Kurz, B ist bei Aussage (2) noch von vielen an<strong>der</strong>en<br />

Faktoren abhängig als von A, und diese könnten zur Folge haben, dass B nicht<br />

eintritt, obwohl A realisiert war.<br />

Die Gesetzesaussage (2) macht daher nur Sinn, wenn sie etwa folgen<strong>der</strong>maßen<br />

verstanden wird: Wenn die Prüfungsangst von x hoch ist, und wenn alles an<strong>der</strong>e, das<br />

die Prüfungsleistung ebenfalls beeinflussen kann, unverän<strong>der</strong>t bleibt, dann wird die<br />

Prüfungsleistung von x niedriger sein, als wenn die Prüfungsangst niedrig o<strong>der</strong><br />

mittelmäßig ist.<br />

Für die Wendung „alles an<strong>der</strong>e bleibt unverän<strong>der</strong>t” benutzt man meist den<br />

Ausdruck „ceteris paribus”. Wir sagen dafür im Folgenden kurz CP. Damit können<br />

wir die ursprüngliche Aussage folgen<strong>der</strong>maßen präzisieren:<br />

Für alle Personen x gilt CP: Wenn x große Prüfungsangst hat, dann vermin<strong>der</strong>t dies<br />

die Prüfungsleistung von x.<br />

In wissenschaftlichen Texten werden Sie allerdings den Ausdruck CP selten finden.<br />

Sie müssen ihn sich hinzudenken, wenn Sie eine Aussage vor sich haben, die<br />

unmöglich als deterministische Aussage gemeint sein kann, son<strong>der</strong>n nur als CP-<br />

Aussage Sinn macht.<br />

Es gibt noch eine an<strong>der</strong>e Möglichkeit, <strong>der</strong> Tatsache Rechnung zu tragen, dass ein<br />

Zusammenhang zwischen zwei Sachverhalten A und B nicht ausnahmslos besteht.<br />

Man kann von dem Begriff <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeit Gebrauch machen und eine<br />

probabilistische Aussage (auch statistische Aussage genannt) formulieren. Betrachten<br />

wir nochmals folgende deterministisch formulierte Aussage von oben:<br />

Für alle Personen x: Wenn x frustriert wird, dann reagiert x mit Aggression.<br />

Es wurde schon festgestellt, dass dies nicht stimmt. Stattdessen könnten wir nun<br />

sagen:<br />

Für alle Personen x: Wenn x frustriert wird, dann reagiert x mit hoher<br />

Wahrscheinlichkeit aggressiv.<br />

„Hohe Wahrscheinlichkeit” heißt soviel, wie dass die Wahrscheinlichkeit nahe bei 1<br />

liegt. Tatsächlich ist es aber in den Humanwissenschaften so, dass man selten einen<br />

so engen Zusammenhang zwischen zwei Ereignissen A und B nachweisen kann. Oft

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