Wissenschaftsphilosophie der Sozialwissenschaften - Open ...
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Bedingung 2: Eine Gesetzesaussage ist notwendig, weil eine bloße allgemeine Aussage<br />
nicht zu einer Erklärung führt. Betrachten Sie folgendes Beispiel:<br />
Peter befindet sich in diesem Hörsaal.<br />
Alle Personen, die jetzt in diesem Hörsaal sind, sind heute mit dem Auto zur<br />
Uni gefahren.<br />
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Peter ist heute mit dem Auto zur Uni gefahren.<br />
Logisch ist dies korrekt. Was unter dem Strich steht, folgt logisch aus dem, was über<br />
dem Strich steht. Und doch würde niemand behaupten wollen, dass man Letzteres<br />
so erklären kann. Warum nicht? Weil wir den Eindruck haben, dass die hier<br />
verwendete allgemeine Aussage, selbst wenn sie wahr ist, nur zufällig wahr ist. Es<br />
mag zutreffen, dass alle Personen, die jetzt in diesem Hörsaal sind, heute mit dem<br />
Auto zur Uni gefahren sind. Aber es muss nicht zutreffen. Gesetzesaussagen sind<br />
dagegen, falls sie wahr sind, notwendigerweise wahr. Sie sagen aus, dass B eintreten<br />
musste, wenn A <strong>der</strong> Fall war. Und erst dann stellt sich <strong>der</strong> Eindruck ein, dass B<br />
wirklich erklärt worden ist.<br />
Gesetzesaussagen sind allgemeine Aussagen, aber nicht jede allgemeine Aussage ist<br />
eine Gesetzesaussage. Es ist allerdings eine schwierige und bis heute nicht zur vollen<br />
Zufriedenheit beantwortete Frage, was genau eine Aussage zu einer gesetzesartigen<br />
o<strong>der</strong> nomologischen Aussage macht. Hier soll nur soviel betont werden, dass zur<br />
Gesetzesartigkeit erstens die unbeschränkte Allgemeinheit gehört. Eine<br />
Gesetzesaussage bezieht sich auf alle Gegenstände o<strong>der</strong> Individuen einer bestimmten<br />
Art, z.B. auf alle Metallgegenstände, alle Säugetiere, alle Menschen, alle arbeitslosen<br />
Erwachsenen, je nachdem, von was die Rede ist. Es kann sich um eine sehr spezielle<br />
Klasse von Gegenständen o<strong>der</strong> Individuen handeln, aber über die Elemente x dieser<br />
Klasse sagt dann die Gesetzesaussage: „Immer und überall wenn auf ein x die Bedingung<br />
A zutrifft, dann trifft auf x auch B zu.”<br />
Zweitens haben Gesetzesaussagen die Eigenart, dass sie sogenannte kontrafaktische<br />
Konditionalaussagen stützen können. Dieser Begriff klingt kompliziert, es ist aber<br />
etwas sehr Einfaches gemeint. Man kann eine allgemeine Aussage einem bestimmten<br />
gedanklichen Test unterziehen und an dem Ergebnis sehen, ob sie als eine<br />
Gesetzesaussage gemeint ist. Sie fragen Folgendes. Angenommen, in einem<br />
konkreten Einzelfall trifft Bedingung A nicht zu. Würde dann gelten: Wenn in<br />
diesem konkreten Fall A eintreten würde, dann würde auch B eintreten. Würde z.B.<br />
gelten: Wenn dieser Mensch jetzt Knollenblätterpilze essen würde (A), dann würde<br />
er Vergiftungserscheinungen bekommen (B). Die Antwort lautet ja, daher ist die<br />
Aussage, die behauptet, dass A stets zu B führt, als Gesetzesaussage gemeint.