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Wissenschaftsphilosophie der Sozialwissenschaften - Open ...

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1) den Entstehungszusammenhang, d.h. die Auswahl des Forschungsthemas und –<br />

problems;<br />

2) den Prüfungs- und Rechtfertigungszusammenhang, d.h. die Prüfung von Hypothesen<br />

und Theorien sowie ihre Bewertung als bewährt o<strong>der</strong> falsifiziert;<br />

3) den Verwertungszusammenhang, d.h. die Anwendung von Hypothesen und Theorien<br />

zur Lösung praktischer Probleme.<br />

Hier scheint nun beson<strong>der</strong>s die Auswahl des Forschungsproblems und <strong>der</strong> Verwertungszusammenhang<br />

mit Werten zusammen zu hängen, die zum Teil nichtepistemischer<br />

Natur sind. Was heißt Auswahl eines Forschungsthemas und Forschungsproblems?<br />

In <strong>der</strong> Grundlagenforschung kann dies z.B. die Entscheidung sein, an einer bestimmten<br />

physikalischen Theorie o<strong>der</strong> Erklärung zu arbeiten, o<strong>der</strong> sich zu einer Theorie ein<br />

neues, beson<strong>der</strong>s aufschlussreiches Experiment auszudenken. Die berühmten Physiker<br />

Ernest Rutherford und Niels Bohr beispielsweise entschieden sich irgendwann in<br />

ihrer Laufbahn, sich <strong>der</strong> Erforschung des Atoms zu widmen, Rutherford vor allem<br />

durch experimentelle, Bohr durch theoretische Arbeit. Watson und Crick widmeten<br />

sich <strong>der</strong> Erforschung <strong>der</strong> Gene, sie entwickelten das Modell <strong>der</strong> DNS.<br />

In <strong>der</strong> Grundlagenforschung ist es nun kaum abzusehen, zu welchen praktischen<br />

Zwecken die erlangten Erkenntnisse einmal eingesetzt werden. Der Verwertungszusammenhang<br />

ist noch unbekannt, es ist nicht einmal klar, ob es jemals eine praktische<br />

Verwertung geben wird. Rutherford z.B. konnte nicht wissen, dass man einmal eine<br />

Atombombe konstruieren würde. Auch Bohr wusste es nicht, als er seine bedeutendsten<br />

Beiträge erbrachte, er erlebte aber später, wie an<strong>der</strong>e an diesem Projekt arbeiteten.<br />

In <strong>der</strong> angewandten Forschung ist es an<strong>der</strong>s. Hier ist die praktische Zielsetzung vorgegeben.<br />

Man begibt sich mit <strong>der</strong> Übernahme des Forschungsproblems unmittelbar in<br />

den Verwertungszusammenhang. Angewandte Forschung betreibt jemand, <strong>der</strong> ein<br />

Heilmittel gegen Aids sucht. Angewandte Forschung betrieb auch Robert Oppenheimer,<br />

als er entschied, in Los Alamos die Forschung zum Bau <strong>der</strong> Atombombe zu<br />

leiten. Ein Wissenschaftler bzw. eine Gruppe von Wissenschaftlern kann aus eigenem<br />

Interesse beschließen, ein praktisches Problem in Angriff zu nehmen. Oft gibt es<br />

aber einen Auftraggeber, <strong>der</strong> nicht selbst <strong>der</strong> Wissenschaft angehört, son<strong>der</strong>n wirtschaftliche<br />

Interessen verfolgt. Es ist kein Geheimnis, dass z.B. mit <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen<br />

Genforschung starke wirtschaftliche Interessen verbunden sind. Mit zunehmendem<br />

Erkenntnisstand scheint Forschung vor allem in den Naturwissenschaften immer<br />

teurer zu werden, so dass vieles davon ohne einen externen Geldgeber gar nicht angegangen<br />

werden könnte. Dies macht vor allem angewandte Forschung immer stärker<br />

abhängig vom Geldgeber.<br />

Nun sind die Entscheidungen, die im Entstehungs- und Verwertungszusammenhang<br />

getroffen werden, auf jeden Fall auch abhängig von epistemischen Werten: Ein For-

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