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Wissenschaftsphilosophie der Sozialwissenschaften - Open ...

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Physiologie. Ein Standardbeispiel für die Erklärung von Gesetzen durch<br />

fundamentalere Gesetze ist die klassische Mechanik. Newton kannte das Fallgesetz<br />

von Galilei, wonach ein frei fallen<strong>der</strong> Körper eine konstante Beschleunigung erfährt.<br />

Er kannte auch die von Johannes Kepler entdeckten Planetengesetze und wusste<br />

daher, dass sich die Planeten auf Ellipsen um die Sonne bewegen (1. Keplersches<br />

Gesetz). Er wollte erklären, warum Gegenstände so fallen, wie es das Fallgesetz<br />

beschreibt und warum Planetenbahnen Ellipsen sind. Mit Hilfe seiner<br />

Bewegungsgesetze (das zweite davon lautet: „Kraft gleich Masse mal Beschleunigung”)<br />

und dem Gravitationsgesetz kann man das Fallgesetz und die Keplerschen<br />

Gesetze erklären. Die Newtonschen Gesetze haben die älteren Gesetze nicht nur<br />

erklärt, son<strong>der</strong>n zugleich etwas korrigiert. Man konnte nun erkennen, dass die<br />

älteren Gesetze nur annäherungsweise stimmen, nur innerhalb gewisser Grenzen.<br />

Das Fallgesetz gilt z.B. nur in Erdnähe, und selbst da nur approximativ. Dies kommt<br />

in <strong>der</strong> Wissenschaft oft vor: Die alten Gesetze werden, wenn man sie zu erklären<br />

versucht, ein wenig korrigiert.<br />

Die erklärenden Gesetze sind in einem gewissen Sinne fundamentaler o<strong>der</strong> tieferliegend<br />

als die erklärten. Sie sagen etwas über die Mechanismen, die dem zugrunde liegen,<br />

was man als Gesetz schon kannte. Oft handeln die erklärenden Gesetze von einer<br />

mikroskopischen Ebene. Es ist natürlich relativ, was die jeweils grundlegen<strong>der</strong>e<br />

Ebene ist. Bei dem Beispiel mit <strong>der</strong> Pilzvergiftung begibt man sich bei <strong>der</strong> Erklärung<br />

auf die Ebene <strong>der</strong> biochemischen Vorgänge. Für Newton war die grundlegen<strong>der</strong>e<br />

Ebene die <strong>der</strong> Gravitationskraft, die den schon bekannten Bewegungen physischer<br />

Körper zugrunde liegt.<br />

Auch in den Wissenschaften sucht man oft nach bereits bekannten Gesetzen, um eine<br />

Erklärungsfrage zu beantworten. In <strong>der</strong> Wissenschaft geht es aber oft auch um die<br />

Entdeckung neuer, noch grundlegen<strong>der</strong>er Gesetze. Daher wird ein Erklärungsproblem<br />

es oft erfor<strong>der</strong>n, dass man ganz neue Gesetzeshypothesen entwirft. Damit liegt<br />

dann zunächst eine potentielle Erklärung vor, da die neuen Gesetzeshypothesen noch<br />

empirisch geprüft werden müssen.<br />

2.3 Erklärung, Vorhersage, Gestaltung: Ähnlichkeiten und<br />

Unterschiede<br />

Die Art <strong>der</strong> Problemstellung, um die es bei Erklärungen geht, ist <strong>der</strong>jenigen ähnlich,<br />

die bei Problemen <strong>der</strong> Vorhersage (Prognosen) und Gestaltung vorliegt. Bei<br />

Vorhersageproblemen hat man das Interesse, bereits jetzt zu wissen, welche<br />

Ereignisse zu einem zukünftigen Zeitpunkt eintreten werden. Man will z.B. wissen,<br />

ob die Arbeitslosigkeit im Frühjahr zurückgehen wird, ob eine neue Unterrichtsmethode<br />

funktionieren wird usw. Ein Gestaltungsproblem wäre z.B.: Was kann man<br />

unter den gegebenen Umständen tun, um die Verbreitung <strong>der</strong> BSE-Seuche zu

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