Wissenschaftsphilosophie der Sozialwissenschaften - Open ...
Wissenschaftsphilosophie der Sozialwissenschaften - Open ...
Wissenschaftsphilosophie der Sozialwissenschaften - Open ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
- 8 -<br />
und Wissenschaft auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite. Die letztere Auseinan<strong>der</strong>setzung gibt es<br />
ebenfalls bis in die heutige Zeit. Allerdings hat sich die katholische Kirche deutlich<br />
vom Kreationismus distanziert. Im Oktober 1996 bekräftigte Papst Johannes Paul II.<br />
erneut die kirchliche Auffassung, dass die Evolutionstheorie mit <strong>der</strong> christlichen<br />
Lehre vereinbar sei.<br />
Betrachten wir nun etwas genauer die Entwicklung des Kreationismus in den USA.<br />
Zu Beginn <strong>der</strong> 1920er Jahre begann eine landesweite Kampagne gegen die Lehre <strong>der</strong><br />
Evolutionslehre an öffentlichen Schulen. In mehr als zwanzig Bundesstaaten wurden<br />
Gesetzentwürfe eingebracht, die sich gegen die Evolutionslehre im Unterricht<br />
wandten, und in einigen Staaten wurden diese Gesetze erlassen, z.B. in Tennessee,<br />
Mississippi und Arkansas. Darwins Lehre im Schulunterricht wurde dort fortan<br />
verboten.<br />
In Dayton, Tennessee, kam es 1925 zu einem spektakulären Prozess (dem ‚monkey<br />
trial’): Der Lehrer John Thomas Scopes gab am 24. April 1925 in einer High School<br />
eine Unterrichtsstunde in Evolutionstheorie. Daraufhin wurde er am 7. Mai<br />
verhaftet. Er wurde als schuldig befunden und zu einer Geldstrafe von hun<strong>der</strong>t<br />
Dollar verurteilt (was bei einem Monatsgehalt von hun<strong>der</strong>tfünfzig Dollar nicht<br />
wenig war).<br />
Mehrere Jahrzehnte hatte <strong>der</strong> Kampf gegen die Evolutionstheorie als<br />
Unterrichtsinhalt durchaus einigen Erfolg. Aber dies endete in den späten 60er<br />
Jahren. 1968 erklärte <strong>der</strong> oberste Bundesgerichtshof <strong>der</strong> USA das Anti-<br />
Evolutionsgesetz von Arkansas aus dem Jahr 1928 als verfassungswidrig. In den 70er<br />
Jahren fand die Evolutionstheorie nach und nach wie<strong>der</strong> Einzug in die<br />
Biologiebücher <strong>der</strong> Staaten, in denen sie aus den Lehrplänen ausgeschlossen worden<br />
war.<br />
Als <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>stand gegen die Evolutionstheorie im Unterricht verloren schien,<br />
än<strong>der</strong>ten die Kreationisten ihre Strategie. Das neue Ziel war, die kreationistische<br />
Auffassung als gleichwertige wissenschaftliche Lehre in <strong>der</strong> Schulbildung zu<br />
verankern. In Arkansas und Louisiana wurde 1980 ein Gesetz zur ausgewogenen<br />
Behandlung <strong>der</strong> Evolutionslehre und des Kreationismus an öffentlichen Schulen<br />
eingebracht. 1981 wurde dieses Gesetz in Arkansas erlassen (Act 590: „Balanced<br />
Treatment for Creation-Science and Evolution-Science Act“).<br />
Kritiker des Kreationismus klagten dagegen und gewannen 1982 in einem<br />
bedeutsamen Prozess, in dem unter an<strong>der</strong>em ein Biologe, ein Physiker und ein<br />
Wissenschaftsphilosoph als Experte auftrat, um bei <strong>der</strong> Klärung <strong>der</strong> Frage behilflich<br />
zu sein, ob Kreationismus als Wissenschaft gelten kann. (Eine ausführliche<br />
Beschreibung und eine Diskussion <strong>der</strong> Probleme des Kreationismus findet man in<br />
„But Is It Science?“ des am Prozess beteiligten Philosophen Michael Ruse und in<br />
„Repealing the Enlightenment“ von Gene Lyons.) Im Urteil des Richters William