Wissenschaftsphilosophie der Sozialwissenschaften - Open ...
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fortgesetzte kritische Prüfen und Korrigieren von Theorien uns <strong>der</strong> Wahrheit näher<br />
bringt. T1 stellt die Welt in einer bestimmten Weise dar, und es besteht eine gewisse<br />
Abweichung zwischen dem dargestellten und dem tatsächlichen Sachverhalt. T2<br />
stellt die Welt immer noch nicht völlig zutreffend dar, aber die Abweichung ist<br />
kleiner geworden.<br />
Vielen Wissenschaftstheoretikern ist dieser Begriff <strong>der</strong> Wahrheitsnähe allerdings zu<br />
unklar. Es hat einige Versuche gegeben, ihn zu präzisieren, doch ist bisher keiner<br />
dieser Versuche auf allgemeine Zustimmung gestoßen. Ob es gelingt, die Idee <strong>der</strong><br />
Wahrheitsnähe zufrieden stellend zu klären, ist <strong>der</strong>zeit nicht abzusehen.<br />
Es gibt noch eine dritte Möglichkeit, wie man versuchen kann, den Realismus zu<br />
verteidigen: Wenn Theorien durch neue überholt werden, so wird oft nicht die alte<br />
Theorie in ihrer Gesamtheit verworfen, son<strong>der</strong>n Teile o<strong>der</strong> Teilannahmen von ihr<br />
bleiben erhalten. Gerade wurde skizziert, dass Kopernikus das alte Weltbild durch<br />
ein neues ersetzte, wobei zwischen zweien seiner Annahmen unterschieden wurde.<br />
Die Annahme <strong>der</strong> Kreisbahn <strong>der</strong> Planeten ist nur als Annäherung zutreffend. Die<br />
erste <strong>der</strong> beiden Annahmen aber, dass sich nämlich die Planeten um die Sonne<br />
bewegen und nicht alle Himmelskörper um die Erde, war eine revolutionäre<br />
Annahme, und sie ist immer noch gültig. Wie schon beim ersten Punkt aufgezeigt<br />
wurde, enthalten die Wissenschaften zahlreiche nichtfalsifizierte Gesetze, und<br />
manche von ihnen sind Teil einer Theorie, die in gewissen Annahmen durch eine<br />
neue ersetzt wurde, während gewisse an<strong>der</strong>e Annahmen erhalten geblieben sind.<br />
Betrachten wir nun noch die Argumente, die von Seiten des Realismus gegen den<br />
Instrumentalismus vorgebracht werden, um dessen Schwierigkeiten aufzuzeigen.<br />
Der Instrumentalismus benötigt, um überhaupt formuliert werden zu können, eine<br />
eindeutige Trennung zwischen dem Bereich des Beobachtbaren und des nicht Beobachtbaren.<br />
Auf dieser Trennung baut ja die Begründung auf, dass im zweiten Bereich<br />
eine radikale Zurücknahme des Erkenntnisanspruchs notwendig ist. Warum aber<br />
soll z.B. eine Fingerbewegung als real gelten, nicht jedoch <strong>der</strong> Prozess in einer<br />
Nervenzelle, die an <strong>der</strong> Steuerung <strong>der</strong> Bewegung beteiligt ist?<br />
Bisher konnte kein zufrieden stellendes Kriterium zur eindeutigen Abgrenzung des<br />
Beobachtbaren vom bloß Theoretischen gefunden werden. Praktisch gesehen kann<br />
man schon unterscheiden zwischen Dingen, die gut beobachtbar sind und solchen,<br />
die kaum o<strong>der</strong> nur mit Hilfsmitteln beobachtet werden können. Diese<br />
Unterscheidung (von <strong>der</strong> wir im Vorangegangenen ständig gemacht haben) ist aber<br />
eine graduelle, keine völlig scharfe. Wenn Beobachtbarkeit aber als Bedingung für<br />
Realität gelten soll, würde <strong>der</strong> Instrumentalist ein sehr eindeutiges Kriterium <strong>der</strong><br />
Beobachtbarkeit benötigen, wie es bisher nicht verfügbar ist.<br />
Weiterhin kann <strong>der</strong> Instrumentalismus nicht verständlich machen, warum manche<br />
Theorien in <strong>der</strong> Vorhersage erfolgreich sind und an<strong>der</strong>e nicht. Ist es nicht nahe