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Wissenschaftsphilosophie der Sozialwissenschaften - Open ...

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bestätigt sind, aber dennoch für immer hypothetisch bleiben. Die realistische<br />

Auffassung sagt also z.B. nicht: „Wasser besteht aus H2O-Molekülen, dies ist völlig<br />

gesichert und wird nie wie<strong>der</strong> in Frage gestellt werden”; son<strong>der</strong>n: „Die Hypothese,<br />

dass Wasser aus H2O-Molekülen besteht, ist durch die Gesamtheit <strong>der</strong> bekannten<br />

Beobachtungsergebnisse bestens gestützt – und dennoch, wie alles an<strong>der</strong>e auch, nicht<br />

endgültig bewiesen.” Diese Hypothese wird vom Realisten dann allerdings als eine<br />

Aussage über wirkliches Wasser und wirkliche Moleküle verstanden. Der Realist<br />

gibt also die Ungewissheit zu, die in dem formulierten Argument gegen den<br />

Realismus betont wird, zeigt aber, dass diese kein Hin<strong>der</strong>ungsgrund dafür sein<br />

muss, hypothetische Aussagen über die Realität zu formulieren. Er trägt dieser<br />

Ungewissheit dadurch Rechnung, dass er Hypothesen und Theorien als Aussagen<br />

versteht, die eben nur bestätigt und nicht bewiesen werden können. Im Übrigen hält<br />

er es dann für unnötig, darüber hinaus anzunehmen, dass sich diese Hypothesen gar<br />

nicht auf eine Wirklichkeit beziehen könnten. Die Möglichkeit, dass es keine H2O-<br />

Moleküle o<strong>der</strong> vielleicht gar keine Moleküle gibt, ist schon berücksichtigt, indem<br />

man die Aussage als fehlbare Hypothese statt als unfehlbare Wahrheit interpretiert.<br />

Es hat schon manche Theorie gegeben, die etwas behauptete, von dem man später<br />

nicht mehr annahm, dass es existiert. So war es z.B. mit dem Stoff Phlogiston. Man<br />

erklärte den Verbrennungsvorgang durch die Annahme, dass aus dem<br />

verbrennenden Stoff Phlogiston entweicht. Später erwies sich die Theorie als besser,<br />

dass beim Verbrennen eines Stoffes dieser eine Verbindung mit dem Sauerstoff <strong>der</strong><br />

Luft eingeht. Man gab die Phlogiston-Theorie auf und nahm dementsprechend auch<br />

nicht mehr an, dass Phlogiston existiert. War nun die Phlogiston-Theorie eine<br />

Aussage über die Realität? Sie war nach realistischer Auffassung eine hypothetische<br />

Aussage über die Realität, die sich später als falsch erwies.<br />

Der Instrumentalismus bringt nun noch ein zweites Argument vor, dass dem<br />

Realismus schwerer zu schaffen macht, gerade dem Realismus, <strong>der</strong> Theorien als<br />

fehlbar auffasst. Aus <strong>der</strong> Sicht des Fallibilismus muss man stets damit rechnen, dass<br />

sich eine Theorie als falsch erweist. Diese Auffassung wird unter an<strong>der</strong>em durch den<br />

Hinweis gestützt, dass sich große Theorien als falsch erwiesen haben, darunter die<br />

Theorie Newtons. Muss man nicht rationalerweise damit rechnen, dass sich auch alle<br />

künftigen Theorien irgendwann einmal als falsch erweisen und durch bessere<br />

überholt werden? Der Instrumentalismus versucht in dieser Argumentation also<br />

zunächst, die Annahme plausibel zu machen, dass sich auch unsere <strong>der</strong>zeitigen<br />

Theorien einmal als falsch erweisen werden, ebenso wie die bisherigen. Von da<br />

gelangt er zu dem Ergebnis, dass sich we<strong>der</strong> unsere früheren noch unsere<br />

<strong>der</strong>zeitigen Theorien auf eine Wirklichkeit beziehen können.<br />

Ist dieser Schluss zwingend, und geht er von akzeptablen Annahmen aus? Der<br />

Realist kann Folgendes tun, um das für ihn fatale Ergebnis zu vermeiden: Er muss<br />

darauf bestehen, dass nicht alle Theorien falsch sind. An<strong>der</strong>s ausgedrückt, er muss<br />

zeigen, dass es gute Gründe für die Annahme gibt, dass einige Theorien wahr sind –

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