- 93 - Jetzt nehmen wir an, die Aufgabe würde von Anfang an als eher schwierig wahrgenommen (We < 0,5), und dann stellt sich heraus, dass sie in Wirklichkeit noch schwieriger ist. Der Erfolgsmotivierte wird dann die Lust verlieren, und zwar umso mehr, je weiter die Aufgabe von <strong>der</strong> mittleren Schwierigkeit abrückt. Beim Misserfolgsvermei<strong>der</strong> aber wird die Aufgabe umso „attraktiver”, je länger er sie nicht lösen kann und je schwieriger sie ihm daher vorkommt. Ein Erfolgssucher wird in dieser Situation gerne aufgeben und zu einer an<strong>der</strong>en Aufgabe übergehen. Ein Misserfolgsvermei<strong>der</strong> aber wird mit Ausdauer bei dieser extrem schwierigen Aufgabe bleiben, denn bei einem Übergang zu einer an<strong>der</strong>en Aufgabe würde er ja riskieren, eine mittelschwere Aufgabe zu bekommen, während er jetzt gerade das geringste Übel vor sich hat. Das nächste Theorem bezieht sich auf das Anspruchsniveau. Wie verän<strong>der</strong>n Personen ihr Anspruchsniveau, d.h. welche Schwierigkeit wählen sie beim nächsten Versuch, wenn sie gerade Erfolg o<strong>der</strong> Misserfolg gehabt haben? Bisher dachte man immer, dass Erfolg allgemein dazu anspornt, „die Latte höher zu legen”, während Misserfolg dazu führt, eine geringere Schwierigkeit zu probieren. Aber die Theorie macht eine differenziertere Aussage: Die Misserfolgsvermei<strong>der</strong> verhalten sich an<strong>der</strong>s, auf eine Weise, die vielen merkwürdig erscheinen mag (Ich überlasse es diesmal den Lesern, das Theorem aus den Axiomen abzuleiten): TAnspr: Erfolgssucher wählen bei Erfolg beim nächsten Versuch eine schwierigere Aufgabe, bei Misserfolg eine leichtere Aufgabe; Misserfolgsvermei<strong>der</strong> wählen nach Erfolg beim nächsten Versuch eine leichtere Aufgabe und bei Misserfolg eine schwierigere Aufgabe, falls sie durch diese Wahl besser von dem Schwierigkeitsniveau 0,5 abrücken können. Die angeführten Axiome und Theoreme ergeben eine bestimmte deduktive Struktur. Sehen Sie dazu die Abbildung auf <strong>der</strong> nächsten Seite: Wenn wir die Axiome in eine Zeile schreiben und die Theoreme darunter, so kann man Pfeile nach unten zeichnen, was dann bedeutet: Aus diesen Axiomen ist jenes Theorem ableitbar. Und aus Theoremen können wie<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Theoreme abgeleitet werden. Alle Aussagen <strong>der</strong> Theorie sind Gesetzesaussagen. Die Axiome nennt man auch die Grundgesetze <strong>der</strong> Theorie, die Theoreme die abgeleiteten Gesetze. Da es sich um Gesetzesaussagen handelt, ist eine Formel wie z.B. „Te = Me · We · Ae” nicht die ganze Aussage. Diese würde etwa so lauten: Für alle Personen x und alle Situationen s: Wenn x in s die Möglichkeit wahrnimmt, eine Wahl zwischen verschiedenen leistungsbezogenen Handlungen zu treffen, dann wird die Tendenz von x, durch die gewählte Handlung Erfolg zu suchen, folgende Stärke haben: Te = Me · We · Ae. Dies ist natürlich etwas umständlich, und daher verwendet kein Wissenschaftler diese ganze Formulierung. Man benötigt sie nur, wenn es in <strong>der</strong>
- 94 - <strong>Wissenschaftsphilosophie</strong> darum geht, zu klären, was die Gesetzesaussage genau genommen meint. Wie in Text 3 ausgeführt wurde, ist bei all dem auch noch zu bedenken, dass Aussagen in den Humanwissenschaften im Allgemeinen nicht als deterministische, son<strong>der</strong>n stillschweigend als Ceteris-paribus-Aussagen o<strong>der</strong> als probabilistische Aussagen verstanden werden, auch wenn dies aus <strong>der</strong> Formulierung nicht direkt ersichtlich ist. Abbildung: die deduktive Struktur <strong>der</strong> Theorie <strong>der</strong> Leistungsmotivation
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Wissenschaftsphilosophie der Sozial
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