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Wissenschaftsphilosophie der Sozialwissenschaften - Open ...

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8) Wer eine Hypothese H gegenüber einem auf Beobachtungsfehler kontrollierten<br />

Befund ¬P verteidigen will, muss in <strong>der</strong> Lage sein, die falsche Hilfsannahme<br />

aufzuzeigen. So lange dies nicht gelingt, ist die Falsifikationsentscheidung<br />

gerechtfertigt.<br />

Die hypothetisch-deduktive Methode stellt sich nach all diesen Überlegungen nicht<br />

als ein Verfahren heraus, das einen Erkenntnisfortschritt garantieren kann. Im Zuge<br />

ihrer Anwendung sind Entscheidungen, z.B. Falsifikationsentscheidungen, zu<br />

treffen, die vor Irrtum nicht geschützt sind. Allerdings kennt auch niemand eine<br />

an<strong>der</strong>e Methode, die mit Sicherheit zum Ziel führt, wahre Gesetzeshypothesen zu<br />

erlangen. Was an<strong>der</strong>es sollte man tun, als Hypothesen kritisch zu prüfen? Es wäre<br />

sicherlich nicht besser, z.B. durch ein Zufallsverfahren (Münzwurf) zu ermitteln, ob<br />

eine Hypothese akzeptiert o<strong>der</strong> verworfen werden soll, o<strong>der</strong> die Entscheidung<br />

danach zu treffen, ob die Hypothese unter ästhetischen Gesichtspunkten gefällt o<strong>der</strong><br />

nicht.<br />

Kurz und prägnant könnte man das Ergebnis unserer Analyse <strong>der</strong> induktiven und<br />

<strong>der</strong> hypothetisch-deduktiven Methode so zusammenfassen: Es wäre zu begrüßen,<br />

Hypothesen durch Beobachtungen verifizieren zu können. Wir hätten in diesem Fall<br />

eine Reihe von Beobachtungen und könnten schließen, dass Hypothese H wahr ist.<br />

Dann machen wir weitere Beobachtungen und verifizieren die nächste Hypothese H´<br />

usw. Dies wäre Erkenntnisfortschritt durch Ansammlung verifizierter Hypothesen.<br />

Lei<strong>der</strong> fehlt für dieses Vorgehen die Rechtfertigung induktiver Schlüsse.<br />

Wir nehmen den Anspruch zurück. H soll nicht verifiziert, jedoch kritisch geprüft<br />

werden. Dies führt zu vorläufiger Bewährung o<strong>der</strong> zur Falsifikation. Damit wäre<br />

wenigstens klar, dass H zweifelsfrei falsch ist, und dies legt es nahe, eine an<strong>der</strong>e<br />

Hypothese zu erproben. Dies wäre Erkenntnisfortschritt durch Ausschaltung<br />

falscher Hypothesen. Man hat hierbei die Hoffnung, nicht-falsifizierte, also bewährte<br />

Hypothesen übrig zu behalten und nach und nach eine Menge an solchen bewährten<br />

Hypothesen zu besitzen. Dies ist hier <strong>der</strong> Ersatz für verifizierte Hypothesen, die man<br />

mangels Induktion nicht haben kann.<br />

Aber auch so geht es nicht, denn Falsifikationsentscheidungen erweisen sich selbst<br />

ebenfalls als fehlbar. Teile des Hintergrundwissens können falsch sein, auch sie<br />

können nicht völlig gesichert werden. Glücklicherweise macht dies Falsifikations–<br />

entscheidungen aber nicht beliebig. Sie können, wenn schon nicht gesichert, so doch<br />

gerechtfertigt werden, indem man das jeweilige Hintergrundwissen auf potentielle<br />

Fehler hin überprüft. Und die hypothetisch-deduktive Methode ist einem<br />

Erkenntnisfortschritt auf längere Sicht auch dann dienlich, wenn man stets mit einem<br />

Hintergrundwissen operieren muss, das wie alle menschlichen Annahmen mit einen<br />

Rest an Ungewissheit behaftet ist.

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