Wissenschaftsphilosophie der Sozialwissenschaften - Open ...
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Weiterführende Hinweise und Literatur<br />
Sie haben zunächst eine erste Version <strong>der</strong> hypothetisch-deduktiven Methode kennen<br />
gelernt, von <strong>der</strong> sich dann zeigte, dass sie ergänzt werden muss. Popper hat in seinen<br />
späteren Werken eindeutig diejenige Version vertreten, die Falsifikationsentscheidungen<br />
als revidierbar erklärt. Über diese Frage gibt es jedoch eine<br />
Kontroverse. Einige Kritiker meinen, Popper hätte in seinem frühen Werk „Logik <strong>der</strong><br />
Forschung” die Auffassung vertreten, dass Falsifikationen endgültig seien, und später<br />
seine Auffassung geän<strong>der</strong>t. Die Anhänger von Poppers Lehre vertreten dagegen,<br />
dass Popper schon in seinem frühen Werk Falsifikationsentscheidungen als<br />
revidierbar betrachtet habe. Lei<strong>der</strong> ist <strong>der</strong> Text „Logik <strong>der</strong> Forschung” in dieser<br />
Frage nicht eindeutig. Letztlich ist es aber auch nicht so wichtig, was Popper nun<br />
dort genau gemeint hat und ob er schon immer Recht hatte. Wichtiger ist, welche<br />
Version <strong>der</strong> hypothetisch-deduktiven Methode überzeugen kann.<br />
Das Problem, dass Prüfvorhersagen P meist aus mehreren Aussagen abgeleitet<br />
werden und man daher im Falle von ¬P nicht eindeutig sagen kann, wo <strong>der</strong> Fehler<br />
liegt, wurde bereits um 1908 von Pierre Duhem beschrieben, also schon vor Poppers<br />
„Logik <strong>der</strong> Forschung” (1934).<br />
Die Gefahr, aufgrund von falschen Hilfshypothesen eine Theorie irrtümlicherweise<br />
zu falsifizieren, ist auch in den als so exakt eingeschätzten Naturwissenschaften<br />
gegeben. Hierzu zwei Beispiele. Im ersten ging es um die Kopernikanische Theorie,<br />
wonach sich die Himmelskörper einschließlich <strong>der</strong> Erde in Kreisen um die Sonne<br />
drehen. Nach dieser Theorie sind die Planeten wie z.B. die Venus und <strong>der</strong> Mars im<br />
Laufe eines Jahres unterschiedlich weit von <strong>der</strong> Erde entfernt. Sie haben an<strong>der</strong>e<br />
Umlaufbahnen als die Erde, und es wird daher manchmal so sein, dass die Venus<br />
ziemlich nahe bei <strong>der</strong> Erde steht, und manchmal wird sie sich auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite<br />
<strong>der</strong> Sonne befinden. Man beachte auch, dass nach <strong>der</strong> alten Theorie von Ptolemäus,<br />
nach <strong>der</strong> die Erde im Mittelpunkt steht, je<strong>der</strong> Planet immer denselben Abstand von<br />
<strong>der</strong> Erde hat und daher gleich groß erscheinen müsste. Nun erschien den damaligen<br />
Beobachtern die Venus immer als gleich groß. Dies war ein schwerwiegendes<br />
Problem für die Kopernikanische Theorie. Man hätte es als Grund ansehen können,<br />
diese Theorie als falsifiziert zu erklären. Als man jedoch später das Fernrohr<br />
erfunden hatte, zeigte sich, dass die Venus ihre Größe in <strong>der</strong> Tat verän<strong>der</strong>t. Diese<br />
Än<strong>der</strong>ung ist nur nicht mit bloßem Auge zu erkennen. Man kann sogar erklären, aus<br />
welchen Gründen das Auge so kleine Größenän<strong>der</strong>ungen nicht erfassen kann.<br />
Gegen die Kopernikanische Theorie wurde weiterhin eingewendet: Wenn die Erde<br />
sich wirklich drehen würde, so müsste ein vom Turm fallen<strong>der</strong> Stein weit hinter dem<br />
Fuße des Turms zurückbleiben, wenn er am Boden ankommt. Die Beobachtung<br />
ergibt aber, dass er am Fuße des Turms landet. Also dreht sich die Erde nicht, und<br />
die Kopernikanische Theorie ist falsch. – In diesem Fall bestand <strong>der</strong> Fehler in <strong>der</strong><br />
falschen Hilfshypothese, dass <strong>der</strong> Stein, <strong>der</strong> sich auf dem Turm befindet und <strong>der</strong> bis