Wissenschaftsphilosophie der Sozialwissenschaften - Open ...
Wissenschaftsphilosophie der Sozialwissenschaften - Open ...
Wissenschaftsphilosophie der Sozialwissenschaften - Open ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
- 124 -<br />
Theorie vielmehr auffassen als eine Struktur, die keinen Aussagencharakter hat und<br />
daher „Non-Statement-View” genannt wird, oft auch die modelltheoretische o<strong>der</strong><br />
semantische Konzeption von Theorien.<br />
Eine wichtige Schule des Non-Statement-View wurde von Wolgang Stegmüller im<br />
Anschluss an Patrick Suppes und Josef Sneed begründet, siehe Stegmüller, W.,<br />
Probleme und Resultate <strong>der</strong> Wissenschaftstheorie und Analytischen Philosophie, Band 2, 2.<br />
Halbband: Theorienstrukturen und Theoriendynamik, Berlin 1973; heute nennt man diese<br />
Richtung meist Strukturalismus o<strong>der</strong> strukturalistische Theorieauffassung.<br />
Ein an<strong>der</strong>er Zweig <strong>der</strong> modelltheoretischen Konzeption, <strong>der</strong> konstruktive Realismus,<br />
wird vertreten durch Ronald Giere, Explaining Science, A Cognitive Approach, Chicago<br />
1988.<br />
Sehr knapp kann man die Theorienkonzeption von Giere so zusammenfassen: Eine<br />
Theorie ist eine Familie von idealen Modellen zusammen mit speziellen Hypothesen,<br />
die aussagen, dass einige dieser Modelle in einer Ähnlichkeitsbeziehung zu realen<br />
Systemen stehen (z.B. Ähnlichkeit zwischen dem idealen Modell des freien Falls und<br />
einem tatsächlichen freien Fall im Experiment). Eine deutsche Übersetzung von<br />
Gieres Hauptthesen findet man in Gadenne, V. und Visintin, A., <strong>Wissenschaftsphilosophie</strong>,<br />
Freiburg 1999 (S. 147-165).<br />
Die Vertreter des Non-Statement-View meinen, dass ihre Auffassung erhebliche<br />
Vorzüge gegenüber <strong>der</strong> Aussagenkonzeption besitzt. Diejenigen, die vorläufig bei<br />
<strong>der</strong> Aussagenkonzeption bleiben (ich gehöre dazu), haben Probleme, diese<br />
angebliche Überlegenheit einzusehen, da man prinzipiell alles von <strong>der</strong> einen<br />
Darstellungsweise in die an<strong>der</strong>e übersetzen kann. Im Statement- wie im Non-<br />
Statement-View kann man die eine o<strong>der</strong> die an<strong>der</strong>e Methodologie darstellen, also<br />
z.B. eher eine induktivistische o<strong>der</strong> eine falsifikationistische, eine realistische o<strong>der</strong><br />
eine instrumentalistische – wobei man allerdings im Non-Statement-View <strong>der</strong> Sneed-<br />
Stegmüller-Schule einen gigantischen Aufwand mit formalen Mittel betreiben muss.<br />
Der Realismus wird dargestellt und verteidigt in Popper, K., Drei Ansichten über die<br />
menschliche Erkenntnis, in Vermutungen und Wi<strong>der</strong>legungen (S. 141-174), Band I,<br />
Tübingen 1994.<br />
Ein beson<strong>der</strong>s wichtiges Werk, in dem <strong>der</strong> Instrumentalismus vertreten wird, ist Bas<br />
Van Fraassen, The scientific image, Oxford 1980.<br />
Fragen zur Wissensüberprüfung<br />
1) Was besagen die Korrespondenztheorie, die Kohärenztheorie und die<br />
Konsenstheorie <strong>der</strong> Wahrheit?