06.08.2013 Aufrufe

Wissenschaftsphilosophie der Sozialwissenschaften - Open ...

Wissenschaftsphilosophie der Sozialwissenschaften - Open ...

Wissenschaftsphilosophie der Sozialwissenschaften - Open ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

- 86 -<br />

8. Theorien: Konstruktion, Struktur, Gütekriterien<br />

8.1 Ein Beispiel einer sozialwissenschaftlichen Theorie<br />

Mehrere Gesetzeshypothesen, die sich auf denselben Bereich von Phänomenen<br />

beziehen und die einan<strong>der</strong> ergänzen, so dass man aus diesen Hypothesen<br />

gemeinsam weitere logisch ableiten kann, bilden das, was man eine Theorie nennt.<br />

Kaum ein wissenschaftstheoretischer Begriff wird so häufig verwendet wie <strong>der</strong>jenige<br />

<strong>der</strong> Theorie. In den Wissenschaften, <strong>der</strong> Philosophie und zum Teil auch im Alltag<br />

wird von Theorien gesprochen. Was eine Theorie ist, wie sie entsteht, wozu man sie<br />

haben will und wie man mit ihr verfährt, dies soll nun an einem Beispiel erläutert<br />

werden. Wir verwenden hierzu die Theorie <strong>der</strong> Leistungsmotivation von John W.<br />

Atkinson. Sie hat Bezüge zu allen Sozial- und Wirtschaftswissenschaften und eignet<br />

sich als Vorbild für eine gute Theorienkonstruktion. Sie ist auch insofern geeignet, als<br />

sie für sozialwissenschaftliche Verhältnisse eine ziemliche Klarheit besitzt: Die<br />

grundlegenden Aussagen <strong>der</strong> Theorie werden durch mathematische Formeln<br />

dargestellt (sehr einfache, man muss nur Addieren und Multiplizieren können.) Die<br />

meisten Theorien auf diesem Gebiet liegen in Gestalt verbaler Aussagen vor. Dies ist<br />

kein grundsätzliches Problem, nur ist es eben mit Hilfe <strong>der</strong> Mathematik möglich,<br />

eine größere Präzision zu erreichen. – Im Folgenden soll nicht nur <strong>der</strong> formale<br />

Aufbau einer Theorie aufgezeigt werden, son<strong>der</strong>n auch die Entwicklung einer<br />

Theorie. Wie kommt man dazu, eine Theorie zu entwerfen, sie in bestimmter Weise<br />

auszugestalten? Welche Probleme standen am Anfang und gaben den Anlass zur<br />

Konstruktion eben dieser Theorie?<br />

Gegenstandsbereich <strong>der</strong> Theorie <strong>der</strong> Leistungsmotivation sind Personen, die unter<br />

Leistungsgesichtspunkten handeln, die z.B. eine sportliche Leistung anstreben o<strong>der</strong><br />

ein unternehmerisches Risiko eingehen – wobei man sich vorstellen muss, dass das,<br />

was die betreffenden Personen motiviert, die Leistung um ihrer selbst willen ist und<br />

nicht eine äußere Belohnung wie Geld o<strong>der</strong> die Anerkennung durch an<strong>der</strong>e<br />

Personen. Natürlich gibt es diese äußeren Belohnungen, und sie motivieren Personen<br />

auch; die Theorie, um die es hier geht, behauptet aber, dass es neben diesen<br />

extrinsischen Motiven noch eine intrinsische Leistungsmotivation gibt, und nur über<br />

diese will sie etwas aussagen.<br />

Wenn eine Theorie entworfen wird, so geschieht dies immer zu dem Zweck, einer<br />

Menge von bereits bekannten Fakten und Zusammenhängen Rechnung zu tragen.<br />

Im Falle <strong>der</strong> Leistungsmotivation war zum Zeitpunkt, als die Theorie Atkinsons<br />

entstand, unter an<strong>der</strong>em Folgendes bekannt:<br />

– Personen setzen sich Leistungsziele, und sie verfolgen diese mit mehr o<strong>der</strong> weniger<br />

großer Ausdauer.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!