06.08.2013 Aufrufe

Wissenschaftsphilosophie der Sozialwissenschaften - Open ...

Wissenschaftsphilosophie der Sozialwissenschaften - Open ...

Wissenschaftsphilosophie der Sozialwissenschaften - Open ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

- 147 -<br />

2) Der Mensch wird frei geboren. Daher ist es unzulässig, ihm diese Freiheit zu nehmen.<br />

3) Bei den Jugendlichen in Deutschland hat in den letzten dreißig Jahren die Kompetenz<br />

in Rechtschreibung und Grammatik deutlich abgenommen. Daher müssen<br />

Maßnahmen ergriffen werden, die geeignet sind, die Kompetenz in Rechtschreibung<br />

und Grammatik wie<strong>der</strong> zu erhöhen.<br />

In keinem dieser Fälle folgt die zweite Aussage aus <strong>der</strong> ersten allein. Wer dies meint,<br />

begeht einen Irrtum, den man als den naturalistischen Fehlschluss bezeichnet.<br />

Was das erste Beispiel angeht, so kann man nicht selten hören, dass Menschen einen<br />

Tatbestand damit rechtfertigen wollen, dass dieser Tatbestand doch „natürlich” sei.<br />

Wenn „natürlich” meint, dass es in <strong>der</strong> Natur so ist, dann handelt es sich um einen<br />

Fall des naturalistischen Fehlschlusses. Seitdem Charles Darwin seine Evolutionstheorie<br />

allgemein bekannt machte, ist das, was sie sagt, immer wie<strong>der</strong> falsch verstanden<br />

worden, und zwar großenteils aus Gründen, die mit <strong>der</strong> Unterscheidung zwischen<br />

Sach- und Wertaussagen zu tun haben. Die Evolutionstheorie ist natürlich ein System<br />

von Sachaussagen. Dennoch haben manche einige dieser Aussagen als Wertaussagen<br />

missverstanden und sie daher in Wi<strong>der</strong>spruch zu einer christlichen Ethik gesehen.<br />

An<strong>der</strong>e wie<strong>der</strong>um haben sie als Sachaussage genommen und als Rechtfertigung für<br />

eine Moral des Stärkeren missbraucht.<br />

Wer das vorbringt, was im dritten Beispiel gesagt wird, begeht wahrscheinlich nicht<br />

den naturalistischen Fehlschluss. Dennoch ist es wichtig, sich klar zu machen, dass<br />

das Argument so nicht vollständig ist, obwohl man in <strong>der</strong> Umgangssprache so redet<br />

und sich eine weitere Prämisse hinzudenkt. Genau genommen folgt die zweite Aussage<br />

aus <strong>der</strong> ersten nur dann, wenn als weitere Prämisse eine Wertaussage vorausgesetzt<br />

wird: Wenn die Kompetenz <strong>der</strong> Jugendlichen in Rechtschreibung und<br />

Grammatik deutlich abnimmt, dann sollten Maßnahmen ergriffen werden, die diese<br />

Kompetenz wie<strong>der</strong> ansteigen lassen.<br />

Dass nun aus Sachaussagen allein keine Werturteile folgen, bedeutet nicht, dass<br />

Tatsachenerkenntnisse für die Ableitung von Werturteilen keine Rolle spielen würden.<br />

Es wurde nur gezeigt, dass sie allein nicht dazu ausreichen. Sie können aber<br />

wichtig dafür sein, zu erkennen, was man soll/nicht soll, vorausgesetzt, dass man<br />

etwas an<strong>der</strong>es soll/nicht soll. Zwei Beispiele:<br />

Der Völkermord an einer sozialen Min<strong>der</strong>heit, <strong>der</strong> zur Zeit im Land x<br />

stattfindet, soll unterbunden werden.<br />

Dieser Völkermord kann nur durch ein militärisches Eingreifen von außen<br />

unterbunden werden.<br />

----------------------------------------------------------------------------------------------------------<br />

Es soll von außen militärisch eingegriffen werden.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!