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Wissenschaftsphilosophie der Sozialwissenschaften - Open ...

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- 101 -<br />

wendungsbereich von T erweitern, T präziser machen, zu T neue Aussagen hinzufügen;<br />

beson<strong>der</strong>s die dritte Strategie darf allerdings nicht nach Belieben gebraucht<br />

werden, da sie dem Ziel einer möglichst einfachen Theorie mit wenigen Grundannahmen<br />

zuwi<strong>der</strong>laufen würde.<br />

Es gibt kein numerisches Maß für den Gehalt, das es erlauben würde, Theorien über<br />

verschiedene Gegenstandsbereiche zu vergleichen, etwa über Leistungsmotivation<br />

und über soziale Normen. Am eindeutigsten ist die Situation dann, wenn T1 aus T2<br />

ableitbar ist. Dies ist z.B. dann <strong>der</strong> Fall, wenn T2 durch eine einfache Verän<strong>der</strong>ung<br />

von T1 entstanden ist o<strong>der</strong> wenn T2 eine umfassen<strong>der</strong>e Theorie ist, die T1 zu erklären<br />

vermag.<br />

Soll in <strong>der</strong> Wissenschaft ein möglichst hoher Gehalt angestrebt werden? Im Prinzip<br />

ist eine Theorie umso besser, je höher ihr Informationsgehalt ist. Jedoch führt <strong>der</strong><br />

Versuch, eine Theorie zu entwickeln, die „alles erklären” soll, mit größter Wahrscheinlichkeit<br />

zu einem Produkt, das sich als empirisch völlig inadäquat erweist.<br />

Auch kann es sein, dass das Streben nach übergroßer Allgemeinheit es notwendig<br />

macht, die Gesetzeshypothesen so unpräzise zu belassen, dass tatsächlich gar kein<br />

hoher Gehalt erzielt wird. Die Empfehlung muss also lauten, in einer dem<br />

Wissensstand angemessenen Weise zu versuchen, eine Theorie mit hohem Gehalt zu<br />

konstruieren.<br />

Das Ziel <strong>der</strong> Theorienbildung enthält weiterhin die Idee <strong>der</strong> Einfachheit: Es sollen<br />

möglichst viele Befunde durch möglichst wenige, einfache Annahmen erklärt<br />

werden. Bei gleicher Erklärungskraft ist die einfachere Theorie vorzuziehen. Das<br />

vielzitierte Sparsamkeitsprinzip zielt in dieselbe Richtung: Nur so viele theoretischen<br />

Entitäten und Annahmen sollen eingeführt werden, wie zur Erklärung <strong>der</strong><br />

Phänomene notwendig sind.<br />

Es müssen allerdings wenigstens 3 Aspekte unterschieden werden, die unabhängig<br />

voneinan<strong>der</strong> variieren können. Gefor<strong>der</strong>t werden: möglichst wenige<br />

Grundannahmen einer Theorie, möglichst wenige theoretische Begriffe, möglichst<br />

einfache Zusammenhangsannahmen.<br />

Einfachheit und Gehalt können nicht beide maximiert werden. Man könnte den<br />

Gehalt beliebig vergrößern, indem man <strong>der</strong> Theorie neue Annahmen hinzufügt, was<br />

aber ihre Einfachheit vermin<strong>der</strong>t.<br />

Wie lässt sich begründen, dass man sich um einfache theoretische Konstruktionen<br />

bemüht? Berühmte Wissenschaftler, darunter Kepler, Newton und Einstein, waren<br />

<strong>der</strong> Überzeugung, dass die Natur einfach sei. Da wir aber schwerlich durch rein<br />

theoretische Überlegungen beurteilen können, ob dieser Glaube zutrifft, kann Einfachheit<br />

als Kriterium <strong>der</strong> Forschung auf diese Weise kaum begründet werden.<br />

Überzeugen<strong>der</strong> ist ein methodologisches Argument: Aussagen, die einfachere<br />

Beziehungen zwischen Variablen annehmen, sind mit weniger Aufwand prüfbar;

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